Kurzgeschichten: Lehrer, Schüler

Kunst

Fuck, ich hab gleich Kunst. Ich mag Kunst und finde meinen Lehrer auch echt toll - vermutlich zu toll, weshalb ich mich jetzt auch nicht sonderlich drauf freue.

Und die Tatsache, dass ich künstlerisch überhaupt nicht begabt bin, macht es mir gerade echt nicht leichter.

Aber finde ich ihn wirklich so toll? Ich meine, er ist 24 Jahre älter, das ist doch nicht normal...

Oh maaaaan... er ist immer so nett zu mir und ich kann mir ein Lächeln bei ihm auch einfach nicht verkneifen, wenn wir uns anschauen.

Letztens hat er sogar irgendwann gesagt, dass ich immer so viel lächle. Darauf hin hab ich ihn gefragt, ob ich es denn nicht machen darf und er meinte bloß: 'doch klar, ich darf es nur nicht immer auf mich beziehen.'

Ständig frag ich mich was er damit meint. Er geht mir einfach nicht aus dem Kopf.

Oder als ich in der letzten Stunde aus Spaß meinte, warum ich denn nicht Musik gewählt habe, weil ich mal wieder voll an meinem "Kunstwerk" verzweifelt bin. Da hat er richtig komisch reagiert, als ob es ihn verletzt hätte. Er meinte, dass ich in Musik doch völlig fehl am Platz wäre und hier schon gut aufgehoben bin.

Warum hat er so reagiert? - das frag ich mich auch ständig...

*Ding - dang - dong*

AAAAAHHHHH!!!

Ich betrat den Kunstraum ohne einen Blick nach vorne zu ihm zuwenden.

"Also, ich habe noch mal über euren Wunsch, etwas aus Ton zu machen, nach gedacht und hätte jetzt 2 Möglichkeiten für euch. Erstens könnt ihr eine Figur bei irgendeiner Sportart machen oder zweitens eine Figur, bei welcher ihr die emotionen durch die Körperhaltung ausdrücken müsst."

Na toll, als ich vorgeschlagen hab, mit Ton zu arbeiten hab ich nicht gemeint Figuren daraus zu erschaffen.

Sowas kann ich einfach nicht...

Zuerst sollten wir uns Gedanken darüber machen, wie unsere Figur aussehen sollte und diese Gedanken auf ein Blatt Papier bringen.

Er ging durch die Reihen und schaute sich von jedem die Ideen an.

Ich sah, wie jemand vor mir stehen blieb und mein Blick wanderte langsam von meinem Blatt zu dessen Gesicht.

Und oh Wunder, es war niemand anderes als Herr Hutter.

"Hast du heute dein Strahlen verloren?"

Ich zuckte nur mit den Schultern.

"Und, du machst Emotionen?"

Dieses mal nickte ich.

"Soll es die verzweiflung darstellen, die du immer im Kunstunterricht hast?"

"Ja, richtig."

Meine Mundwinkel gingen etwas nach oben und ihm huschte auch ein Lächeln über die Lippen.

Schnell schaute ich wieder weg und widmete mich meinen Entwürfen.

So langsam lockerte sich meine Stimmung weil ich ziemlich viel scheiße mit meiner Banknachbarin machte.

"Darf ich kurz nach draußen an die Fische Luft."

"Nee, bleib ma da, ich hab doch gerade die Tür auf gemacht und des wird schon reichen."

"Aber ich muss doch nach draußen und Inspiration sammeln."

"Ich war gerade draußen - da gibts nichts inspirierendes"

Genervt verdrehte ich die Augen: " ich möchte doch einfach nur kurz raus hier in den Hinterhof."

"Ja okay, ich geb dir eine Minute Zeit." Gab er sich nach unserer Diskusion geschlagen.

Mit einem 'Dankeschön' welches an ihn gerichtet war, meinem Blatt und einem Stift verließ ich den Kunstraum und ging ums Eck in den Hinterhof.

Dort setzte ich mich auf die Treppe und lehnte mich an der Wand an.

Ich nahm die Position ein, die ich auch später für meine Figur verwenden möchte.

Nun saß ich da, verzweifelt und vergaß die Zeit.

Anstatt etwas auf mein Blatt zu bringen vergrub ich mein Gesicht in meinen Händen.

"Lena?" Ertönte Herr Hutters stimme, welche ich aber irgendwie nicht wirklich wahrnahm.

"Oh Gott! Ist alles gut?" Fragte er besorgt.

Meinerseits kam noch immer keine Reaktion, bis er seine Hand auf meine Schulter legte.

Ich erschrak und an der Stelle, an welcher er mich berührte, fing es an zu glühen.

"Ist alles okay?"

Ich nickte wieder nur.

"Es ist nicht nur Kunst, was zu deiner Verzweiflung führt, oder?"

Ich schaute ihn einfach nur an.

"Ist das auch der Grund dafür, dass du heute nicht strahlst wie sonst?"

"Ja, Sie sind der Grund." Platze es aus mir raus.

Fuck, fuck, fuck...

"Also, äh... die Themen, die Sie raussuchen... mit denen komm ich nicht so klar." Versuchte ich mich raus zureden, jedoch vermutlich vergeblich, denn er grinste.

Und wie er grinste... ich glaub ich hab ihn noch nie so übertrieben glücklich gesehen.

Er hielt mir seine Hand hin um mir hoch zuhelfen. Unsicher griff ich nach ihr.

Nun stand ich direkt vor ihm, nur wenige Zentimeter trennten uns.

"Meine Themen also?" Lächelte er verschmitzt.

Ich bewegte meinen Kopf aus unerklärlichen Gründen nach links und rechts, anstatt nach oben und unten, dabei ließ ich seine Lippen nicht aus den Augen.

"Was ist es dann?"

"Sie gehen mir einfach nicht mehr aus dem Kopf."

Sein Grinsen wurden immer breiter und der Abstand zwischen uns immer geringer.

Vorsichtig nahm er mit beiden Händen mein Gesicht und legte seine Lippen endlich auf meine.

Perplex stand ich da und ließ es über mich geschehen, doch als ich mich wieder gefasst hatte, unterbrach ich den Kuss geschockt.

Ich konnte nicht fassen, was ich gerade getan habe.

"Sie... Sie sind mein Lehrer und... und 24 Jahre älter als ich..." Verzweifelt schlug ich die Hände über dem Kopf zusammen.

"Hey, ganz ruhig Lena, das Alter ist nur eine Zahl und das ich dein Lehrer bin, werden wir auch schon irgendwie hinbekommen - also vorausgesetzt du willst?"

"Nein ich... ja also... doch klar will ich!"

"Also..." er kam näher "darf ich?"

Ich nickte eifrig und er küsste mich noch einmal, dieses mal erwiederte ich.

Es ist jedes mal so, dass sich die Geschichte in meinen Gedanken besser anhört als die, die ich aufs Blatt bringe. Sorry dafür haha :)

Eure Meinungen zu der Geschichte würden mich mal gerne interessieren :)