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Kapitel 28
Shawn Pee war mit einer Belobigung und einer ehren Auszeichnung aus dem Dienst als Sherffi von NewHollow entlassen worden. Das alleine sollte ausreichen, um Ethan den Margen umzudrehen und sich Naserümpfend von der Akte abzuwenden, die Dean ihnen aus Quantico übermittel hatte mit den einprägsamen Kommentar: >>Arschloch<< angehangen. Normalerweise versuchten sie neutral gegenüber Leuten zu sein und sich nicht aufgrund von Fakten bereits vor dem ersten Gespräch eine Meinung zu bilden. Aber es war tatsächlich sehr schwer Shawn Pee nicht für ein Arschloch zu halten, wenn man sich die Akte ansah.
Er ist mehre Male während seiner Dienstzeit wegen Trunkenheit aufgefallen und seine Tochter erstattete zwei Mal Anzeige wegen Körperverletzung. Das alles wurde natürlich niemals verfolgt, den niemand wollte gegen den eigenen Vorgesetzten oder Kollegen ermitteln, auch nicht in den Nachbargemeinden. Stadtessen hatte er Zwangsurlaub erhalten um auszunüchtern und der Tochter wurde nahegelegt sich doch einfach mit ihrem Vater auszusöhnen. Sie war nach dem Collage nie wieder nach Hause gekommen und scheint keinen Kontakt zu ihrem Vater zu haben.
Seine Frau war bereits vor einigen Jahren gestorben und andere Verwandte hatte er nicht. Wahrscheinlich wusste er weder, wo sein einziges Kind lebte oder ob es noch lebte. Das klang alles nicht sehr sympathisch und Shawn sah auch nicht aus wie einer dieser guten, freundlichen, älteren Männer. Er wirkte ernst, verspannt und ... das machte das gesamte Bild einfach zunichte: reumütig.
Derek hatte ihn unter Vorspiegelung falscher Tatsachen hier hergebracht und nun war er in eines der Verhörräume gebracht worden, die tatsächlich wie ein Filmklischee wirkten. Ein einzelner Raum, keine Fenster, kalter Metalltisch und ein Einwegspiegel hinter dem Ethan auf einem Stuhl saß. Auf seinem Tisch Shawns Akte und auf der anderen Seite des Spiegels dieser Mann der fast in Tränen ausbrach, als er die Bilder von der zerfetzten Leiche von Karl Hollow sah.
Er stand einfach nur da, betrachtete den kleinen Jungen und dann die anderen Bilder, die ihm wohl bereits bekannt sein dürften. Es waren die Bilder von seinem Mordfall: Hanna James. Derck schloss die Tür hinter sich.
„Mister Pee, ich möchte mich dafür entschuldigen, dass ich nicht ganz ehrlich zu ihnen war. Bitte setzen Sie sich, dann können wir..."
„Er war es also tatsächlich, ja? Ein und derselbe Täter, ja?" fragte Shawn Pee und ließ Ethan damit hellhörig werden, doch er wusste auch, dass dies auch Derek nicht entgangen sein konnte.
„Bitte setzen Sie sich, Mister Pee", bat Derek höflich aber eindringlich. Der vorhin noch selbstsichere Mann setzte sich schwerfällig und griff mit den zitternden Händen nach den Bildern von Karl und nahm dann eines von Hannah.
„Er hat ihnen die Augen entfernt. Sehen Sie? Sehen Sie die kleinen Abschürfungen an der Nasenwurzel? Als hätte er einfach ein Löffel genommen und das Nasenbein als Hebel benutzt um sie zu entfernen", begann Shawn zu plappern und Derek lehnte sich tatsächlich über die Bilder die Shawn ihm zeigte. Dann setzte der alte FBI Agent sich, ohne darauf zu reagieren.
„Es ist der selber!", erklärte Shawn weiter. „Derselbe, es muss derselbe sein. Er hat wieder gemordet und er wird wieder töten. Wir müssen ihn aufhalten, wenn wir ihn nicht..."
„Es ist nicht Benjamin Rose", sagte Derek kühl und schien heute einmal nicht guter Cop spielen zu wollen. Benjamin Rose war der autistische junge Mann, den Shawn für den Mord an Hannah James verantwortlich gemacht hatte. Er war nie angezeigt oder wirklich bestraft worden. Man hatte in einer geschlossenen Anstalt für psychisch kranke Straftäter gesteckt, wo er viel zu hart behandelt worden war. Er war zwar bereits dreiundzwanzig gewesen aber in Geist gerade einmal fünf. Es war unmöglich, dass er der Täter sein konnte, vor allem weil er in dieser Anstalt keine drei Wochen überlebte. Er war tot. Seine Mutter hatte sogar eine Zivilklage gegen die Ärzte dort gewonnen und eine Million Entschädigung kassiert, die sie komplett einem Zentrum für autistische Kinder spendete.
Ethan nahm sich vor den Namen des Jungen reinzuwaschen, nachdem das hier vorbei war. Seine Mutter lebte in Florida ein ruhiges Leben in einem Senioren Heim. Sie sollte Gerechtigkeit widerfahren.
„Ich weiß", sagte Shawn Pee mit zittriger Stimme und verlor dann doch die Fassung. Er schluchzte und bebte. Derek gab ihm Zeit sich wieder zu fassen, bevor er seine nächste Frage stellte.
