Kapitel 60

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POV TAEHYUNG

Entsetzt starrte ich diesen irren Räuber an, dann sah ich zu Jimin, der mich flehend ansah. Eine einzelne Träne lief sein vor Schmerzen verzerrtes Gesicht herunter.
"Taehyung~!" säuselte Jungkook und legte seinen Arm enger um Jimins Hals, "Das ist eine einmalige Chance. Mich wundert es sowieso, warum du es nicht früher geschafft hast, ihm den Garaus zu machen!" machte sich der Jüngere über mich lustig. Ich ballte wütend die Fäuste.
"Womit haben deine Eltern so einen unfähigen Nichtsnutz wie dich verdient? Du könntest sie nie rächen, selbst wenn du keine Gefühle für Jimin hättest! Du bist zu nichts gut! Ich schätze, sie würden sich für dich schämen".

Er hatte recht. Ich musste meine Eltern rächen. Aber Jimin...

Jungkook beobachtete mich triumphierend wie ich wie in Trance auf die beiden zuging und mein Schwert dabei zog. Ich fokussierte Jimin, dessen rote Augen die blanke, unverhüllte Panik ausstrahlten. Ich hatte die Augenbrauen zusammen gezogen, mein kalter Blick lag auf Jimins Hals, der noch von Jungkooks Arm verdeckt wurde. Im Hintergrund hörte ich noch meinen Bruder wie dieser schrie, ich sollte aufhören und es sein lassen, aber ich lief immer schneller auf Jimin zu. Meine Augen tränten und mein Atem verschnellerte Jungkook beobachtete mich beeindruckt und leckte sich über die Lippen, als ich vor ihm und Jimin stand und mein Schwert hob. Er wollte den Arm zur Seite ziehen, damit ich freie Bahn zu Jimins Hals hatte, aber ich zog die Klinge surrend nach unten und schlug sie in Jungkooks muskulösen Arm.

Dieser blieb einen Moment still stehen, dann schrie er schmerzhaft auf, als ich mein Schwert zurückzog. In seinerm Unterarm war jetzt eine blutige Kerbe, aus der das Blut über die narbige Haut lief. Jungkook nahm seinen Arm von Jimin, der eine Menge von dem Blut abbekommen hatte. Jimin rannte schnell zu Jin und Namjoon, um sich hinter ihnen zu verstecken.
"Du" knurrte ich und richtete die Klinge wieder auf Jungkook. Dieser versuchte vergeblich seinen blutenden Arm zu zuhalten. Er taumelte zurück, seine wütenden Augen flackerten: er hatte schon eine ganze Menge Blut verloren.
"Ich schätze, niemand von uns wird den Prinzen töten. Denn du wirst wieder zurück zu Yoongi kriechen und ich..."

Alle Blicke liegen auf mir. Ich spürte wie Jimin meinen Rücken mit seinem durchbohrte.

"Ich liebe Jimin. Er hat mich so sehr verändert, dass ich meine Eltern nicht rächen will. Er hat mir meine Wut genommen und ich ihm seine Kälte. Ich will und werde nicht ohne ihn leben". Ich sah Jungkook ausdruckslos an, dann drehte ich mich um und ging zurück zu den Menschen, denen ich mein neues Leben ohne Hass verdankte. Zurück zu Jimin, der mich wie ein Magnet anzog. Zurück zu ihm, meiner Familie. Seine Hand fand wie von allein in meine und seine Finger verschränkten sich mit den meinen. Unser Blick lag auf Jungkook, der stolpernd rückwärts die Brücke verließ, einen letztes mal zu uns sah und dann blutend im Wald verschwand. Manchmal sah man sein schwarzes Haar noch zwischen den Bäumen aufblitzen, dann war er für immer verschwunden...

Ich blickte zu Jimin herunter, der mit Blut besudelt war. Seine roten Augen füllten sich mit Tränen, die dann ihren Weg über seine Wangen fanden. Schnell versuchte ich sie wegzuwischen, aber es wurden immer mehr. Ich war leicht überfordert und wusste nicht, was ich tun sollte.
"J-Jimin, ich..."
"Du wolltest mich wirklich töten?" fragte mein Gegenüber und schniefte erbärmlich auf. Ich blinzelte langsam, dann nickte ich und zog meine Hand zurück. Jimin sah mich an. Warum konnte er nicht schreien oder mich schlagen wie es andere Menschen gemacht hätten?! Warum....starrte er mich nur an?!

"Taehyung", Jimins Stimme war brüchig, "Ich...ich liebe dich auch...".
Und damit legte er seine Arme fest um mich. E war egal, ob wir durchweicht von Wasser und mit Blut bespritzt waren, Jimin umarmte mich einfach nur, während ich regungslos dastand.
Er liebte mich? Auch mit der Tatsache, dass ich ihm das Leben nehmen wollte?
"Wie...? J-jimin, ich wollte dich töten" protestierte ich und drückte ihn fassungslos an den Schultern von mir weg.
"Ich weiß, aber du sagst es doch selber. Du wollest mich töten. Und da du mich liebst, gehe ich davon aus, dass dem jetzt nicht mehr so ist".
Jimin lächelte leicht und schlug meine Hände weg, um mich wieder zu umarmen. Verblüfft und überfordert legte ich meine auch um ihn und drückte meine Wange an sein Haar. Mein Blick schweifte zu den anderen, die uns zufrieden ansahen.

"Taehyung?"
"Mhh?"
"Wie wär's, wenn ich vielleicht doch tot bin?"

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Golden Cage Life {VMIN}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt