18.

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Die Monate vergingen und irgendwann realisierte ich, dass der Sommer bereits vor der Tür stand. Diese letzten Wochen halfen mir endlich mit dem Tod meiner Mutter umzugehen. Sobald ich meinen High School Abschluss hatte, hatte ich sehr viel Zeit für mich um über viele Dinge nachzudenken. Und irgendwann in diesen Wochen fand ich diesen Frieden in mir. Aus irgendeinem Grund wollte Etwas in mir nicht mit meiner alten Last in den neuen Sommer. Dieses Jahr wollte ich den Sommer als ein Neuanfang sehen.

In den Monaten bevor dem Sommer sind einige Dinge passiert. Mein Dad und ich haben viel mehr Zeit als sonst verbracht. Zu Thanksgiving sind wir von der Insel weg und haben meine Großeltern in Boston besucht und zu Weihnachten fuhren wir nach Vermont und genossen einige Tage mit meiner Tante und ihrer Familie.

John und ich machten unsere Beziehung im Oktober offiziell. Zu Neujahr sagte er das erste Mal die drei magischen Worte. Damals konnte ich ihm diese noch nicht sagen und er akzeptierte es - John wollte mich zu Nichts drängen. Die drei Worte verließen auch kurz vor den Sommermonaten nicht meine Lippen.

Vielleicht war ich noch nicht bereit dazu und vielleicht würde ich mich dann vollkommen öffnen und vielleicht konnte ich es nicht sagen, weil ich noch manchmal an jemand Anderen dachte.

An jenem Abend, als ich ihn weinend am Strand zurückließ, spürte ich einen enormen Schmerz in mir. Ich konnte mir damals nicht erklären wieso er so riesengroß war. Doch heute konnte ich es, heute wusste ich die Erklärung.

Ethan Lewis und ich sprachen wie so oft Nichts miteinander. Vielleicht wollte ich ihn vergessen und mich erst im Sommer um die Situation zwischen uns kümmern. Und vielleicht hatte ich einfach Angst davor mit ihm zu reden. Angst davor, dass ich wieder weinend vor ihm stehe und ihm meine verletzende Seite zeige.

Das erste Mal in meinem Leben betete ich dafür, dass er in diesem Jahr nicht auftauchte. Als der damalige 20-jährige jedoch auftauchte, nahm ich mir fest vor in diesem Sommer mich auf John zu konzentrieren. Immerhin machte er sich gegen Ende August auf den Weg nach Maryland um dort zu studieren.

Ich meldete mich an keiner Schule an. Als meine ganzen Freunde durch die Anmeldungsprozesse gingen, saß ich nebenbei und wünschte mir in ihrer Haut zu stecken. Denn endlich war ich glücklich mit den Leuten um mich herum - endlich fand ich den Frieden in mir. Demnächst werden die Leute, die dafür sorgten, diese Insel verlassen und zurück blieb wieder einmal ich. Einige Male versuchte ich dieses Thema bei meinem Vater anzusprechen. Doch jedes Mal blockte er ab, erwähnte den Wunsch meiner Mutter oder war im stress.

Natürlich wollte ich den Wunsch meiner Mutter erfüllen und die Eisdiele sowie das Restaurant behalten. Doch irgendetwas in mir fing an über ein anderes Leben zu denken. 18 Jahre lang gab es nur die Insel, meine Familie und mich. Irgendwann in diesem Jahr habe ich entdeckt, dass ich viel mehr sehen und so viel mehr erreichen wollte. Jedoch hatte ich Angst - Angst davor meinen Vater hier alleine zu lassen, meine Mutter zu enttäuschen und Angst vor der großen Welt.

In diesem Sommer war Ethan Lewis bereits gegen Mitte Juni auf Nantucket. Die ersten Tage lief ich ihm nicht über den Weg, da ich die meiste Zeit mit John oder Ruth verbrachte. An einem wunderschönem Juniabend machte ich mich auf den Weg nachhause nach meiner Schicht im Restaurant. Bevor ich jedoch zu meinem Vater und Clancy fuhr, machte ich einen kleinen Stop in der Eisdiele. Um zu sehen wie die neuen Mitarbeiterinnen sich heute schlugen. Nachdem ich ihnen noch einige weiteren Frage beantwortete, holte ich noch meine Bestellung von einem chinesischen Restaurant ab und machte mich auf den Weg nachhause.

Mit meinem Vater saß ich auf der Veranda und aß mit ihm. Wir unterhielten uns über unseren Tag und Dad erzählte mir, dass seine Familie tatsächlich in diesem Sommer für zwei Wochen bei uns verbringen werden. Er nahm sich sogar extra Urlaub.

Seit dem Tod meiner Mutter veränderte sich mein Vater um Einiges. Er verbrachte so viel mehr Zeit mit mir und war stets im Kontakt mit seinen Geschwistern. Irgendwie denke ich, dass ihm er Tod meiner Mutter die Augen öffnete.

Nachdem Abendessen realisierte ich, dass ich mein Handy im Restaurant vergaß. Worauf ich mich danach auf den Weg zurück zum Harbor machte.

Während ich dann lachend aus dem Restaurant mit John am Telefon ging, erkannte ich jemanden direkt gegenüber von mir am Pier stehen. Ethan Lewis beobachtete die Sterne während er Musik hörte. Oben ohne und in seinen Shorts stand er nun von mir. So lange dachte ich darüber nach wie ich wohl fühlen werde, wenn ich ihn wieder sah und nie dachte ich es würde so sein.

In mir spürte ich wie sich mein Herz zusammenzog während meine Hand leicht zitterte. Meine Knie wurde in der nächsten Sekunde weich - ich verfluchte mich, dass ich dieses Thema so lange vor mich hin schob, denn nun hatte ich das Dilemma. Im Sommer, als ich 17 war, hat mir Ethan wohl offensichtlich gezeigt, dass er mich sehr mochte. Er stand weinend vor mir und flehte mich an bei ihm zu bleiben. Im Sommer, als ich 17 war, realisierte ich auch, dass ich Gefühle für ihn hatte. Denn der Schmerz, den ich damals spürte, kannte ich so gar nicht. Sogar ein Jahr später tat es noch weh.

Ich verabschiedete mich von John und blieb nach wie vor angewurzelt stehen und starrte Ethan Lewis an. Im nächsten Moment drehte er sich um und war bereit seine Jogging-Runde fortzusetzen. Doch irgendetwas zog ihn in meine Richtung zu sehen. Als sich unsere Blick das erste Mal nach einem Jahr trafen, schnappte ich tief nach Luft während die Welt um mich herum stoppte.

In dem Moment wusste ich nicht wie ich reagieren sollte. Soll ich ihm in die Arme fallen und ihn umarmen? Ihm einfach zuwinken, anlächeln oder einfach weitergehen? Die Sekunden, die wir uns anstarrten, kamen mir vor wie Stunden und es fühlte sich so an, als würden Beide nicht wissen wie sie mit dieser Situation umgehen sollten.

In dieser Sekunde fühlte es sich so an als würden wir Beide an jener Nacht denken, als er betrunken und weinend vor mir stand. An diese eine Nacht.

Aus irgendeinem Grund erwartete ich, dass er einfach weiterging und mich ignorierte. Doch ich hatte es mit Ethan Lewis zu tun. Er überraschte mich immer und immer wieder.

An jenem Juniabend nahm Ethan Lewis seine Kopfhörer aus seinen Ohren, lächelte mich breit an und sagte meinen Namen: "Katelyn."

Der Sommer gehört unsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt