Volksfest

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"Noch einen Äppler bitte." Bestellt ich schon ziemlich angetrunken mein 4. Glas

"Süß oder Sauer gespritzt?", fragte die Bedienung wie gewohnt.

"Ich trink ihn immer noch pur." Lachte ich ihn an.

Okay, hier ist es verdammt voll und er war bestimmt schon wieder bei tausenden von Leuten, aber langsam sollte er wissen, wofür er mein ganzes Geld bekommt.

"Mit Alkohol kannst du dein Problem auch nicht lösen, das weißt du." Ermahnte mich Nina.

"Aber ich kann es vielleicht für den Moment vergessen und mich einfach amüsieren."

"Übertreibs bitte einfach nicht, okay?"

Nickend nahm ich einen Schluck und stellte das Glas wieder hin.

Ich glaub ich war echt die betrunkenste von uns allen, denoch konnte ich mich noch relativ gut auf das Deutschland Spiel konzentrieren.

Als Reus in der 48. Minute den Ausgleich schoss, sprangen wir vor Freude auf und stellten uns mit den anderen auf die Bierbank.

Zusammen tanzten wir vor Freude. Plötzlich verlor ich das Gleichgewicht und bereitete mich schon auf eine schmerzhafte Bekanntschaft mit dem Boden vor, doch es kam anders als erwartet: ich landete in zwei verdammt bequeme Arme eines wahnsinnig gutaussehenden Kerles.

"Herr Riiiiiiiichteeeeeeeeeer!! Danggeeschöön!" Bedankte ich mich bei meinem Sportlehrer und fiel ihm um den Hals nachdem er mich runtergelassen hatte.

"Louisa, wie viel hast du schon getrunken?" Fragte er mich besorgt.

"Zwei ein halb"

"Zwei ein halb was?"

"Zwei ein halb Liter Apfelwein. Puuuuur." Lallte ich ihm entgegen.

"Das was du da noch stehen hast ist dein letztes Glas Apfelwein für heute und dann trinkst du nur noch Wasser. Abgemacht?"

Ich nickte und musste dabei anfangen zu lächeln - ich fand es schon immer toll, dass er sich um mich sorgt.

"Lou, ich mein das wirklich ernst, warum gibst du dir denn gerade heute so die Kante?"

"Weil ich jemanden liebe, den ich eigentlich net lieben sollte." Beichtete ich ihm.

"Och Mensch, wenn was ist und dich irgendwas belastet, kannst du gerne mit mir sprechen - das weißt du doch."

Ich nickte nur.
Er hatte es mir damals schon angeboten, als ich in der Schule einfach einen Nervenzusammenbruch hatte. Mir war einfach alles zu viel mit den ganzen Klausuren und dann auch noch die Tatsache, dass ich mich in ihn verliebt hatte.
Darüber kann ich aber ja wohl nicht mit ihm reden.

"Also ich geh erst mal wieder zu meinen Freunden, wenn irgendwas ist - selbst wenn dir das Geld fürs Wasser ausgeht oder irgendwelche anderen banalen Dinge - komm einfach vorbei. Ich sitz gleich da vorne." Er deutete auf einen Tisch an dem 3 Männer und 4 Frauen Saßen. Die 4. War dann wohl seine Begleitung.

Ein trauriges "mhm" meinerseits und er ging.

Immer wieder erwischte ich mich dabei, wie ich zu ihm schaute und oft trafen sich unsere Blicke, weshalb ich meinen Kopf schnell wieder weg drehte.

Es ist natürlich nicht nur bei dem einen Glas geblieben und ich war nun komplett voll. Ich fand es einfach schrecklich ihn so glücklich mit anderen Frauen zusehen. Klar will ich nicht, dass er traurig ist, aber ich fände es einfach besser wenn ich jetzt bei ihm sitzen würde.

Wir tanzten mittlerweile wieder alle auf dem Bänken und irgendwann beschloss ich auf den Tisch zu steigen und dort weiter zutanzen. Langsam zog ich tanzend mein Oberteil über den Kopf und schmiss es irgendjemandem zu.

"MAN LOU, ES SOLLTE DOCH DEIN LETZTES GLAS SEIN!" schrie mich mein Lehrer verdammt sauer an.

"Du hast mir gar nichts zu sagen, du bist nicht mein Vater." Duzte ich ihn einfach in meinem Alkoholrausch.

"Ich weiß, aber ich kann doch nicht zusehen, wie du dich hier vor allen Leuten ausziehst und es morgen definitiv bereuen wirst!"

Er riss dem Typen mein T-Shirt aus der Hand und forderte mich es wieder anzuziehen.

Ich verschränkte die Arme und schüttelte den Kopf.

"Louisa Schreiber, du ziehst dich jetzt sofort wieder an! Ich will dich doch nur beschützen, bitte."

Nina und Marvin halfen ihm mich wieder anzuziehen, wofür ich im Nachhinein sehr dankbar bin.

Dann schnappte er mich und trug mich aus dem Bierzelt.

"Ich bring dich jetzt nachhause." Sagte er mir und lies mich herunter.

Abrupt blieb ich stehen:"Nein! Ich kann doch nicht so vor meine Eltern treten."

"Dann hättest du dir vorher überlegen sollen, wie viel du trinkst." Seine Stimme klang vorwurfsvoll und verdammt enttäuscht.

"Ja man ich wollte echt aufhören und dann hab ich dich da die ganze Zeit mit dieser einen Tussi gesehen und das war einfach schrecklich für mich. Ich hab mich so zugesoffen, weil ich mich in dich verliebt hab und meine Probleme vergessen wollte und unsere Begegnung hats schlimmer gemacht. MAN SCHEIßE!" schrie ich verzweifelt und schlug die Hände über dem Kopf zusammen.

"Hey, bin ich jetzt hier bei dir oder bei der anderen Tussi im Zelt?" Fragte er mich beruhigend.

"Hier." Stellte ich fest.

"Genau. Und jetzt nehm ich dich mit zu mir nachhause und morgen finden wir gemeinsam - nüchtern (!) - Eine Lösung für unser kleines Problemchen." Er betonte "nüchtern".

"Was gibtsen da zu klären, ich will mir keine Standpauke von dir anhören."

Oh Gott, selbst wenn ich schon drüber nachdenke: Mimimi, ich bin dein Lehrer, ich hab eine Freundin und selbst wenn nicht, hab ich keine Interesse an dir. Und außerdem wäre es verboten, mimimimi...

"Ich halte dir keine Standpauke. Ich würde gerne einfach noch weiterhin als Lehrer arbeiten und eine Beziehung mit dir führen - das geht aber nicht wenn ich dich unterrichte."

Ich schaute ihn komplett verwirrt an, was ihn zum Schmunzeln brachte.

Erst als er seine Lippen auf meine legte verstand ich, dass er mir gerade auch seine Liebe gestanden hatte.

Kurzgeschichten: Lehrer, SchülerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt