Die zwei letzten Tage der Schulwoche zogen sich ewig.
Ich ging allem und jedem aus dem Weg, besonders Claire und Adrien.
Natürlich wollte ich ihm erzählen, was vorgefallen war, aber ich hatte einfach zu sehr Angst, dass Claire wieder ausrasten würde.
Immer, wenn sich die Blicke von mir und Adrien streiften, erinnerte ich mich an Claire und sofort brach die Verbindung zwischen uns ab.
Am Donnerstag ging ich nicht mal in den Kindergarten, weil ich wusste, dass Adrien Liam an dem Tag abholen könnte.
Schließlich wurde es Freitag und ich arbeitete wie gewohnt.
Ich verabschiedete mich schließlich vom letzten Elternteil, da fing es heftig an zu regnen - natürlich hatte ich keinen Schirm dabei und niemand würde mich abholen.
Ich packte meine Sachen, schloss ab und setzte mir meine Kaputze meines Pullis auf.
Schnell lief ich in den Wald, der mich nur minimal vor dem Regen und der Kälte schützte.
Es dauerte nur Minuten, da war ich wieder komplett durchnässt.
Plötzlich klingelte mein Handy und ich zuckte zusammen.
Ich nahm es raus und nahm den Anruf meiner Mom an, doch er brach direkt ab. Fluchend ging ich ein Stück tiefer in den Wald und du suchte nach Empfang.
"Mom? Kannst du mich hören? Mom!"
Nichts.
Als wäre alles nicht genug, ging mein Handy aus.
Es war zu nass geworden.
Ich lachte frustriert auf.
Na super!
Zitternd sah ich mich um. Ich hatte absolut keine Ahnung, wo und wie tief ich schon im Wald war.
Ich überlegte fieberhaft und da kam mir eine Idee.
"Scàth?", rief ich durch den Wald.
Nicht die beste Idee, aber immerhin eine, die mich etwas weiter bringen könnte.
"Scàth!"
Minuten verstrichen, aber nichts tat sich.
Warum sollte auch ein Wolf bei so einem Wetter draußen sein?
Panisch sah ich mich um.
Was machte ich denn jetzt?
Plötzlich raschelten die Blätter. Ich sah mich um und erkannte eine schwarze Gestalt, die auf mich zu rannte.
Scàth!
Hoffnungsvoll lachte ich und strich über sein Fell. Die hellen warmen Augen sahen mich besorgt an, während er sich die ganze Zeit an mir rieb.
"Ich bin so froh, dich zu sehen", flüsterte ich und lächelte.
Es donnerte heftig, sodass wir beide zusammen zuckten.
"Du musst mir einen Gefallen tun", meinte ich schnell und kniete mich zu ihm runter. "Du musst mich aus dem Wald bringen, irgendwo, wo Menschen sind."
Scàth überlegte nicht lange und legte sich nieder.
"Nein, wir müssen -", begann ich, aber erst jetzt fiel mir ein, was er wollte.
Ich sollte auf seinen Rücken klettern.
Perplex sah ich ihn als, als es wieder heftig donnerte.
Nickend stieg ich über ihn und setzte mich nieder.
Scàth schien keine Zeit verlieren zu wollen, also rannte er los. Ich hielt mich an seinem Fell fest und drückte mein Gesicht in sein Pelz.
Minuten verstrichen, während der Regen gegen meinen Körper prasselte.
Scàth würde langsamer, bis er schließlich stehen blieb.
Ich richtete mich auf und sah in die Siedlung, kurz stieg ich ab. Heftig schüttelte ich meinen Kopf. Die Siedlung war diejenige, in der Adrien und seine Familie lebte.
"Scàth, du musst mich irgendwo anders -", begann ich, aber der Wolf war nicht mehr da.
Super ...
Der Regen schien heftiger zu werden, also nahm ich das kleinere Übel und rannte zu der Villa.
Offensichtlich feierten sie eine Party oder ein Fest, denn es dröhnte lautere Musik nach außen.
Ich nahm mein Kapuze ab und richtete meine Haare etwas, obwohl das unmöglich war.
Ich betätigte die Klingel und wartete.
Unsicher, ob jemand überhaupt etwas gehört hatte, sah ich mich um.
Plötzlich öffnete eine junge Frau die Tür und sah mich lächelnd an.
"Hi", meinte sie.
Ihre Austrahlung war einfach unglaublich. Sie sah selbstbewusst aus, aber nicht arrogant.
"Hey ... ähm ... ist Adrien da?", fragte ich leise nach und lächelte unsicher.
In dem Moment erschien Adrien an der Tür und sah mich keineswegs überrascht an.
"Hi", begrüßte ich ihn schnell.
Adrien sah die Frau an, die gleich verstand, und nickte. Sie drehte sich mit einem Lächeln um und ging davon.
Erst jetzt fiel mir auf, wie scharf Adrien aussah. Sein Hemd saß unglaublich gut mit der Jeans.
"Hey."
Seine Stimme war warm und rau.
Dafür, dass ich ihm aus dem Weg gegangen war, schien er ziemlich gelassen.
"Es tut mir leid, dass ich einfach hier aufkreuze und eure Feier störe, aber ich brauche dringend ein Telefon. Meins hat seinen Geist aufgegeben", erklärte ich sofort und strich mir einen Regentropfen von der Wange.
Adrien sah mich nickend an.
"Komm", meinte er nur und nahm mich an der Hand.
Automatisch schaute ich auf unsere beiden Hände. Wärme breitete sich in meinem Körper aus, die ich versuchte ab zu schütteln.
Adrien führte mich nicht in die Villa, sondern in das Haus daneben. Es war kleiner als die Villa aber trotzdem hob es sich von den anderen zwölf Häuser ab.
Er nahm einen Schüssel raus, sprerrte auf und ließ mich zuerst eintreten.
Das Haus war eher rustikal ausgestattet. Links befand sich ein offenes Wohnzimmer mit Sessel, Sofa und Kamin, rechts befand sich die offene Küche und eine Tür, die vermutlich ins Schlafzimmer führte.
Es gefiel mir sehr gut.
Adrien fasste von hinten meine Jacke, sodass ich zuerst zusammen zuckte, dann nahm er mir sie ab.
Dankend lächelt ich ihn an und sah mich weiter um.
"Wem gehört dieses Haus?", fragte ich interessiert.
Adrien schmunzelte und rieb sich den Nacken. "Mir."
Ich grinste ihn an. "Und wem gehört es wirklich?"
Aber Adrien Blick änderte sich nicht, er zuckte lediglich mit deinen Schultern.
Verdutzt sah ich ihn an. "Wirklich?"
Er nickte und lächelte mich an. Zielsicher ging er zu dem Telefon, doch bevor er es mir übergab, sah er mich an.
"Ich denke, du solltest heute Nacht hier bleiben", flüsterte er, was für Gänsehaut bei mir sorgte. "Der Regen ist wirklich heftig."
Unsicher trat ich von einem Fuß auf den anderen.
Innerlich kämpfte ich mit mir: Auf der einen Seite kitzelte es mich in den Fingern hier zu bleiben, auf der anderen Seite dachte ich an Claire.
Adrien merkte meinen inneren Kampf, deshalb sagte er's schließlich: "Wärm dich wenigstens am Kamin auf, bis deine Sachen trocken sind."
Schließlich nickte ich.
Ich konnte Adrien nicht für immer aus dem Weg gehen und Claire war nunmal nicht hier.
Adrien zeigte mir sein Badezimmer, um mich zuerst abwaschen zu können.
Ich hob den Hebel und das warme Wasser prasselte auf meinen kalten Körper nieder. Langsam erwärmte er sich jedoch.
Jemand klopfte an der Tür, sodass ich das Wasser abstellte.
"Ich legte dir frische Sachen auf mein Bett", meinte Adrien mit gedämpfter Stimme.
"Danke", murmelte ich leise.
Ich hörte, wie Adrien das Zimmer verließ. Sofort wusch ich mich zu Ende, trocknete mich ab und zog die Sachen von ihm an.
Sein Geruch umhüllte mich und sofort kuschelte ich mich tiefer in sein Oberteil.
Ich sah mich in seinem Schlafzimmer um, dass definitiv kleiner als sein Zimmer in der Villa war. Trotzdem noch größer als mein Zimmer. Es gab ein großes Bett, ein Schreibtisch und einen Schrank.
Eine Menge Bilder hingen an der Wand, ich erkannte seine Familie, Freunde und Bekannte.
Ich sah ein Bild auf dem Adrien noch klein war, um die 6 Jahre vielleicht. Er lächelte in die Kamera, genauso, wie das noch kleinere Kind, das haargenau aussah, wie er.
Schließlich drehte ich mich um und lehnte mich an den Türrahmen.
"Die Bilder in deinem Zimmer", begann ich mit Adrien zu erzählen, der gerade heißes Wasser in die Tassen eingoss. "Sie sind wunderschön."
Adrien ging auf mich zu und gab mir die Tasse.
"Früher hat meine Familie und ich immer Ausflüge gemacht, da sind die meisten entstand", erzählte er mir mit einem traurigen Lächeln.
"Und jetzt?", fragte ich nach.
Er zuckte mit den Schultern.
"Jetzt ist alles ein bisschen anders", meinte er knapp und lächelte.
"Meine Familie ist immer Ski gefahren", erzählte ich. "Mein Bruder und ich, wir hatten uns immer so darauf gefreut. Wir sind Pisten und Berge runter gefahren, es war großartig."
Adrien grinste mich an.
"Was ist passiert?"
Ich rümpfte die Nase und nahm einen Schluck meines Tees.
"Mein Bruder brach sich beide Beine. Seitdem sind wir nie wieder in den Bergen gewesen", erklärte ich und lachte kurz, genauso wie Adrien.
"Komm", flüsterte er und platzierte seine Hand an meinem Rücken.
Dort breitete sich eine angenehme Wärme aus.
Ich setzte mich auf das Sofa und Adrien reichte mir eine Decke.
Die Hitze des Kamins war angenehm warm.
Adrien setzte sich neben mich und beobachtete mich.
"Musst du nicht zurück?", fragte ich und nippte an meinem Tee.
Er lächelte und sah in das Feuer.
"Diese Feier ist nicht für mich, sondern für mein kleineren Bruder", erklärte er.
"Liam?"
Doch er schüttelte den Kopf und sah mich an.
"Aiden, der Zweitälteste."
Mir war völlig unbekannt, das Adrien noch einen weiteren Bruder zu haben schien.
"Und du wirst sicher nicht vermisst?", fragte ich nach.
"Glaub mir, ich bin froh, dass ich da weg bin", grinste er und räusperte sich dann.
"Erzähl mir etwas von deiner Familie", forderte er mich interessiert auf.
Kurz überlegte ich, wo ich anfangen sollte, dann begann ich: "Wie du weißt, habe ich einen größeren Bruder, Tyler. Er ist 19 und so ziemlich der faulste Mensch, den ich kenne."
"Dann kennst du noch nicht Aiden", meinte er und ich lachte.
"Tyler ist zwar älter als ich, benimmt sich aber meistens wie ein Kleinkind", rollte ich die Augen und Adrien grinste.
"Nun ja, da gibt es noch meine Mom, Gloria, und mein Dad, Steve. Beide sind sehr eingenommen aufgrund ihrer Arbeit, besonders mein Dad, weshalb Tyler und ich meistens alleine für uns Sorgen müssen, aber das ist schon okay."
Adrien hörte aufmerksam zu und nickte manchmal zusätzlich.
"Was ist mit deinen Großeltern? Verwante?", fragte er nach.
"So weit ich weiß, war's das größten Teils mit meiner Familie", zuckte ich die Schultern. "Weder meine Mom, noch mein Dad haben Geschwister und die Eltern meiner Mutter sind bereits gestorben als ich klein war."
Ich machte eine Pause und sah ihn an.
"Jetzt bist du dran!"
Adrien atmete tief aus.
"Wo soll ich da anfangen? Du kennst ja meine Brüder jetzt, Aiden und Liam, dann gibt es noch mein Dad, James, und meine Mom, Kimberley. Meine Eltern haben eine Menge Geschwister, dementsprechend habe ich sehr viele Cousins und Cousinen. Die Frau, die dir die Tür aufgemacht hat, war beispielsweise meine Cousine Ruby."
Ich erinnerte mich und nickte.
"Es gibt zwei Seiten, wenn man eine große Familie hat. Einmal ist es natürlich schön so viele Verwandte zu haben, es gibt immer gute Stimmung und es wird nie langweilig. Andererseits kann das alles wirklich anstrengend sein, so viel Trubel und Menschen."
Ich verstand ihn, genauso war es mit meiner Familie nur eben umgekehrt.
Gedankenverloren strich ich meine Haare nach hinten und betrachtete den Kamin.
"Sirina."
Adrien unterbrach die Stille zuerst.
"Was ist am Mittwoch passiert?"
Die Frage brachte mich etwas aus dem Konzept. Ich wollte mit keinem drüber reden und es einfach vergessen.
Zappelig rutschte ich auf dem Platz hin und her, ich sah alles an, nur nicht Adrien.
"Ich will nicht darüber reden", flüsterte ich.
"Egal, wann oder ob du darüber sprechen möchtest, du kannst es mir erzählen. Du kannst mir immer alles erzählen", wisperte er und sah mich intensiv an.
Zustimmend legte er seine Hand auf mein Knie.
Automatisch breitete sich Wärme in meinem Körper aus.
Ich fixierte die Hand auf meinem Bein, denn der Anblick gefiel mir.
Er wollte seinen Arm bereits wegziehen, als ich meine Hand auf seine legte.
Überrascht sah er mich an, lächelte aber sanft, genauso wie ich.
Die Verbindung zwischen uns wurde durch das Telefonklingeln unterbrochen.
Adrien stand auf und reichte mir das Gerät.
Ich hatte vor dem Duschen bereits probiert mit meiner Mutter zu sprechen, aber sie ging nicht ran.
"Mom?", fragte ich in die Leitung und ein Seufzer kam als Antwort.
"Gott sei dank, dir geht's gut", meinte sie. "Wo bist du?"
"Bei einem ... Freund, der in der Nähe des Kindergartens wohnt."
"Ich wollte dich abholen kommen, dich aber zuerst anrufen, aber auf einmal war die Verbindung weg."
"Ja, das habe ich mir bereits gedacht."
"Soll ich dich jetzt abholen kommen?"
Die Frage hallte in meinem Kopf nach.
Adrien hatte mir angeboten hier bleiben zu dürfen, deshalb überlegte ich nicht lange.
"Mom, ich ... werde hier schlafen. Es regnet immernoch heftig und ich will nicht, dass dir etwas passiert", meinte ich schließlich.
"Okay schön, wenn es für deinen Freund in Ordnung ist", murmelte sie. "Dann wünsche ich dir eine gute Nacht."
"Ich dir auch", flüsterte ich und legte auf.
Tief atmete ich ein und legte das Telefon in die Ladestation zurück.
Adrien kam aus dem Schlafzimmer zurück in deutlich bequemeren Klamotten.
"Vielleicht sollten wir schlafen gehen", meinte er und sah auf die Uhr, genauso wie ich.
Es war bereits nach Mitternacht, was mir absolut nicht aufgefallen war.
Adrien und ich hatten einfach nur geredet und dabei völlig die Zeit vergessen.
Ich nickte, obwohl ich im Inneren wollte, dass der Abend nie vorbei ging.
Adrien brachte mir ein Kissen und eine Decke, legte sie auf die Coach ab und sah mich an.
"Dann wünsche ich dir eine gute Nacht."
Seine Stimme war leise, aber doch klar.
"Ich dir auch", flüsterte ich und schlang meine beiden Arme um meinen Oberkörper.
Adrien drehte sich um lief in sein Zimmer und mit einem letzten Blick schloss er die Tür.
Ich sah mich Sekunden später auf die Stelle, wo er stand, dann richtete ich mein Kissen und legte mich auf das Sofa.
Ich ließ den Abend Revue passieren und dachte dabei immer wieder an die Berührungen mit Adrien, dann schlief ich schließlich ein.

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Pain
WerewolfSirina ist ein ganz normales Mädchen mit einer ganz normalen Familie und ganz normalen Problem. Als sie jedoch auf Adrien trifft, ändert sich ihr Welt mit einem mal. Er ist anders als alle anderen, die sie kennt - und das reizt sie sehr. Mir der Ze...