Kapitel 52
Selene sah entsetzt dabei zu, wie Ethan von Derek gegen die Wand gedrückt wurde und einer der Polizisten dabei half ihn zu bändigen, während er vollkommen außer Kontrolle geriet und nichts weiter als schiere Mordlust in seinen Augen zu erkennen war. Wie Dolche fixierte er die Hand des zweiten Polizisten, den Derek mitgebracht hatte und der immer noch an Selenes Oberarm lag. Sie berührte, sie anfasste, sie...
„Debuty, vielleicht sollten Sie Miss James loslassen, ich bin mir sicher, dass sie auch freiwillig mitkommen wird. Richtig, Selene?", fragte Derek sie und drückte weiter seinen Unterarm gegen Ethan, der nicht nur einige Jahre jünger, sondern sicherlich auch in besserer Form war. Derek würde ihn nicht lange halten können und wenn Ethan sich in dieser Verfassung losriss, würde es sicherlich nicht gut enden. Selene nickte und wartete nicht darauf, dass der Polizist sie losließ und ging selbst direkt auf Ethan zu, bis sie beide Hände auf seine Brust legen konnte.
Er wurde sofort ruhig, Derek ließ ihn los und Ethan drängte sich an den beiden Männern vorbei und umfasste Selenes Schultern. Er rang mit sich und Selene spürte wie sein kräftiges Herz unter diesem breiten, kräftigen Brustkorb schlug und es sich wieder beruhigte, als sie eine Weile so dastanden.
„Es ist nur eine Sicherheitsvorkehrung. Wir müssen einen Verdacht ausschließen, und zwar Restlos, Ethan. Sie ist direkt an den Ermittlungen beteiligt, wir dürfen den Fall nicht riskieren", versuchte Derek ihn zu beschwichtigen, dabei hatte Selene das bereits erledigt. Ihre Finger strichen beruhigend über seine Brust, sie hatte gewusst, dass dieser Mann eine tickende Zeitbombe war und wenn sie ehrlich zu sich selbst war, konnte sie es sich, bis heute nicht erklären, wie ein solcher Mann es überhaupt bis in den Polizeidienst geschafft hatte. Er wirkte nie wirklich wie ein Teamplayer, aber sie konnte sich vorstellen, dass seine dominante Ausstrahlung ihm bei seinem Weg die Karriereleiter hinauf sehr geholfen hatte.
Selene hatte keine Ahnung wie das zwischen ihnen auf Dauer funktionieren sollte. Sie war immer alleine gewesen, irgendwie auf sich selbst gestellt und hatte steht's ihre eigenen Entscheidungen getroffen. Auch wenn sie es genoss sich ab und an anlehnen zu können, hatte sie doch immer noch ihren eigenen Kopf und reagierte in der Regel äußerst allergisch auf große, einschüchternde Typen die sich in ihre Welt drängten und ihr Vorschriften machten. Abgesehen davon war er ihr nicht selten schlicht und ergriffen zu griesgrämig.
Ihr innerstes seufzte frustriert auf, wandte sich aber der Momentan wichtigeren Sache zu.
„Ich komme selbstverständlich mit Ihnen, umso schneller sich das, was auch immer es ist, aufklärt, umso schneller sind wir wieder bei den wichtigeren Dingen!", meinte Selene und zweifelte keine Sekunde an Agent Dereks Aussage, dass es sich lediglich um eine Sicherheitsvorkehrung handelte. Dennoch hielt Ethan sie weiter fest, als sie versuchte mit den zwei anderen Beamten mitzugehen.
„Ich will wissen um, was es geht und ich will, dass sie einen Anwalt bekommt!", beschied Ethan und Selene boxte ihn leicht gegen die Brust.
„Ich habe nichts gemacht, verdammt! Ich brauche weder einen Anwalt noch jemand der über mich bestimmt, also komm wieder runter und lass uns das hinter uns bringen!"
„Mir egal, ob du was gemacht hast! Du wirst sicherlich nicht alleine mit irgendwelchen Leuten reden die tausend Methoden beherrschen, um einen in Widersprechen zu verwickeln!", knurrte er zurück und so süß Selene die Tatsache auch fand, dass sie anscheind tatsächlich einen Mord begehen könnte ohne dass Ethan von ihrer Seite wich, fühlte sie sich dennoch beleidigt.
„Es gibt keine Widersprüchen, du Holzkopf! Also lass mich los und hör auf den Neandertaler zu spielen!", fauchte sie zurück und machte sich von ihm los um sich zu Derek zu begeben, der sich lediglich schmunzelnd räusperte und ihr ein weiteres Mal zusicherte:
„Du musst nur eine Probe abgeben und einige Fragen beantworten, mehr nicht. Reine Vorsichtsmaßnahme, da du in diesen Fall so eng verwoben bist." Sie nickte und warf Ethan noch einmal einen bösen Blick als er wieder versuchte nach ihr zu greifen.
„Untersteh dich, mich aufzuhalten Agent Ethan McAlan!" murrte sie, als seine Fingerspitzen ihren Arm streiften. Ethan blickte sie zornig an und Selene wusste, dass er ihr gerade am liebsten den Hals umdrehen würde. Doch sie beachtete es nicht. Sie folgte den beiden Beamten aus dem kleinen Hotel, dicht gefolgt von Ethan und Derek und als einer der Beamten ihr beim einsteigen behilflich sein wollte, erklang wieder ein zorniges Knurren von ihrem Lieblingsholzkopf.
„Flossen weg, Debuty!" Und wieder sah Selene sich dazu gezwungen ihn warnend anzublicken. Sie war doch kein kleines Mädchen mehr, verdammt! Einzig und allein Dereks nun kaum verstecktes Grinsen lockerte die Situation auf und er legte Ethan nahe in einem anderen Fahrzeug mitzufahren.
„Nimm deinen Wagen, damit du sie auch wieder zurückbringen kannst, wenn alles geregelt ist", versuchte Derek seinen irrational handelnden Boss zu beschwichtigen. Und er schaffte es auch, obwohl Selene schwören könnte die Fahrt über seinen Blick in ihrem Nacken spüren zu können. Und immer, wenn sie sich umdrehte und durch die Heckscheibe des Wagens einen Blick riskierter, sah sie Ethan direkt hinter sich in seinem eigenen Wagen und wie er sie hitzig anstarrte.
Selene wollte es nervig finden und ihm am liebsten für sein Benehmen eine Überziehen, aber sie konnte sich nicht davon abhalten, dass sie sich dadurch auch geborgen fühlte. Einen eifersüchtigen Schotten direkt hinter sich zu wissen konnte einem armen Dorfmädchen, wie ihr, definitiv ein Gefühl der Sicherheit vermitteln. Sofern man sich auf das Gefühl einließ.
„Ich bin mir nicht sicher, ob ich dich warnen oder beglückwünschen soll", flüsterte Derek ihr zu, während er direkt neben ihr saß und ihr ein aufbauendes Lächeln schenkte.
„In Bezug auf was?", fragte Selene obwohl sie die Antwort kannte. Derek zuckte einmal mit dem Kopf hinter die sich.
„Ethan. Er ist ein harter Brocken, aber wenn er sich erstmal in etwas verbissen hat, ist er wie ein Bittpull."
„Und gerade hat er sich in mich verbissen?" Derek nickte nur schmunzelnd und sah sie aufmunternd an.
„Ich habe ehrlich geglaubt, das es nachlässt. Du bist eine wunderschöne junge Frau, jeder Kerl unter achtzig ist im ersten Moment komplett von dir gefangen genommen, aber gerade bei Ethan kommt schnell die Resignation. Er gibt in der Regel sehr wenig auf Äußerlichkeiten, du bist kompliziert, das ist es, was ihn hält." Selene lächelte in sich hinein und freute sich ehrlich darüber auch, wenn es in dieser Situation eher unpassend ist.
„Vielleicht ist er nur neugierig", versuchte sie es wegzuwischen, aber Derek schüttelte den Kopf.
„Nein. Sicherlich ist er neugierig auf Alice. Aber du bist sowohl niedlich, freundlich und anscheinend gleichzeitig eine ziemliche Kratzbürste", beschied er und lachte, als Selene darauf hin einen Schmollmund machte.
„Siehst du, genau das meine ich! Mach dir keine Sorgen wegen dem was gleich passiert. Es ist wirklich nichts Ernstes", sagte er dann und beruhigte sie damit tatsächlich ein wenig.
Als der Wagen vor dem Sheriff Büro hielt und Selene in einen Raum gebracht wurde, ohne noch einmal einen Blick auf Ethan erhaschen zu können, war sie erstaunt, dass sie lediglich in ein Büro gebracht wurde. Eine Ärztin war dort und eine ziemlich müde aussehende Lindsey mit einem Klemmbrett. Und als sich die Tür hinter ihr schloss, wurde sie nun doch nervös.
„Was ist los?", fragte Selene und Lindsey gähnte während sie sich auf die Tischkante setzte und mit dem Kuli klickte.
„Nur ein paar Fragen, die wir stellen müssen, danach kannst du wieder gehen. Doktor? Sie dürfen, wenn Miss James damit einverstanden ist."
„Womit soll ich einverstanden sein?", fragte Selene, doch da kam die Ärztin schon breit lächelnd auf sie zu.
„Eine DNA-Probe zum Abgleich, es tut nicht weh, versprochen. Sie müssen nur den Mund aufmachen", meinte die Frau und Selene zuckte mit den Schultern, bevor die Frau vor ihr damit begann mit einem Wattestäbchen die Innenseiten ihrer Wangen abzustreichen. Dann kam das Stäbchen in eine Tüte und ohne Selene noch einmal extra zu warnen zog die Ärztin ihr plötzlich ein Haar heraus und gab es in eine weitere Tüte.
„Entschuldigung."
„Aua! Sie haben gesagt, es tut nicht weh!", beschwerte sich Selene doch die Frau lächelte einfach weiter und verließ den Raum. Nun waren Selene und Lindsey alleine und mit schwammigen Antworten wird sie sich sicherlich nicht zufriedengeben!
Beta: Geany
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Das Alice Projekt - An Oracale-Mystery-Thriller Bd1
Mistério / SuspenseSeit vier Jahren unterstützt Selene mit ihren Fähigkeiten unter dem Pseudonym Alice das FBI bei ihren Ermittlungen. Aber als eine Serie von grausamen Verbrechen ihre Heimatstadt in Angst und Schrecken versetzt, wird es persönlich. Selene muss einseh...