Irrtümer

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Kapitel 5
Die junge Frau blinzelte verwirrt und betrachtete ihn eingehend, als Ethan zur Seite trat und ihr damit signalisierte, dass die hereinkommen sollte. Sie setzte eine skeptische Miene auf, trat aber herein und umklammerte den Henkel ihrer Tasche mit beiden Händen, als wäre sie ein Schutzschild. Abgebrüht war sie also nicht und er fragte sich, wie oft sie das hier schon gemacht hatte – oder ob er sogar ihr erster Kunde war.
„Sie haben mich erwartet?", fragte sie und Ethan vermutete, dass Bobby am Telefon angekündigt hatte, dass der Kunde noch nichts von seinem Glück wusste.
„Ich wurde gerade vorgewarnt, als Sie geklingelt haben", sagte er und konnte nicht widerstehen, nahe von hinten an sie heran zu treten. Sie war geradezu winzig, ging ihm nicht mal bis zu den Schultern und sie roch sauber und nach einer leicht blumigen Seife. Kein übertriebenes Parfüm, wie es die Prostituierten immer hatten, wenn er Befragungen im Rotlichtviertel durchführte.
Sie war exklusiv. Bobby schien sich nicht hatte lumpen zu lassen, was die Qualität seiner Überraschung anging. Verdammt, diese Frau würde sicherlich scheiße teuer werden. Aber sie würde es auch wert sein, das wusste er einfach.
Als sie sich umdrehte und bemerkte wie nahe er ihr wahr, zuckte sie leicht zusammen, runzelte ihre Stirn tiefer und trat einige Schritte zurück. Plötzlich bekam ihr Gesichtsausdruck etwas skeptisches, etwas was ganz und gar nicht niedlich war. Temperament. Ein Sturm zog in ihren Augen auf und verdüsterte das intensive grün, wurde fast schon bedrohlich.
„Dann wissen Sie auch, warum ich hier bin?", fragte sie kühl und als er wieder auf sie zukam, blieb sie mit trotzigem Gesichtsausdruck stehen und schien nicht gewillt zu sein, sich unterbuttern zu lassen. Ethan lachte innerlich und seine Lenden zogen ich fester zusammen. Oh ja, das hier würde sehr gut werden.
„Natürlich und vielleicht kommen wir auch jetzt gleich zum Punkt." Er hob die Hand um dieses unfassbar schöne Haar zu berühren, das glatt und lang ihren Rücken herabfiel und ihr Blick verdüsterte sich weiter. Merkwürdig.
Ein weiteres Klingeln ertönte und Ethan fluchte kurz. Egal wer das jetzt war, er wollte nicht gestört werden, dennoch ging er erneut auf die Tür zu und riss sie, einen Fluch knurrend auf. Vor ihm stand: eine Prostituierte. Eine eindeutige Prostituierte mit rot gefärbten Haaren, das an ihrem Hinterkopf übertrieben auftoupiert war, dunkel geschminkte Augen und knallroter Lippenstift. Sie trug ein enges Kleid, das ihren knochigen Körper betonte und versuchte sie etwas jünger aussehen zu lassen, als die Ende zwanzig, Anfang dreißig die sie wahrscheinlich schon war.
„Hallo, mein Hübscher. Mit dir Prachtexemplar treibe ich es glatt zum halben Preis", schnurrte sie und als sie versuchte seine Brust zu berühren, kam ihm ein Schwall künstlich erzeugten Parfüms in die Nase. Ihre Anwesenheit vernichtete auch den Rest seines zuvor erwachten Verlangens und er stockte in seinen Gedanken.
Wenn das hier die Prostituierte war, wer war dann die junge Frau in seiner Wohnung?
Er warf einen wütenden Blick auf die Frau, die hinter ihm in den Flur getreten war, um zu sehen, wer da gerade an der Tür war. Neugieriges kleines Ding, stellte er fest und in dem Moment, in dem sie die Prostituierte erblickte, schien sie ebenfalls die Verwechslung zu verstehen.