„Seit wann wussten Sie das?" Der alte Mann zuckte mit den Schultern, drehte die Bilder vor ihm um und atmete dann tief durch um die Fassung wieder zu gewinnen.
„Eigentlich schon von Anfang an", gestand er nach einer Weile und sah dann in Richtung des Einwegspiegels. So hartnäckig als könnte er Ethan dahinter erkennen.
„Ich weiß was Sie jetzt denken. Warum hat er den Jungen dann dafür verhaftet? Und Wissen Sie was? Weil er gestanden hat. Er kam zu uns und hat gestanden, er wusste Dinge, die er nicht hätte wissen können, wenn er nicht der Täter gewesen wäre. Ich war in einer Zwickmühle. Ich wusste, dass er es nicht gewesen war, ich meine der Junge war, etwas zurückgeblieben aber dazu war er nicht fähig. Als wir den Magen ausgepumpt haben hat er nur nach seiner Mama geschrien und nur zu ihrer Info: Es gab keine Spuren von Augäpfeln in seinen Magen, obwohl er überzeugend zu Protokoll gegeben hat, dass er sie gegessen hat." Er schloss für einen Moment resigniert die Augen und wirkte plötzlich um Jahrzehnte älter.
„Ich hatte nur noch wenige Wochen zur Pensionierung, meine Frau wollte das es endlich Vorbei ist, dass wieder Frieden herrscht. Sie haben ja keine Ahnung wie sie sein kann, wenn sie wütend ist, sie können sich nicht vorstellen was sie tun kann und ich hatte solche Angst das sie meinem Baby noch was antun ...", er stockte ein weiteres Mal und rieb sich mit der Hand durch das faltige Gesicht. Er zitterte noch immer.
„Ich verstehe", sagte Derek und tat es wahrscheinlich tatsächlich. Sogar Ethan konnte es nachvollziehen. Ein schlüssiges Geständnis, wahrscheinlich auch noch Druck von der übergeordnete Stelle und nur ein paar Wochen bis zur Pensionierung. Tatsächlich waren das genau drei Gründe, die fast jeden Cop dazu bewogen hätten den Fall abzuschließen. So gerne Ethan den Mann auch hassen wollte, schon alleine um Selenes Willen, es ging nicht. Er konnte ihm das nicht vorwerfen. Alles andere schon.
„Gab es andere Verdächtige? Hanna James war nicht besonders beliebt, hatte jemand Grund ihr etwas anzutun?"
„Agent LiTensen, ich habe einen ausführlichen Bericht verfasst. Dort steht alles drin. Das mit dem Geständnis, mit dem Mageninhalt ohne Augen und alles andere. Ja, ich habe den Fall abgeschlossen aber ich habe nichts vertuscht. Warum also bin ich hier? Was wollen sie von mir?"
Derek sah den Mann lange an, blickte dann zu dem Spiegel und dann wieder zu Shawn. Er zog die Akte heraus, die Shawn verfasst haben will und Ethan spürte wie ihm Zweifel kamen. Nicht nur an diesen Fall, sondern auch an ihr Vorhaben. Denn die Akte die Shawn Pee angeblich verfasst haben will ist leer. Ethan hatte es selbst erst vor wenigen Minuten erfahren als Bobby zurückkam und auch Dean und Carsten nichts gefunden hatten. Das reichte aus, um den Mann nicht nur nach Details zu befragen, die ihnen vielleicht weiter helfen könnten, sondern auch ihn hier her zu bringen und in einen Verhörraum zu führen. Während Bobby und Lindsey versuchten die anderen damals beteiligen Cops ausfindig zu machen und sie zu befragen.
Derek legte sie auf den Tisch und schlug sie leere Hülle auf.
„Mister Pee, abgesehen von den Bildern, die hier liegen war nichts in der Akte. Die digitale Sicherung wurde gelöscht. Anfangs wollten wir sie nur nach weiteren Informationen fragen. Aber das hier kam uns reichlich verdächtig vor."
Shawn Pee wurde weis wie eine Wand. Bevor er vollkommen fassungslos den leeren Ordner zu sich zog und den Kopf schüttelte.
„Das versteh ich nicht."
Ethan zuckte zusammen, als sich die Tackernadel einer der Akten Seiten in seine Hand bohrte. Er hatte nicht einmal mitbekommen, wie er Shawns Akte zerknüllt hatte. Seine Muskeln schmerzten bei der Anspannung und er konnte sich beim besten Willen nicht mehr daran erinnern, wann er bei einem Fall das Gefühl gehabt hatte, das etwas nicht stimmte. Doch er konnte es nicht richtig greifen.
„Ich habe mit dem Verschwinden nicht zu tun, das schwöre ich und ich kann es auch beweisen. Ich habe eine Kopie bei mir Zuhause." Sagte Shawn, doch Ethan konnte es nicht mal realisieren. Lindsey kam in den Raum und sah ihn eindringlich an.
„Ethan? Selene, schnell. Bevor er sich anfängt zu wehren und sie verletzt."
Und das war der Moment, wo seine Anspannung aus ihm herausbrach, ihm dieser verdammte Fall egal wurde. Alles was zählte war Selene.  

Das Alice Projekt - An Oracale-Mystery-Thriller Bd1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt