36.

597 79 15
                                    

                Die nächsten Tage verbrachte ich jede freie Minute mit Ethan. Wir gingen nach meiner Arbeit zusammen ins Kino, verbrachten den Tag am Strand oder schlenderte einfach herum. Während diesen ganzen Momenten mit ihm, fühlte es sich so an als wären wir nie getrennt gewesen - als würde er hier tatsächlich leben und zu meinem Alltag dazugehören. Immer und immer wieder verdrängte ich den Gedanken, dass er in weniger als zwei Monaten wieder für ein Jahr nicht mehr auf dieser Insel sein wird. Vielleicht war auch das der Grund, wieso wir nie wirklich über unsere Gefühle oder darüber sprachen, was wir nun waren. Derzeit waren wir einfach die besten Freunde, die eindeutig mehr füreinander empfanden. Neben kleinen und doch bedeutungsvollen Küssen auf der Wange oder auf der Stirn, gab es keine anderen Annäherungen von seiner Seite. Dabei sehnten sich meine Lippen viel zu sehr nach seinen. Doch ich wagte den Schritt nicht.

                 Der Somme hätte nicht besser laufen können. Das Restaurant war wie immer voll gefüllt und die Eisdiele lief besser denn je. Mein Vater verbrachte die Woche vom 4. Juli mit seinen Freunden und seiner Familie in Boston. Zuerst wollte er die Insel gar nicht verlassen, da er das Gefühl hatte, er würde kaum Zeit mit mir verbringen. Jedoch überredete ich ihn seinen kleinen Urlaub zu genießen. Seitdem ich denken konnte, schuftete mein Vater wie verrückt für unseren Lebensstandard. Als meine Mutter krank wurde, arbeitete er umso mehr und die freie Zeit, die er hatte, verbrachte er mit meiner Mutter. Aus diesem Grund gönnte ich ihm jede freie Minute die er heute hatte.

                Ich zog mir mein lockeres, weißes mit bunten Blumen geschmücktes Kleid über den Kopf und ließ es dann einfach fallen. Danach lief ich schnell zu meinem Spiegel und trug ein Wenig Make-up auf und band meine Haare zu einem hohem Zopf zusammen.  "Hey, bist du hier?", klopfte Ethan an meiner Zimmertür und spazierte dann einfach hinein. Als er mich vor dem Spiegel stehen sah, breitete sich ein schiefes Lächeln auf seinen Lippen aus.  Während er mir näher kam, musterte er mich von Kopf bis zum Fuß.

                Als seine Augen meinen Körper so hinauf und hinunter wanderten, spürte ich wie meine Knie von Sekunde zu Sekunde weicher wurden - diese eisblauen Augen hatten schon immer denselben Effekt. "Darf ich?", fragte er vorsichtig und deutete auf meine Haare. Ohne nur zu überlegen, was er sagte, nickte ich bloß nur und hielt für einen kurzen Moment meine Luft an. Ethan Lewis zog vorsichtig das Haargummi aus meinen Haaren, danach griff er mir leicht durch die Haare und strich mir einige Strähnen hinter mein Ohr. "So mag ich es viel lieber", flüsterte er mir leise in mein Ohr und drückte mir dann einen Kuss auf meine Wange.

              Ich schluckte stark und schnappte nach Luft - erst jetzt bemerkte ich, dass ich mich leicht an ihm anhielt, da ich Angst hatte vor ihm dahinzuschmelzen. "Okay", war Alles, was aus meinem Mund kam.

              Ethan starrte mich an und realisierte erst nach einigen Sekunden meine Antwort - er fing plötzlich an zu lachen. "Katelyn", schüttelte er seinen Kopf lachen und griff nach meiner Hand. Er öffnete seinen Mund um Etwas zu sagen, jedoch entschied sich im letzten Moment dagegen. "Lass uns gehen, ja?", sagte er stattdessen mit einem Lächeln auf seinen Lippen und führte mich aus meinem Zimmer.

                Wir besaßen keine großen Pläne für den 4. Juli - Ethan Lewis reservierte einen Tisch in einem italienischem Restaurant am Pier und danach wollte wir einfach spazieren gehen, während wir uns das Feuerwerk ansahen. Meine Freunde luden mich zu einer Strandparty ein, jedoch sagte ich für Ethan Lewis ab.

               Nach einem wundervollem Essen mit ihm, gingen wir Hand in Hand am Pier spazieren und sprachen über viele Themen - wie immer erzählte er mir von seinem Studium und seinen Freunden. Irgendwann betonte er, dass er unbedingt wollte, dass ich ihn ebenfalls besuchen komme. "Hört sich gut an", antwortete ich bloß nur und lächelte ihn an. Zugegebenermaßen hatte ich Angst davor ihn zu besuchen. Ich hatte Angst davor, dass es mir so sehr gefallen wird, dass ich gar nicht mehr zurück auf Nantucket wollte. Doch das sprach ich nicht aus.

               Ethan Lewis und ich machten uns auf den Weg zurück zu meinem Haus. Wir schnappten uns Decken und jeweils einen Glas Wein und gingen dann anschließend auf meine Terrasse. Eng umschlugen, saßen wir im Freien und sahen uns zusammen das Feuerwerk an. Vorsichtig strich er mir über meine freie Schulter und flüsterte: "Du hast keine Ahnung wie glücklich ich gerade bin. Die letzten Monate, das letzte Jahr - hat mich in ein so tiefes Loch gezogen. Mein Vater, der Stress im Studium und meinem Praktikum, die Situation mit dir. Jetzt weiß ich, dass sich das Kämpfen gelohnt hat", sah er nun zu mir. Seine Fingerspitzen strichen leicht über meine Wange, worauf sich eine Gänsehaut auf meinem ganzen Körper ausbreitete.

             Nie werde ich jemals beschreiben können, was Ethan Lewis mit seinen Augen mit mir anrichtete. Kein Wort auf dieser Welt könnte jemals bloß nur annähernd beschreiben, was ich fühlte, wenn er mich mit seinen eisblauen Augen ansah.

           "Ich war noch nie so glücklich, Katelyn", sagte er leise und sah zwischen meinen Augen hin und her - ich glaubte ihm. Ich glaubte ihm jedes einzelne Wort. Denn diese eisblauen Augen logen noch nie.

           Und in diesem Moment ergriff ich die Initiative. Meine Hand legte ich auf seine Brust, schloß die kleine Lücke zwischen uns und drückte meine Lippen gegen seine. Ethan Lewis zögerte keine Sekunde und erwiderte den wundervollen Kuss.

          Lippen nach denen ich mich schon seit Monaten sehnte. Einen Kuss, den ich so nie wieder vergessen werde.

          Seine Hände wanderten meinen Körper auf und ab, worauf der noch so unschuldige Kuss leidenschaftlicher wurde. Mein Herz drohte jede Sekunde zu explodieren. Ethan Lewis zog mich auf seine Schoß und hielt nun meinen Kopf in seinen Händen, während er seine Lippen fest gegen meine presste.

         Wir stoppten für einige Sekunden, öffnete unsere Augen und starrten uns für wenige Momente an. Wir fingen Beide an zu lächeln. Passierte dies wirklich?

         "Katelyn", flüsterte er meinen Namen und legte seine Stirn auf meine. Seine Hände wanderten meinen Körper hinunter, während er seine Lippen erneut auf meine legte. Im nächsten Moment spürte ich seine Finger unter meinem Kleid, auf meinem Oberschenkel. Sie wanderten langsam hoch auf meinen Bauch und strichen sanft über meine Haut.

          In diesem Moment spürte ich all möglichen Gefühle auf einmal. Während meine Wangen brannten, spielte mein Magen und die Schmetterlinge in ihm wie verrückt. Ich zuckte zusammen, worauf Ethan sofort stoppte und seine Hände wegzog. "Nein, nein", flüsterte ich und öffnete meine Augen. Er sah mich besorgt an - dachte er etwa ich würde all das nicht wollen? "Nein, nein", meinte ich erneut und lächelte ihn an. In diesem Moment realisierte ich, dass wir noch immer auf meiner Terrasse im Freien waren und uns jeden Moment Menschen vom Strand aus sehen konnten. Ich stand auf, richtete mein Kleid und streckte ihm meine Hand aus. "Folge mir", lächelte ich ihn an. Sofort griff Ethan nach meiner Hand, worauf ich ihn in mein Zimmer führte.

           Als er vor mir auf meinem Bett saß, sammelte ich meine ganzen Mut zusammen. Ich lächelte ihn schüchtern an und entfernte die Träger meines Kleides von meinen Schultern. Im nächsten Moment fiel mein Sommerkleid auf den Boden - Ethan Lewis schluckte stark und musterte meinen Körper. Seine Augen waren noch immer eisblau und dennoch strahlten sie in diesem Moment etwas komplett Anderes aus. Lust.

           Langsam ging ich auf ihn zu und setzte mich auf seine Schoß. "Du bist wunderschön", meinte Ethan mit einer heiseren Stimme und strich mir vorsichtig über meine Haut. Bei seiner Berührungen schloss ich meine Augen und warf meinen Kopf in den Nacken, worauf er anfing meinen Hals zu küssen. "So, so wunderschön", flüsterte er leise, während er Küsse auf meinem Körper verteilte.

           In der Nacht vom 4. Juli schliefen Ethan Lewis und ich das erste Mal miteinander. Ich hätte mir keinen perfekteren Zeitpunkt dafür aussuchen können und auch danach bereute ich Nichts. In seiner Nähe fühlte ich mich am Wohlsten und am Sichersten.

         Es hätte so perfekt sein können, doch bloß nur fünfzehn Minuten später brach Alles zusammen.

Der Sommer gehört unsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt