EPILOG

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                  Nach meinen letzten Prüfungen stand auch endlich der Sommer für mich vor der Tür. In diesem Sommer nahm ich mir fest vor das erste Mal nicht zu arbeiten - jedenfalls nicht jeden Tag. Denn mit 30 Jahren wollte ich den Sommer tatsächlich genießen. Als Kind hatte ich nie die Chancen meinen Sommer so zu verbringen, wie meine Freunde. Später arbeitete ich in der Eisdiele und irgendwann übernahm ich das Restaurant. Doch in diesem Jahr sah meine Welt anders aus.

                "Komm schon Bowie", lachte ich und drehte mich in meinem Auto um. Mein Hund sprang von einem Sitz zum anderen und wackelte mit seinem Schwanz - er dachte, das Alles wäre ein Spiel. "Ich weiß, du liebst Autofahrten", kicherte ich noch immer und schüttelte meinen Kopf. "Bowie, Strand?", fragte ich und klatschte mit meinen Händen. Beim Wort Strand rastete Bowie nämlich immer enorm aus und in diesem Moment war es die Lösung ihn aus meinem Auto zu kriegen. Sofort stieg ich aus und öffnete die Autotür für meinen Hund, keine Sekunde verging und er raste an mir vorbei und lief um das Haus herum. Lachend rollte ich meine Augen und griff nach den Einkaufstüten. Schnell brachte ich sie in das Haus und machte mich dann auf den Weg auf die Veranda. Bowie lief in Höchstgeschwindigkeit überglücklich Möwen hinterher.

                Ich schnappte nach einem kleinem Tennisball von meiner Veranda und rief seinen Namen: "Hey Bowie." Als er mir seine Aufmerksamkeit schenkte, hielt ich den Ball in der Luft und warf ihn dann. Überglücklich lief er nun auf den Ball zu und vergrub ihn im Sand um ihn dann wieder auszugraben.

                Lachend lief ich auf meinen Hund zu und nahm ihm den Ball ab, um ihn dann noch weiter zu schießen. Während Bowie hin und her lief, drehte ich mich um und starrt das Haus meiner Eltern an. Zwar war es eine schwere Entscheidung, doch ich verkaufte mein Eigenheim um in mein altes Zuhause zurück zu ziehen. Denn ich konnte mich nie von diesem Haus trennen - ich verband viel zu viele Erinnerungen mit diesen vier Wänden. Momente mit meinen Eltern, mit Clancy, meinen Freunden, Bowie und Ethan.

               Bei all diesen Erinnerungen fing ich an vor mich hin zu lächeln. "Nun ist es unser Zuhause, oder nicht?", kniete ich mich zu Bowie und strich ihm mit einem Lächeln auf meinen Lippen über den Kopf. Bowie unterbrach unseren Augenkontakt und sah über meine Schulter. Zuerst dachte ich, Möwen hätten seine Aufmerksamkeit gewonnen, doch als ich mich ebenfalls umdrehte, blieb mein Herz stehen.

              Der 32-jährige Ethan Lewis stand plötzlich vor mir. In diesem Moment erinnerte ich mich zurück an das erste Mal, als ich ihn sah. Der 8-jährige Junge kam damals auf mich zu und stellte sich vor - neue Freundschaften schließen war für ihn damals nie ein Problem. Wer hätte jemals gedacht auf was wir uns an jenem Sommertag einließen. Der damalige Junge ähnelte dem heutigem Mann nicht. Seine kurzen, braunen Haare waren wie immer perfekt gemacht, während ein leichter Bart sich in seinem Gesicht erkennbar machte. Eines blieb jedoch in den 24 Jahren gleich. Die eisblauen Augen.

              Augen, die seit dem ersten Moment Etwas in mir auslösten. Ein Augenpaar, welches mir seit je das Gefühl von Freundschaft und Liebe gab. Eisblaue Augen, die nur für mich funkelten. Augen, die ich in meinem gefülltem Raum immer und immer wieder finden und erkennen würde. Eisblaue Augen, in die ich mich vor 15 Jahren verliebte.

             In dem Moment, als er vor mir stand, ergab plötzlich Alles einen Sinn. Jeder Sommer, den wir zusammen verbrachten, jede Träne die floss und jeden Schmerz, den wir in den letzten Jahren spürten. Jeder dieser Momenten machte uns zu den Personen, die wir in dieser Sekunde waren. Denn in diesem Moment waren wir bereit.

             Nun standen wir hier am Strand, wo unsere Geschichte begann und sahen uns seit einer Ewigkeit in die Augen. Wir wusste nicht wieso, doch wir fingen plötzlich an zu lachen.

            Die Blättert verfärbten sich und fielen von den Bäumen, bevor ich es nur realisieren konnte stand der Herbst vor der Tür und der Sommer auf Nantucket verschwand. Doch Ethan Lewis blieb. Denn seit jenem Jahr gehörte uns nicht nur der Sommer, sondern auch jede andere Jahreszeit.


Ende.

Der Sommer gehört unsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt