Die nächsten Tage verbrachte ich nach der Arbeit mit Ethan. Wir fuhren zu anderen Stränden auf der Insel oder gingen ins Kino. Manchmal saßen wir auch bloß nur da und philosophierten über das Leben. In diesen Tagen fühlte es sich so an als wäre ich wieder sechs und Ethan acht.
An manchen Tagen sah ich sogar Carisa, Ethans Mutter, und Sebastian - ihren neuen Freund. Sie erzählte mir wie toll sie es fand, dass Ethan und ich wieder mehr Zeit miteinander verbrachten und ich jederzeit willkommen war.
Als John jedoch wieder zurück war, machte ich mich bereit auf dieses eine Gespräch. John bemerkte über die letzten Tage, dass irgendetwas nicht in Ordnung war. Nachdem ich die Eisdiele schloss, machte ich mich auf den Weg zu Ruth - die ebenfalls wieder aus ihrem Urlaub zurück war.
"Alles okay bei dir?", stellte sie mir etwas besorgt die Frage. Seitdem Tod meiner Mutter machte sie sich umso mehr Sorgen um mich. Dass ich ihr die damalige Krankheit meiner Mutter verschwieg, nahm sie mir ziemlich böse am Anfang. Doch während dem Begräbnis meiner Mom war Ruth da für mich. Sie wich mir nicht von der Seite und das schätzte ich bis heute.
Ich sah ihr in die Augen und dachte darüber nach ob ich ihr von meinen Gefühlen gegenüber Ethan erzählen sollte oder nicht - da sie auch mit John sehr gut befreundet war. Doch irgendetwas in mir sagte mir, dass ich mit irgendjemand darüber reden musste. Weswegen ich anfing ihr die ganze Geschichte von Ethan und mir zu erzählen. Ich ließ kein Detail aus.
Ruth schien gar nicht überrascht zu sein, weswegen ich sie etwas irritiert ansah. "Findest du nicht, dass ich sehr unfair gegenüber John bin?", fragte ich vorsichtig.
"Oh ja das schon Kat", meinte sie und stellte ihr Ice Latte auf die Seite. "Doch, dass du Etwas für Ethan übrig hast, überrascht mich nicht wirklich. Ich habe das schon so oft in deinen Augen gesehen, wenn er bloß nur an uns vorbeigegangen ist. Auf der Party letztes Jahr, wie du ihn angesehen hast - ich wusste, dass du ihn sehr gerne hast. Ich wollte nur, dass du es selber realisierst ohne, dass ich es dir sagen muss", lächelte sie mich an und sprach dann weiter: "Ich finde nur, dass du John es sobald wie möglich sagen musst. Sei ehrlich zu ihm, er verdient es, weißt du?"
"Ich werde ihm so das Herz brechen Ruth", sah ich traurig auf meine Hände und atmete tief durch. "Er hat mir so oft gesagt, wie sehr er mich liebt und jetzt? Jetzt werde ich ihm sagen, wieso ich es nie zurück sagen konnte."
"Katelyn, du kannst gar nichts für deine Gefühle und das weißt du. Es ist besser, wenn du ihm jetzt das Herz brichst bevor er sich unsterblich in die verliebt", griff sie nach meiner Hand.
"Du hast Recht", atmete ich tief aus und sah dann hoch zu ihr. "Ich danke Dir. Einfach dafür, dass du mich verstehst."
"Kat, ich bin immer für dich da. Auch, wenn ich mit John befreundet bin, bist du und warst auch immer meine beste Freundin. Ich weiß, dass er sehr verletzt sein wird, doch schließlich wird er es verstehen. Immerhin zieht er auch weg in einigen Wochen - vielleicht sind getrennte Wege doch besser?"
Nachdem ich Ruth nachhause fuhr, machte ich mich auf den Weg zu John. Je näher ich seinem Haus kam, desto größer wurde die Nervosität in mir. Auch, wenn ich wusste, dass es die beste Entscheidung war, spürte ich einen Schmerz in mir. Immerhin war John mein erster Freund - mit ihm teilte ich einfach so viele erste Mal und Erinnerungen. Heute noch schmerzte diese Entscheidung auch, wenn es die beste war.
"Ich dachte wir sehen uns Morgen", lächelte er mich an als er die Tür öffnete und schenkte mir einen kurzen Kuss auf die Lippen. Als ich ihn diesen nicht erwiderte, wusste er, dass Etwas faul war. Heute zurückgesehen denke ich, dass John es schon immer wusste. Irgendwo in ihm drinnen war ihm schon damals klar was ich für Ethan Lewis empfand. "Alles okay?", fragte er vorsichtig nachdem er mich in sein Zimmer führte.
Ich atmete tief durch und schloss meine Augen. In diesen Sekunden sammelte ich meine ganze Kraft zusammen. Tränen spürte ich über meine Wangen fließen. "Wir müssen reden", flüsterte ich leise.
Doch John hörte mich und er wusste was auf uns in diesem Moment zukam. Er entschied es jedoch zu ignorieren. "Kat, was ist passiert?", fragte John stattdessen und setzte sich neben mich hin. Er legte seine Hand um meine Schulter - ich spürte seinen Blick auf mir ruhen. "Kat ... rede", schluckte er stark als er mehr Tränen auf meinen Wangen sah.
"Es tut mir so leid", flüsterte ich mit einer heiseren Stimme. "Es tut mir so irrsinnig leid John", sah ich zu ihm. Seine Augen füllten sich mit Wasser. "Als du nicht hier warst, habe ich Etwas realisiert und ich weiß, dass es seit einer Weile in mir ist."
John schüttelte weinend seine Augen und nahm seine Hand von meiner Schulter.
Bevor er jedoch Etwas sagen konnte, meinte ich: "Bitte lass mich alles erklären." Meine Augen schloss ich und fing an ihm von Alles zu erzählen. Jeden einzelnen Moment, den ich mit Ethan verbrachte und wie ich mich in seiner Gegenwart fühlte. Dass seit dem Sommer, als ich sechs war, sich Alles in meinem Leben irgendwie um ihn drehte. Ich erzählte ihm von dem Sommer, als ich 15 war und ich es das erste Mal spürte und es seit jenem Sommer nie verschwand. Weiters erzählte ich ihm von dieser konstanten Einsamkeit, die ich Jahre lang verspürte und sie nur in seiner Gegenwart nicht in mir war. "Es tut mir so leid, dass ich dich nicht lieben kann - ich wünschte ich könnte es. Du verdienst eine Person, die dich so liebt wie du sie liebst. Und es tut mir so leid, dass ich nicht die Person bin. Es tut mir so leid John. Es tut mir so so so leid", weinte ich vor mich hin. "Ich wollte dir nie das Herz brechen."
"Hast du aber", antwortete John mit diesen Worten. Meine Augen riss ich auf und sah in seine. Und da konnte ich es das erste Mal sehen, den Schmerz und Hass, den er in diesem Moment mir gegenüber verspürte. Die Person, die vor mir war, erkannte ich nicht wieder. Vor wenigen Minuten sah er mich noch mit diesen verliebten Augen an und in diesem Moment sahen sie mich hasserfüllt an. Das war der Abend, an dem ich meine erste Beziehung für Ethan Lewis beendete. Nach diesem Abend verschwand John für zwei Jahre aus meinem Leben.
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Der Sommer gehört uns
Short StoryNach acht Jahren kam Ethan wieder zurück in Katelyns Leben. Jeden einzelnen Sommer danach rannten sie sich über den Weg. Eine Geschichte, zwei Freunde und der Sommer, der jedes Jahr ihnen gehörte. - dansxwritings Juni 2018