65

9.2K 341 29
                                    

Mein Schädel dröhnte fürchterlich. Diese höllischen Kopfschmerzen hatten mich aufgeweckt und gingen einfach nicht mehr.
Ich setzte mich auf und schaute mich in meinem Zimmer um - viel zu viel Chaos. Wenigstens hatte ich es noch geschafft, mich vor dem schlafen gehen umzuziehen.
Die Sachen von gestern lagen alle auf einem Haufen und schrien förmlich nach einem Waschmaschinengang.
Schließlich stand ich auf, zog mir einen Pulli über meine Schlafsachen und machte mich etwas frisch.
Leise lief ich nach unten, denn mein Kopf schrie bereits nach einer Tablette.
Von unten hörte ich bereits, dass alle ihrem Alltag nachgingen.
"Guten Morgen, Spätzchen", begrüßte mich mein Vater und schob mir einen Teller voll mit Frühstücksköstlichkeiten hin. Seot drei Tagen wohnre er wieder bei uns. Zwar schlief er noch auf der Couch, doch ich war zuversichtlich, dass es langsam wieder bergauf mit meiner Familie gehen konnte.
Ich verzog mein Gesicht und setzte mich auf einen Hocker.
"Hier", murmelte meine Mom und reichte mir einen ihrer selbstgemachten Smoothies. "Der hilft gegen jeden Kater."
Ich nahm ein Schluck und sofort meldete sich mein Würgereiz.
"Das schmeckt furchtbar", murmelte ich und sie schmunzelte.
"Augen zu und durch."
Ich schüttelte angewidert den Kopf. Tyler reichte mir schließlich eine Tablette und Wasser, die ich dankend annahm.
Er zwinkerte mir zu und verließ die Küche.
"Wie war's gestern?", fragte mein Dad und ich versuchte mich zurückzuerinnern. Plötzlich prasselte das gestrige Ereignis mit Adrien auf mich ein. Ich hatte ihm wirklich ehrlich gesagt, was ich fühlte.
"Gut", meinte ich und zwang mich zu einem Lächeln.
"Das glaube ich", murmelte meine Mom. "Sirina, deine Jacke hat fürchterlich nach Rauch und Alkohol gestunken. Ich musste sie sofort in die Wäsche werfen."
Ich zuckte mit den Schultern und trank einen weiteren Schluck vom Wasser.
"Bevor ich es vergesse", fiel ihr noch ein und sie sah mich an. "In deiner rechten Jackentasche steckte ein Brief, er liegt auf deinem Schreibtisch."
Ich runzelte die Stirn. Mir war nicht aufgefallen, dass mir jemand etwa zugesteckt hatte.
"Danke", meinte ich und stand schließlich auf.
"Bring bitte die anderen Sachen von gestern noch runter", rief sie mir hinter her, während ich bereits die Treppen hochlief.
Seufzend betrat ich mein Zimmer und lief auf meinen Schreibtisch zu. Ich griff nach de Brief, der aus zwei Seiten bestand und faltete ihn auf. Als ich erkannte, dass es Adriens Schrift war, schloss ich ihn erschrocken wieder. Und jetzt fiel mir auch ein, wann er mir den Brief zugesteckt hatte: Auf der Straße als der andere Junge gegen mich lief, hatte er mich aufgefangen und meine Jacke gerichtet.
Ich strich mir die Haare hinter meine Ohren und setzte mich auf das Bett. Der Brief lag sorgfältig vor mir. Keine Ahnung, was er mir geschrieben hatte, doch ich wollte es unbedingt herausfinden. Andererseits hatte ich Angst, dass er mich wieder verletzten würde.
Ich befand mich also in einem Zwiespalt, aber die Neugier gewann schließlich. Langsam öffnete ich das Schreiben, mit meinen Fingerkuppen strich ich vorsichtig über die geschwungenen Buchstaben.
Tief atmete ich ein und begann zu lesen:

Liebste Sirina,

ich habe keine Ahnung, ob du diesen Brief je erhalten oder lesen wirst. Ich bin mir selber nicht einmal sicher, ob ich den Mut dazu habe, ihn dir zu geben.
Meine Gedanken und Gefühle auf Papier niederzuschrieben ist schwer für mich, denn sie mit jemandem zu teilen, ist nichts, was ich oft mache. Aber ich möchte es versuchen, denn du hast mir gezeigt, wie einfach es sein kann, wenn man die richtigen Worte findet.
Ich verstehe es, wenn du mir nicht zuhören möchtest und ich werde es auch ab sofort akzeptieren. Um ehrlich zu sein, verstehe ich es sogar, wenn du diesen Brief hier wegschmeißen solltest.
Dennoch möchte ich dir, bevor wir von nun an wirklich getrennte Wege gehen sollten, sagen, was mir seit Tagen oder eher Wochen im Kopf herumschwirrt:
Alles, was ich an dem Schulnachmittag zu dir gesagt hatte, war gelogen.
Ich weiß, dass du es nicht sofort akzeptieren kannst, aber ich möchte endlich ehrlich mit dir sein, so wie du es auch schon immer zu mir warst, denn du verdienst es.
Sirina, auch wenn du mir nicht glauben kannst, möchte ich, dass du weißt, dass ich dich niemals verletzten wollte. Es bricht mir mein dummes Herz dich so kaputt zu sehen, so gequält - und alles nur wegen mir.
Seit Wochen sehe ich, wie du dich damit rumschlagen musstest von uns allen aber besonders von mir so gedemütigt worden zu sein. Würde ich diesen Moment ändern können, würde ich es tun, denn dich so gebrochen zu sehen, kann ich nicht noch einmal ertragen.
Sirina, ich habe noch nie für jemanden so empfunden, wie ich für dich. Du bist das Beste, was mir hätte passieren können, du bist das größte Glück für mich und dennoch habe ich dich so unglaublich verletzt.
Seit dem ersten Moment gingst du mir nicht mehr aus dem Kopf. Du hast mich seit dem ersten Augenblick gefangen genommen und mir unbewusst wahrscheinlich bereits mein Herz gestohlen.
Mit dir ist jeder Atemzug leichter, jeder Schritt sicherer, jeder Moment eine wundervolle Erinnerung.
Ich kann selber nicht verstehen, wie alles so schnell mit meinen Gefühlen gehen konnte, aber wenn etwas perfekt ist, sollte man das nicht anzweifeln.
Du bringst in mir die besten Seiten zum Vorscheinen, du machst mich zu einem besseren Menschen.
Für immer wird dir mein Herz gehören - egal, wen ich noch treffen werde. Ich kann fühlen, wie meine Gefühle Tag für Tag stärker werden, wie mein Drang größer wird, dich wieder zu berühren und zu küssen.
Gott, Sirina, wenn du nur wüsstest, was du mit mir machst ... Ich kann kaum klar denken, wenn du in meiner Nähe bist, du raubst mir jeden klaren Gedanken.
Mit dir ist die Welt für mich perfekt, Probleme scheinen ganz weit weg zu sein.
Auch wenn ich weiß, dass du nichts mehr mit mir zu tun haben möchtest, weil der Schmerz zu tief sitzt, kann ich meine Gefühle für dich nicht verleugnen, es fühlt sich alles mit dir einfach richtig an.
Sirina Malone, ich liebe dich.
Ich liebe dich mit jeder Zelle meines Körpers, ich liebe dich mit allem, was ich habe. Und daran wird sich nichts ändern.
Ich wünsche mir so sehr, dass alles wieder in Ordnung zwischen uns kommt, auch wenn das unmöglich erscheint, doch so weißt du wenigstens um meine Gefühle Bescheid.
Das, vor dem Tag, seit dem alles schief ging, war nicht vorgespielt, es war alles echt. Ich habe jeden Moment mit dir genossen, jede Berührung ausgeschöpft und jeden Kuss gefühlt.
Ich könnte immer weiter schreiben, denn um das zu beschreiben, was ich für dich fühle und empfinde, reicht das Vokabular nicht einmal aus.
Nichts wünsche ich mir mehr, dich wieder in den Arm nehmen zu können und dich zu küssen.
Mein erster und letzter Gedanke wird für immer und ewig dir gehören, Sirina Malone, denn mein dummes Herz gehört zu dir.

PainWo Geschichten leben. Entdecke jetzt