Die ersten Tage nach meiner Trennung verkroch ich mich in mein Zimmer. Auch, wenn ich diejenige war, die es beendete, brauchte ich etwas Zeit für mich. Ich schmollte vor mich hin. Fast jeden Tag kam Ruth vorbei und gab mir Gesellschaft. In den Tagen nach meiner Trennung von John weinte ich nicht wirklich.
In den Tagen, die ich zuhause verbrachte, kam Ethan Lewis nicht einmal um nach mir zu sehen. Einige Male war ich kurz davor ihn anzurufen und ihm zu sagen, dass mit John Schluss war, doch irgendetwas hielt mich davon ab. Aus irgendwelchen Gründen war ich ein Wenig verletzt, dass Ethan sich nicht einmal bei mir meldete obwohl wir die Tage davor jeden Tag miteinander verbrachten.
Irgendwann, als ich mich wieder nach draußen begab, wusste ich wieso Ethan sich nicht bei mir meldete. Seine Freunde aus Connecticut waren zu Besuch. Ich hörte wie sie an manchen Tagen laut auf seiner Veranda lachte und sprachen, während sie Bier nach Bier tranken. Neben drei männlichen Freunden, waren auch zwei weibliche Freundinnen anwesend.
Ich entschied mich nicht das Gespräch aufzusuchen - es war einfach nicht die richtige Zeit dafür. Während ich wie gewohnt meinen Tätigkeiten im Haus, im Restaurant und in der Eisdiele nachging, fühlte ich die Einsamkeit erwachen. Doch anders, als vor einigen Jahren, wollte ich Etwas dagegen tuen. Immerhin sollte der Sommer, als ich 18 war, anders sein.
Nach meiner Arbeit rief ich meistens Ruth und Hannah an um mit ihnen Zeit zu verbringen. An den meisten Tagen waren wir bei mir, da mein Dad kaum zuhause war und wir somit alleine waren. Zusammen sahen wir uns Filme an, verbrachten Zeit auf der Veranda und auf dem anliegenden Strand.
An einem Abend nach meiner Arbeit ging ich eine kleine Runde mit Clancy. Damals wollte ich es nicht einsehen, doch tief in meinem Inneren wusste, dass Clancy nicht mehr lange bei mir bleiben wird. Er schlief viel mehr als sonst und war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr so aktiv wie er einmal war. Mein geliebter Hund war immerhin schon fast dreizehn Jahre alt. Aus diesem Grund gingen wir nicht mehr unsere gewohnten, großen Runden. Sondern bloß nur eine kleine Rund um unsere Nachbarschaft.
Bevor ich jedoch in das Haus ging, sah ich wie Ethan Lewis in seine Einfahrt fuhr. Aus seinem Auto sprang dann eines der Mädchen lachend und hielt eine große Tüte in ihren Händen. Sie schenkte mir ein Lächeln und verschwand dann im Haus, während Ethan die letzten Sachen von der Rückbank schnappte.
In diesem Moment spürte ich wie mein Herz wie verrückt schlug. Denn in diesem Moment war ich ihm endlich wieder bloß nur einige Meter von ihm entfernt. Und doch auf einer anderen Seite fühlte sich jeder Zentimeter viel zu viel an. Am liebsten wollte ich ihn für mich alleine haben und mit ihm meine Zeit genießen, da ich nicht wirklich mehr viel von ihm hatte. In diesem Moment fühlte ich mich so egoistisch und hasste seine Freunde dafür, dass sie hier waren und doch mochte ich es ihn lachen zu sehen. Er war unendlich glücklich, dass seine Freunde hier waren - ich sah es ihm von dieser Entfernung an. Doch es tat irgendwie in diesem Moment weh. Zu wissen, dass er mich für sich ein Wenig in den Hintergrund stellte.
Irgendwann sah er mich und bemerkte, dass ich ihn anstarrte. Sofort sprang er aus seinem Auto und lächelte mich an. "Oh Katelyn", rief er und kam auf mich zu. Mein Herz raste wie verrückt. Am liebsten wollte ich ihm in die Arme springen und ihm erzählen, dass ich nicht mehr mit John zusammen war und ich bereit war. Bereit für was auch immer. "Ich habe dich schon eine Weile nicht mehr gesehen wie-"
"Hey Ethan, die Jungs brauchen deine Hilfe beim BBQ!", rief plötzlich das eine Mädchen. Sofort wanderten unsere Blicke zur Haustür - mit ihren perfekten braunen Haaren und großen Augen stand sie da. Ihr Top rutschte etwas hoch, worauf man ihren perfekt trainierten Bauch sah. Das Mädchen lächelte Ethan von weiten an während er sie von dieser Entfernung musterte. Und in diesem Moment wurde mir Etwas klar. Sofort sah ich zu Ethan und sah dieses eine Lächeln. Das Lächeln, welches er auch Ava immer gab.
In diesem Moment schluckte ich stark und versuchte nicht zu viel in dieses Lächeln hineinzuinterpretieren. "Ich bin gleich bei euch", lächelte Ethan das Mädchen an, worauf sie ihm ein noch breiteres Lächeln schenkte und langsam rückwärts zurück im Haus verschwand. Er atmete tief durch und sah dann zu mir. "Tut mir leid", kratze er sich in diesem Moment am Hinterkopf. Ich nickte leicht und versuchte die Szenen aus meinem Kopf zu löschen. Doch es gelang mir nicht. Aus irgendeinem Grund fielen mir so viele Gründe ein wieso Ethan Lewis und ich nicht zusammenpassten. Dass die Gefühle, die ich verspürte, lächerlich waren.
Nach einer viel zu langen Pause meinte er plötzlich. "Hey wir machen ein BBQ, wenn du möchtest, kannst du gerne vorbeikommen und meine Freunde kennenlernen." Erneut kratze er sich an seinem Kopf und sah zwischen meinen Augen hin und her.
"Uhm", schluckte ich den Kloß in meinem Hals hinunter und schüttelte dann meinen Kopf. Ich zwang mir ein leichtes Lächeln auf und sagte: "Ich habe schon Pläne, aber vielen Dank für die Einladung", log ich schließlich. Ich hätte mich Fehl am Platz gefühlt und ich besaß damals das Gefühl, als hätte Ethan die Einladung bloß nur gemacht, weil zwischen uns eine peinliche Stille herrschte. "Wie auch immer - man sieht sich", drehte ich mich schließlich um und wartete darauf, dass er meinen Namen sagte.
Doch er tat es nicht. Ethan ging ebenfalls zurück in sein Haus.
Zuhause verfluchte ich mich und meine dummen Gefühle. Ich schrie in meinen Polster und schlug immer und immer wieder gegen meine Wand. Wieso ließ ich es überhaupt zu? Wieso ließ ich diese Gefühle zu? Sah ich denn selber nicht, dass ich absolut keine Chancen bei ihm hatte? Damals fragte ich mich wie ich bloß nur so naiv sein konnte.
Einige Tage später sah ich Etwas, was ich nie sehen wollte. Ich verbrachte mit Clancy ruhige Stunden am Strand und beobachtete den Sonnenuntergang mit ihm. Als ich mich umdrehte, um zurück in mein Haus zu gehen, sah ich Ethan und das Mädchen von vor einigen Tagen küssen.
Er küsste sie.
In diesem Moment wurde die Wut in mir viel größer. Nicht nur auf ihn sondern auch auf mich - wie konnte ich denken, dass er jemanden wie mich einem Mädchen wie ihr bevorzugen würde? In seinen Augen war ich wahrscheinlich noch immer dieses kleine 14-jährige Mädchen, die schüchtern hinter der Theke in der Eisdiele stand.
Ich wusste nicht, dass es Möglich war. Doch mein Herz brach in kürzester Zeit zwei Mal. Beinahe zwölf Jahre später war ich erneut enttäuscht worden von Ethan. Heute zurückgesehen, wusste ich nicht ob ich ihm tatsächlich die Schuld geben konnte. Klar vor wenigen Wochen saßen wir noch zusammen auf seiner Veranda, während ich sein Herz wie wild unter meinem Ohr spüren konnte. Doch heute - zwei Jahre nach diesem Vorfall - sah ich, dass er eigentlich Nichts falsch in diesem Moment machte. Ich habe ihm nie über meine Gefühle erzählt. Während er mir ständig klarmachte wie er fühlte.
Doch mein 18-jähriges Ich ignorierte alles und sah bloß nur ihn ein anderes Mädchen küssen. Damals dachte ich, ich wüsste wie es war einen Schmerz in meinem Herzen zu spüren. Doch auch zu diesem Zeitpunkt wusste ich nicht, was in diesem Sommer noch auf mich zu kam.
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Der Sommer gehört uns
Short StoryNach acht Jahren kam Ethan wieder zurück in Katelyns Leben. Jeden einzelnen Sommer danach rannten sie sich über den Weg. Eine Geschichte, zwei Freunde und der Sommer, der jedes Jahr ihnen gehörte. - dansxwritings Juni 2018