Ihre Augen wurden riesig vor Entsetzen und ein roter Hauch ließ ihre Wangen heiß werden, als sie zwischen Ethan und der Frau an der Tür hin und her blickte. Ethan seinerseits hatte die Prostituierte noch fast im selben Moment vergessen, schmiss ihr die Tür vor der Nase zu und sah sich die Fremde in seiner Wohnung wütend an.
„Wer bist du?", fragte er, als wäre sie hier eingedrungen und nicht von ihm rein gelassen worden. Die junge Frau zeigte auf die nun verschlossene Tür.
„Du dachtest, ich wäre sie", stammelte sie etwas verdattert, ganz so, als wollte sie ihre eigene Überlegung bestätigt wissen.
„Sag mir sofort wer du bist, oder ich nehme dich hier und jetzt fest!", schnauzte er weiter und genau das schien der Anstoß zu sein, den ihr Temperament gebraucht hatte, um selbst in die Luft zu gehen.
Sie brachte etwas Abstand zwischen sie, sah ihn mit leicht angehobener Nase an, als würde sie sich auf etwas herablassen, wenn sie ihm seine Frage beantwortete. Als wäre er unter ihrem Niveau. Er wiederholte seine Drohung, wobei seine Worte eher ein Knurren waren, als wirkliche menschliche Worte.
„Offensichtlich bin ich keine Prostituierte. Ich muss Sie also enttäuschen, Agent Ethan McAllen, ich werde nicht mit Ihnen...", sie ließ den Teil des Satzes ungesagt, als würde sie gerade erst bemerken, dass ihr nicht gefiel, in welche Richtung ihr Gespräch ging und Ethan konnte nichts dagegen tun, dass auch ihm wieder erotische Bilder durch den Kopf schwirrten und seine Lenden wieder anfingen, sich zusammen zu ziehen.
„Wer bist du dann?", fragte er, immer noch kaum dazu in der Lage, sich zurück zu halten. Er war wütend auf sie und er wollte sie ficken. Eine gefährliche Mischung. Die noch explosiver wurde, als sie ihre Lippen zu einem hochnäsigen Lächeln verzog und ihn überlegen anblickte.
„Wieso denn? Haben sie die Kontrolle verloren, Agent McAllen?"
Ethan wäre fast die Kinnlade herunter gefallen. Er erinnerte sich an diese Worte, er hatte sie schon einmal gehört – oder besser: gelesen. Diese zwei Sätze hatte Alice ihm geschickt, als er sich das erste Mal mit einem Fall beschäftigte, den er und sein Team nicht lösen konnten und dass obwohl er seinen Vorgesetzten geschworen hatte, niemals diesen Computer zu benutzen und so weit zu sinken.
Er hatte das Gerät in diesem Moment einfach vom Tisch gefegt und es war ein Wunder, dass er heil geblieben war. Denn es war schwer für ihn gewesen, nicht nur zu erfahren, dass Alice offenbar sofort wusste, mit wem sie da schrieb, sondern auch, dass diese Frau ihn für seine Situation auch noch verspottete. Er hatte nie bestätigt, dass es tatsächlich er war, der da mit ihr schrieb. Dass er Agent Ethan McAllen war, doch das war ach nicht nötig gewesen. Alice hatte immer genau gewusst, wer da gerade mit ihr schrieb und nun war sie hier. In seiner Wohnung, in seiner Reichweite und das erste, was ihm an ihr auffiel, war, dass sie viel zu hübsch war. Und viel zu jung. Zu jung, um bereits so viele Jahre heimlich für das FBI zu arbeiten, zu jung um diese Fähigkeiten in Sachen Technik zu besitzen.
„Du bist nicht Alice", raunte er in die Stille hinein und als ihr Grinsen breiter wurde und sie ihren Kopf leicht schräg legte, um den Hohn in ihren Zügen zu unterstreichen, wusste er, dass es doch so war. Das war Alice.

 Das war Alice

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Das Alice Projekt - An Oracale-Mystery-Thriller Bd1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt