...und Peitsche

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Kapitel 27

„Wir sind zusammen zur Schule gegangen. Sie war ein paar Klassen unter mir und einfach ein junges, hübsches Mädchen, für das ich mich interessierte und ich war das Arschloch, für das sie mich anscheinend heute noch hält und das es versaut hat. Ende der Geschichte", presste er unfreiwillig heraus und wollte sich von seinem Stuhl erheben, als Ethan seine Fußsohle gegen das Möbelstück presste und verhinderte, dass Michael nach hinten rutschen konnte um zu flüchten.

Ethan wusste sehr wohl, dass das Motiv, diesem Mann die ganze Geschichte zu entlocken, nicht der Fall an sich war. Er wollte wissen was genau zwischen Selene und diesem Schönling vorgefallen war, um es schamlos gegen den Deputy verwenden zu können. Das war zwar nicht fair, nicht moralisch richtig und es machte es umso schlimmer,da er sich der Verwerflichkeit bewusst war. Und dennoch war es ihm schlicht und ergreifend scheißegal. Er wollte Selene für sich und wenn er zum intriganten Arschloch werden musste um sie für sich alleine zu haben, würde er das tun. Er mag ein Agent sein, aber das hieß nicht, dass er immer nach den Regeln spielte. Ganz im Gegenteil.

„Das reicht mir nicht, Michael, und an deiner Stelle würde ich mich etwas kooperativer zeigen." Dass Ethan ihn plötzlich so vertraut ansprach, schien ihn zu irritieren und noch einmal vor Augen zu führen, dass Ethan nicht unbedingt immer nach den Regeln spielte.

„Sonst was? Schieben Sie mich vollständig beiseite? War das alles nur geheuchelt?" Es sollte vorwurfsvoll klingen, aber Ethan zuckte nur mit den Schultern. Er war nie ein anständiger Kerl gewesen und irgendetwas an Selene trieb ihn dazu, sehr unanständig zu werden um sie zu behalten. Es hieß zwar, Konkurrenz belebte das Geschäft, aber Ethan war es in ihrem Fall lieber, wenn die Konkurrenz tot blieb. Er lehnte sich zu den jungen Polizisten vor, der nun eine Lektion fürs Leben lernen würde: Im Gegensatz zu den Märchen bekam nicht immer der rechtschaffene, gut aussehnende Kerl das Mädchen. Im wahren Leben bekam es derjenige der am brutalsten kämpfte. 

„Wenn nicht, werde ich so tief graben, bis ich etwas finde, was dich deine Marke kosten wird, dasselbe gilt für jeden weiteren Versuch dich ihr auf irgendeine Art zu nähern. Und nun sprich!", fuhr Ethan ihn so leise an, dass keiner etwas von seiner Drohung hören konnte. Michael bewies wieder einmal, dass nichts ihn erschüttern konnte. Sein Gesicht blieb unbewegt, aber er war nicht so blöd, sich weiter zu widersetzen.

„Sie hatte Probleme in der Schule, die ich am Anfang nicht verstand. Ich bin zwar hier in NewHollow groß geworden, lebe aber etwas außerhalb und die Gerüchte um ihre Familie sind mir erst später zu Ohren gekommen. Als sie auf die Highschool kam, war sie einfach nur ein hübsches Mädchen und ich habe mich mit ihr angefreundet."

„So ganz ohne Hintergedanken, natürlich", stieß Ethan sarkastisch aus.

„Mit weniger Hintergedanken, als Sie in diesem Moment auf jeden Fall! Ich war der Star des Footballteams und meine Freunde schrieben mein Interesse einer Laune zu, zumindest solange, bis ich versuchte, sie in meine Clique einzubinden. Ich wollte sie als meine Freundin."

Ethan verengte die Augen und konnte sich nur allzu gut vorstellen, wie geschmeichelt sich Selene hatte fühlen müssen, als der Star den Footballteams sich begann für sie zu interessieren. Dass Michael Hirsch der beliebte Junge aus dem Footballteam war, überraschte ihn allerdings noch weniger. Dieser Junge musste einfach jedes Klischee mitnehmen, das er kriegen konnte.

Ethan selbst war nie so hoch in der Highschool aufgestiegen. Er war zwar vom Trainer, aufgrund seiner Größe und seiner breiten Statur, angesprochen worden, war aber nie weiter als bis zu einem Probe-Training gekommen. Er war nie ein Teammensch gewesen und als ein Mitspieler ihm „aus Versehen" einen Ellenbogen ins Gesicht geschlagen hatte, hatte Ethan ihm nach dem Training „aus Versehen" beide Arme gebrochen. Einen Hitzkopf wie ihn, konnte niemand gebrauchen.

„Lass mich raten: Deine Freunde fanden das nicht so cool und dann hast du was getan?", hackte Ethan nach, weil Michael verstummte. Dieser Teil der Geschichte war ihm anscheinend wirklich peinlich.

„Ich habe mit ihr Schluss gemacht, bevor es wirklich ernst zwischen uns wurde."

„Und?", bohrte Ethan weiter. Wäre das alles, würde Selene ihn nicht so sehr hassen, sie hätte für seinen Rückzug sehr wahrscheinlich auch noch Verständnis aufgebracht – so war sie einfach.

„Und ich habe mitgemacht. Die folgenden drei Jahre habe ich nicht nur  nicht verhindert, dass sie gequält wurde, ich habe mitgemacht und ich bereue es jede Sekunde. Ich habe ihre Gefühle für mich benutzt, um ihr Streiche zu spielen, weil ich einfach ein Arschloch war und es tut mir Leid. Selene hat mich nie wieder an sich heran gelassen, selbst nach unseren Abschluss und auch nicht, als ich von der Polizeischule älter, klüger und wesentlich reumütiger zurückkam. Das eben am Flugplatz, war das erste Mal nach fünf Jahren, dass sie mehr als zwei Worte mit mir gewechselt hatte."

Ethan war sauer und erleichtert zu gleich. Sauer, weil Selene das Alles hatte durchmachen müssen und erleichtert, weil Michael Hirsch anscheinend so viel Scheiße mit Selene gebaut hatte, dass sie ihm nie vergeben würde.

„Gut.", meinte er nur und nahm den Fuß von dem Stuhl. Michael wirkte irritiert.

„Gut?", er schien immer noch ein Trottel zu sein.

„Ja, in der Tat. Gut, denn wenn sie dir nicht verzeiht, habe ich keinen Grund, dir dein Hirn aus dem Leib zu prügeln, was nicht bedeutet, dass ich es nicht doch irgendwann tun werde, wenn Sie nicht aufhören, ihr nachzustellen." Flüsterte er wieder sauer.

Michael blieb unbeeindruckt. Woher nahm der Kerl nur diese Selbstsicherheit?

„Sie vertragen wirklich keine Konkurrenz, hab ich recht?", wollte Michael wissen, doch da erhob sich Ethan schon und ging auf Derek zu, der mit finsterer Miene das Großraumbüro betrat. Hinter ihm ein alter, greiser Mann mit einem unfreundlichen Gesicht, aber einer stolzen Haltung, die an Arroganz grenzte. Das musste dann wohl Shawn Pee sein, der Sheriff, der nicht nur ein kleines Mädchen jahrelang gequält und traumatisiert hatte, sondern auch noch ein unfähiger Cop, der einen Mordfall katastrophal in den Sand gesetzt hatte.

 Das musste dann wohl Shawn Pee sein, der Sheriff, der nicht nur ein kleines Mädchen jahrelang gequält und traumatisiert hatte, sondern auch noch ein unfähiger Cop, der einen Mordfall katastrophal in den Sand gesetzt hatte

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