Kurzgeschichten: Lehrer, Schüler

Die, die immer lacht - adidaslouie

Ich seufzte, als es schon klingelte. "Lernt das bis morgen, ja? Ich frag das ab."

Die Schüler waren schneller aus dem Klassenzimmer draußen, als ich meine Sachen zusammen packte.

"Herr Millas?"

Ich sah auf. Lea stand vor mir und hielt mir ihre Ex entgegen. "Ich hab noch die Ex."

Ich nickte und nahm sie lächelnd entgegen. "Danke, dann geb ich sie nachher gleich ab. Viel Spaß bei Mathe heute noch."

Sie nickte, deutete ein Lächeln an und ging dann nach draußen. Ich sah ihr nachdenklich hinterher. Irgendwas war doch mit ihr. Sie sah so entschlossen aus, so...unendlich erleichtert und als ob sie es endlich geschafft hätte. Aber was geschafft?

Normalerweise lachte sie viel und redete oft viel zu viel mit Jacqueline und Nina. Heute war es das komplette Gegenteil gewesen.

Ich schüttelte den Kopf, nahm meine Tasche und verließ das Klassenzimmer.

"Hey Clemens", sagte jemand neben mir. Oh, meine Kollegin. Mee Yun.

"Hallo", meinte ich abweisend. Ich musste unbedingt mit Lea reden, das könnte doch nicht sein. "Ich hab heute nicht viel Zeit, ich muss gleich weiter. Also, wenn du mich bitte durchlassen würdest?"

"Hast du heute Mittag Zeit?", fragte sie. Ich seufzte.

"Nein, ich fahre zu meiner Mutter."

"Schade."

"Vielleicht ein andermal." In hundert Jahren oder so.

Besser tausend. Wer weiß wie alt die Chinesen werden können.

Mist, der Gang war schon fast leer. Lea war bestimmt schon weg.

---

Abends schlenderte ich nach Hause. Ich war im Kino gewesen, alleine, zwischen knutschenden Pärchen.

Geil, so als Single.

Ich stutzte, als ich einer Brücke näher kam. Dort stand jemand. Am Geländer.

Ich begann zu rennen, vielleicht konnte ich noch helfen.

Ich erkannte lange Haare, die im Wind wehten. Oh nein. Egal wer diese Frau oder Mädchen ist, sie darf nicht springen. Die Autos unter uns sahen sie nicht mal.

"Hey...hey!"

Erschrocken drehte sie sich um. Mir wurde speiübel.

"Lea!", rief ich entsetzt und schloss die Augen.

"Kommen Sie nicht näher, Herr Millas! Ich warne Sie, ich werde springen!

"Bitte nicht", flehte ich. "Warum tust du das denn?"

Sie lachte auf- freudlos, nicht herzlich wie sonst.

"Warum? Weil keiner mich versteht. Keiner weiß wie es ist ein Elternteil zu haben, das betrügt und trinkt. Keiner weiß wie es ist immer fröhlich sein zu müssen und zuhause hart zu arbeiten. Nicht mal Sie! Ihnen wurde wahrscheinlich alles in den Arsch getragen und nichts mussten Sie dafür tun!"

Ich schwieg. Sie hatte Recht. "Aber das ist doch kein Grund sich umzubringen!"

"Ah ja? Und wenn man absolut und total verliebt in seinen Lehrer ist, ist das etwa auch kein Grund?", schrie Lea. Ich hörte das Blut in meinen Adern rauschen und mein Herz pochte. Sie war in mich verliebt?! In einen Mann, der 14 Jahre älter war?

"Tut mir Leid", weinte sie. "Ich kann doch nichts für meine Gefühle."

"Ich weiß. Ich... meine Gefühle für dich sind eigentlich auch nicht erlaubt ", rief ich, in der Hoffnung dass sie wieder zu mir kam.

"Sie lügen!"

"Nein. Bitte. Ich kann es dir beweisen!"

"Ach ja? "

"Wirklich. Bitte. Komm her und wenn du mir danach immer noch nicht glaubst dann kannst du dich immer noch entscheiden."

Sie drehte sich zu mir, die Hände fest am Geländer.

"Versprochen?"

"Versprochen", wisperte ich. Sie nickte und stieg dann über das Geländer. Ich seufzte erleichtert und rannte die letzten Meter zu ihr.

Ich fasste Lea an den Schultern und küsste sie. Endlich.

Ihre Lippen waren so weich wie Federn und sie erwiderte den Kuss nur zögernd.

"Bitte", flüsterte ich als wir uns lösten. "Es tut mir so leid. Ich...ich hätte es dir früher sagen sollen. Aber was...du hättest mich anzeigen können oder zur schulleitung gehen können oder ich wäre ins Gefängnis..."

Sie unterbrach mich, indem Sie eine Hand auf meinen Mund legte. "Sei endlich leise."

Ich sah sie an und küsste sie nochmal.

"Es tut mir leid. Verzeihst du mir?"

Lea sah mich aus ihren braunen Augen an. "Ja. Hab ich schon längst."

"Kannst du mir einen Gefallen tun?"

Sie nickte. "Was denn?"

"Sei wieder die, die immer lacht, ja?"

Lea lächelte und wir gingen Hand in Hand zu mir.

Mal wieder ein Oneshot von zouissyndrom danke dafür ♡

Übrigens hab ich den zweiten Teil von "50. Jahr Feier" geschrieben, veröffentliche ihn aber erst am samstags oder so