51. Kapitel - Keine Kraft mehr

412 19 29
                                    

POV Luca

Total von der Situation überfordert ging ich wieder ins Zimmer und schloss die Tür hinter mir. Dann ließ ich mich langsam mit dem Rücken an der Tür zu Boden sinken.
Max war gegangen. Mit Finn.

Er hatte mir eben noch gesagt, dass wir uns einen schönen Abend machen wollten und dass er für mich da sei. 'Nein, das ist schon in Ordnung für Finn. Deine Gesundheit geht vor.' Pustekuchen.
Wir hatten vielleicht eine halbe Stunde im Bett gelegen, wenn nicht sogar nur zwanzig Minuten.
Etwas tropfte auf meine Jeans, und als ich mir ins Gesicht fasste, merkte ich, dass es eine Träne von mir gewesen war.

Ich heulte schon wieder. Ich hasste es, dass ich in letzter Zeit so viel heulte. Ich hasste mich dafür.
Doch jetzt konnte ich nicht anders. Ich weinte, ließ alles raus und schrie ab und zu frustriert.
Irgendwann schaffte ich es zum Bett und ließ mich darauf sinken.

Finn war Max wichtiger als mir.
Natürlich. Was sonst.
Was hatte ich auch erwartet?

Ich raufte mir die Haare und ein Tränenschwall ergoss sich in das Bettlaken.
Nachdem ich mich wieder einigermaßen beruhigt und für ein paar Minuten dem Fernseher des Nebenzimmers gelauscht hatte, sah ich auf die Uhr.
Ich hatte mehr als eine Stunde mit meiner Frustration verbracht.
Es kam mir vor wie mindestens vier Stunden.

Ich murmelte irgendeinen Song von Ed Sheeran vor mich hin, als ich Stimmen aus dem Flur hörte. Ich verstimmte sofort und setzte mich ruckartig auf. Kam Max zurück?
Die Stimmen wurden leise und verschwanden letzlich, doch Max kam nicht ins Zimmer. Enttäuscht ließ ich mich wieder zurücksinken.
Ich hätte schwören können, Max' Stimme gehört zu haben.

Irgendwie schaffte ich es, nicht wieder anzufangen zu weinen und sang 'Happily' vor mich hin und genoss den stillen Abend.
Doch ein Stöhnen durchbrach diese Stille.
Zum zweiten Mal setzte ich mich ruckartig auf.
"Nein.." flüsterte ich, als das Stöhnen ein zweites Mal erklang, dieses Mal etwas lauter, und ich mir sicher war, dass es Max' Stimme war.
Tränen traten in meine Augen, als ich nun auch Finn stöhnen hörte und kurz darauf Max, wie er Finns Namen stöhnte.

Womit hatte ich das verdient?
Immer mehr Tränen verließen meine Augen und durchnässten meine Wangen, mein T-Shirt und das Bettlaken.

Ein weiteres lautes Stöhnen ertönte aus dem Nebenzimmer und ich raffte mich auf, zog meine Schuhe und meine Jacke an und verließ das Hotelzimmer.

Wie lange werde ich das noch durchhalten, ihre Beziehung und die dadurch entstehenden Schmerzen auszuhalten?

Schniefend verließ ich das Hotelgebäude und ignorierte die Dame an der Rezeption, die mir zurief, dass die Eingangstür in dreißig Minuten entgültig geschlossen werden würde.

Die Sonne war natürlich schon längst untergegangen, doch ein kleines bisschen Sonnenlicht war noch am Horizont zu sehen.
Ich lief in schnellen Schritten in Richtung Strand. Das war der einzige Ort, der mir im Moment als ertragbar erschien.

Ich befand mich in einer Art Trance und hatte unglaubliche Kopfschmerzen, was mich die ganze Zeit daran zweifeln ließ, ob das gerade Wirklichkeit war und ich nicht träumte.
Tränen brachten mir eine verschwommene Sicht und wenige vorbeigehende Urlauber sahen mich etwas komisch an.

Der Strand sah zu Nachtzeiten noch viel schöner aus als am Tag. Spontan dazu entschlossen ging ich geradeaus weiter, krempelte meine Hose ein Stück hoch und stapfte bis zu den Knöcheln ins kühle Wasser. Es kühlte sehr angenehm und der Temperaturunterschied zum Tag war klar zu erkennen.

Ich atmete tief aus und schloss die Augen.
Um es nicht total merkwürdig wirken zu lassen, ließ ich meine Arme am Körper und streckte sie nicht auch noch aus.
Ich lauschte dem Rauschen der Wellen und öffnete langsam wieder meine Augen, als mir wieder einfiel, warum ich überhaupt hier war.

Max und Finn hatten Sex im Nebenzimmer, nachdem mir Max erst versprochen hatte, den ganzen Abend mit mir zu verbringen.
Aber wer war ich eigentlich, so etwas von ihm zu verlangen?
Was hatte ich schon für Ansprüche auf ihn? Er war freiwillig Finns fester Freund und schlief (hoffentlich!) auch freiwillig mit ihm.
Nur mein egoistisches und verliebtes Gewissen konnte den Gedanken daran, dass Max einen anderen begehrte, nicht aushalten.

Doch ich hatte auch Angst um Max. Was wenn Finn ihn zu irgendetwas zwang und seinen tückischen Charme an Max ausspielte? Was wenn er ihn mit Alkohol zuschüttete, damit er empfänglicher für ihn war?
Doch Max fiel an Finn anscheinend nichts auf und war glücklich. Dann war das eben so. Und ich musste es still aushalten.

Eine Träne rollte langsam meine Wange runter, doch ich genoss es irgendwie. Es war mittlerweile ein vertrautes Gefühl und das Meer mit dem dunklen Horizont und der Mondsichel machte es zu etwas melancholischem.
Mein Herz verkrampfte sich bei dem Gedanken, was Max und Finn wohl gerade machten. Was sie fühlten, wie laut sie waren, was Finn mit Max machte...

Total überwältigt klappte mein Körper in sich zusammen und ich landete unglücklich im knöchelhohen Wasser und verdrehte mir dabei glaube ich irgendwie meinen Fuß. Doch es war mir gerade alles egal. Ich weinte, weinte so laut und heftig, dass meine Brust weh tat. Halb lag und halb saß ich abgestützt im Wasser und meinen Körper durchfuhren immer wieder Hust- und Schluchzanfälle.

Dass meine Klamotten vollständig durchnässt waren und mein Handy, dass sich in meiner Hosentasche befand, somit auch hinüber war, nahm ich gar nicht wahr.

blind love 『 mauz 』Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt