Schlafende Selene

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Kapitel 56

Ethan war nie besonders gut darin sinnlos herumzuliegen und sich so verletzlich zu geben wie er es beim Schlaf tun würde. Aber Selene einfach im Arm zu halten, während sie selig an seiner Brust schlief, empfand er als äußerst entspannend. Er konnte gar nicht sagen, was ihm mehr gefiel: Ihre langsamen, tiefen Atemzüge bei denen sich ihre nackten Brüste immer wieder fester an seine Seite presste oder die Art wie sich ihr wunderschönes rotes Haar auf ihrem Rücken, ihrer Taille und damit auch auf seiner Brust verteilte. Sie sah aus wie eine verdammte Prinzessin und für einen Moment empfand er sich selbst als Ungeheuer, weil er ihre zarte Haut mit seinen rauen Fingern berührte. Der einzige Gedanke, der ihn dabei beruhigte, war die Erinnerung daran, wie viel Lust sie empfunden hatte als sie von ihm berührt worden war. Seine kleine Hexe war ein lüsternes, kleines Ding und ihm gefiel diese Eigenschaft außerordentlich gut. Abgesehen davon stand er einfach auf Rothaarige und auf ihren Hintern. Selene hatten einen großartigen Hintern und aus einer primitiven männlichen Gier heraus zog er die Bettdecke etwas weiter von ihrem Körper und betrachtete den sanften Schwung ihrer Hüften. Diese Frau machte ihn einfach schwach und er spürte, wie sein Schwanz schon wieder hart wurde. Vor allem als sich seine Schönheit neben ihm regte und nicht nur eine Hand auf seine Brust legte und auch ein Bein über seines schob.

Ethan zog sie etwas an sich, sah, wie ihre Lieder kurz flackerten, als er ihren Kopf auf seiner Schulter drapierte und wie sie sofort weiter schlief. Vertrauensseliges, kleines Ding, dachte er und wollte gerade selbst erneut die Augen schließen und sich dem Schlaf hingeben als sein lautlos gestelltes Telefon aufleuchtete und er dem Drang nachgab und es vom Nachttisch zog – immer bedacht Selene nicht zu wecken.
Doch als er die Nachricht sah, schreckte er hoch und Selene murrte ungehalten neben ihm.
Was zum Teufel? Er kannte die Nummer nicht, die ihn die Nachricht gesendet hatte, aber er musste nicht lange darüber nachdenken, bis er begriff, wer ihm dort geschrieben hat.
>>Sie ist hübsch, wenn sie schläft, oder? Wirkt' als wäre sie die Unschuld in Person, dabei hat sie so viele Geheimnisse. <<
Er schluckte und fand seine Fassung so schnell wieder zurück, dass er sich daran erinnerte, wie man mit solchen Fällen umging. Es war nicht selten, dass ein Mörder den direkten Kontakt zu den Ermittlern suchte, die ihn verfolgten. Und es gab eine Regel, die man dabei befolgen musste: Den Täter an der Stange halten, um so viel wie möglich zu erfahren.
>>Welche Geheimnisse?<< stellte er sich dumm. Offensichtlich ging der arrogante Sack davon aus, dass Selene ihm noch nicht alles erzählt hatte. Dass sie es tat, war auch unter rationalen Gesichtspunkten völlig absurd. Aber alles was gerade zwischen ihm und Selene passierte passte nicht in die Bahnen der Rationalität. Irgendwie weigerte sich immer noch etwas in ihm ihr alles zu glauben, was sie erzählt hatte. Sie konnte in die Vergangenheit sehen und hatte etwas davon gesagt, dass er sich nur zu ihr hingezogen fühlte, weil diese Gabe ihn dazu bringen wollte sie zu schwängern. Das war absurd. Beides.
Und dennoch höchstwahrscheinlich Realität, auch wenn er den Gedanken nicht nachvollziehen konnte, das Selene tatsächlich Zweifel an dem Bestand seiner Zuneigung zu ihr hatte. Bei dem Gedanken sie zu verlassen zog sich alles in ihm zusammen und dabei kannte er diese Frau kaum. Wieder blickte er zur Seite, sie war wieder eingeschlafen und bekam nichts davon mit, dass der Täter mit den Typen schrieb, mit dem sie ins Bett ging.
>>Vielleicht solltet ihr eure Zungen zum Reden benutzen, anstatt sie euch gegenseitig in den Hals zu stecken! Das ist keine gesunde Grundlage für eine Beziehung.<< kam die Antwort und nun war sich Ethan ziemlich sicher, dass es zwei Täter geben musste. Einen arroganten, erfahrenen Killer der den Mumm hatte Selene und das FBI herauszufordern. Erst mit den Augen auf der Veranda und dann diese Nachrichten und dann ein anderer, der sich ziemlich ungeschickt ein Alibi zusammen schusterte. Niemand bereitete ein Alibi hektisch vor, wenn er keine Angst hatte, geschnappt zu werden und dieses Arschloch hatte keine Angst.
>>Was weißt du über Beziehungen?<< schrieb Ethan zurück und erhob sich langsam aus dem Bett um seinen Laptop zu schnappen um die Standleitung zu Dennis aufzurufen und ihm kurz zu schreiben, dass er Kontakt zum Mörder hat und sein Telefon hacken soll. Es war erschreckend, dass Dennis lediglich ein „erledigt" als Antwort gab... er musste ganz dringend über die Sicherheit seiner Geräte nachdenken.
>>Ich habe eine sehr intensive Beziehung, zu all meinen kleinen Spielzeugen. Es tut mir leid, dass du so an diesem einen hängst.<< kam die Antwort und während Ethan immer noch da saß und sich überlegte, was er antworten sollte, starrte er auf den Bildschirm des Computers. Dennis ließ gerade einige Informationen aufpoppen aber das brachte sie nicht wirklich weiter. Die Nummer gehörte einen Isac Vos, der seit vier Monaten als vermisst galt. Er ist bei einer Wanderung verschwunden und das nur hundert Meilen von NewHollow entfernt. Ethan würde seine Hand dafür ins Feuer legen, dass auch er eine der Leichen war, die an diesem bescheuerten Baum hingen.

>>Wie mit Isac? Ist er auch eines deiner Spielzeuge?<< fragte Ethan weiter, um weitere Informationen zu erhalten. Er wartete intensiv auf die Antwort des Killers, aber es war Dennis nächste Information, die ihn fesselte. Isac Vos war mit Selene verwandt. In einem komplizierten Diagramm sah er ein dichtes Netz von Verwandtschaften und es verschlug ihm den Atem, als er im gleichen Stammbaum auch diese Schmetterlings-Schwestern entdeckte und Selenes verdammten Bruder.
Er hatte keine Ahnung, wie lange er auf diese kleine Tatsache starrte, wurde aber von seinem Telefon aus der Trance gerissen.
>>Er war ein guter Junge. Aber es musste sein, er war nicht so unterhaltsam wie deine kleine Freundin<< Ethan erwischte sich dabei, wie er seine Hand um das Gerät schloss und an sich halten musste, es nicht zu erdrücken. Dieser Wixxer würde sich nicht nochmal in Selenes Nähe begeben. Niemals.
>>Du wirst nicht an sie herankommen!<< schrieb er zurück und als Antwort erhielt er lediglich ein Bild. Ein Foto von Selene wie sie in einem Bett schlief. Er erkannte das Bettzeug und diese alberne Lavalampe im Hintergrund, denn er hatte wie ein besessener jedes Detail in ihrem alten Zimmer aufgesaugt.
Er war im Haus gewesen. Er war in ihrem Zimmer gewesen. Dieser verdammte Scheißkerl! Es half nichts zu wissen, dass das Bild schon etwas älter war. Der Gedanke, dass dieser Mistkerl ihr so nahe gekommen war, machte ihn krank.
>>Werde ich nicht?<< erschien die letzte Textzeile unter dem Bild und ein Smiley verspottete ihn. Ethan wollte etwas zurückschreiben, aber Dennis schrieb gerade am unteren Bildschirmrand, dass die Nummer nun nicht mehr aktiv war. Ethan schmiss das Gerät an die Wand und verspürte eine unglaubliche Genugtuung dabei, als es in drei oder vier Teilen zerschellte, allerdings nur kurz. Denn Selene schreckte aus ihrem Schlaf hoch und als sie ihn ängstlich anblickte, blieb wie immer für einen Moment seine Welt stehen.


Beta: Geany

Das Alice Projekt - An Oracale-Mystery-Thriller Bd1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt