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             Im nächsten Moment kam mir Ethan Lewis näher. So nah, dass ich seinen warmen Atem auf meinen Lippen spürte. Meine Augen schloss ich und flüsterte: "Ethan, nein." Mein ganzer Körper versuchte sich von ihm zu entfernen, doch ich konnte nicht. Mein Herz sehnte sich viel zu sehr nach ihm. 

Seine Stirn legte er auf mein und sprach leise: "Ich weiß." Für wenige Sekunden genossen wir diesen Moment - seine Stirn an meiner, während unsere Hände ineinander ruhten. Es fühlte sich so an als wären wir in unserer kleinen Welt gefangen - ich vergaß Alles völlig um mich herum und genoß seine Gegenwart. 

Doch dann fiel mir unsere eigentliche Situation ein. Vorsichtig ließ ich seine Hand los und entfernte mich von ihm. Auch, wenn in diesem Moment Alles nach ihm schrie. Damals verletzte ich John viel zu sehr, ich konnte Nate doch nicht ebenfalls so verletzen. "Ich muss nachhause", flüsterte ich vor mich hin. Nate erzählte ich, dass Ethan zurück auf Nantucket war und ich mich auf einen Drink mit ihm traf. Doch mein Freund wusste noch immer nicht von der Liebesgeschichte. Ich wusste, dass mehr Zeit mit Ethan in der Eisdiele zu nichts Gutes führen würde. Sofort sprang ich von meinem Sessel und strich mir meine Haare hinter meine Ohren. "Ich muss gehen, Ethan", murmelte ich vor mich hin und schnappte nach meiner Tasche. 

Ethan sprang ebenfalls sofort auf und versuchte nach meiner Hand zu greifen: "Es tut mir leid - ich wollte dich nicht-" 

"Ist okay", unterbrach ich ihn sofort und ließ Alles stehen und liegen. Ich machte mich auf den Weg zur Tür. "Ich möchte nur jetzt gehen", öffnete ich die Eingangstür und starrte den Boden an. Aus irgendeinem Grund konnte ich Ethan nicht in die Augen sehen, doch ich wusste, dass er noch immer auf demselben Fleck stand. 

Einige Sekunden später machte auch er sich auf den Weg aus der Eisdiele und blieb verwirrt davor stehen. "Katelyn, lass mich dich nachhause begleiten", versuchte er erneut vorsichtig nach meiner Hand zu greifen um mich und meine Gefühle zu beruhigen. 

Doch ich wich zurück. Was taten wir hier? Er heiratete eine Frau, die er nicht heiraten wollte. Ich bin mit jemanden zusammen, der mir so viel Liebe schenkt und ich wertschätzte es nicht. Würde ich es tun, wäre ich doch nicht hier mit Ethan? Ich würde dieses freie Wochenende mit ihm verbringen und ihm ebenfalls sagen wie sehr ich ihn lieben würde. 

Doch ich tat es nicht. Denn ich liebe Nate nicht - wenn ich ehrlich war, wusste ich, dass ich ihn nie lieben werde. Ich wusste es und trotzdem ging ich diese Gott verdammte Beziehung ein. Denn ich war ein Egoist und bevorzugte lieber jemanden Anderen das Herz zu brechen, als alleine zu sein. Was war denn bloß nur falsch mit mir? Ich werde einer weiteren wundervollen Person das Herz brechen. "Nein, Ethan", schüttelte ich meinen Kopf und schloss die Tür hinter mir ab, danach drehte ich mich um und sah ihm in die Augen. "Wir sollten den Abend hier und jetzt beenden. Deine Frau, mit der du einige Dinge zu klären hast, wartet auf dich und auf mich wartet mein Freund. Eine Person, die mich tiefgründig liebt und nicht mit einer anderen Frau ersetzen würde", sah ich ihm tief in die Augen und schluckte stark. Ich zuckte mit meinen Schultern und sprach weiter: "Ich wollte heute Abend wirklich für dich da sein, Ethan. Ich wollte dir zuhören und wieder deine beste Freundin sein. Aber ich kann nicht", strich ich mir durch die Haare. "Ich kann nicht für dich da sein. Wie vorhin gesagt, ich kann die Gefühle nicht in mir stoppen, wenn ich dich sehe, mit dir bin oder bloß nur an dich denke. Ich bin hier und her gerissen, Ethan. Und das Schlimmste ist, mit All dem verletzte ich eine sehr wichtige Person und zwar Nate. Denn er verdient das hier nicht", atmete ich tief aus und griff nach meinem Handy. "Aus diesem Grund muss ich jetzt gehen. Es tut mir so leid - es tut mir so leid, dass ich nicht für dich da sein kann." 

Mit diesen Worten entfernte ich mich von Ethan und drehte mich nicht mehr um. Nach wenigen Schritten, fing ich an schneller zu gehen und irgendwann versuchte ich sogar in meinen hohen Schuhen zu laufen. Sofort bestellte ich mir ein Taxi und machte mich auf den Weg nachhause. 

In meinem Haus angekommen, sah ich bereits Nates Taschen neben der Eingangstür stehen - Morgen Früh machte er sich auf den Weg für eine kurze Geschäftsreise nach D.C. Meine Schuhe zog ich aus und machte mich auf den Weg hoch in das Zimmer. Ich befreite mich aus meiner Kleidung und schlüpfte in meinen Schlafsachen, danach wischte ich mein Make-up von meinem Gesicht und putzte meine Zähne. "Oh hey - ich wusste nicht, dass du bereits hier bist", kam Nate etwas verschwitzt in das Zimmer. Vor einer wichtigen Geschäftsreise, liebte er es noch einmal am Strand laufen zu gehen. Er meinte es würde ihm helfen einen kühlen Kopf zu bewahren. Mein Freund kam auf mich zu und schenkte mir einen schnellen Kuss auf die Wange. "Alles okay bei dir?", fragte er etwas verwirrt und schnappte dann nach seinem Handtuch. 

"Alles okay", lächelte ich ihn falsch aus dem Bett an und griff nach meinem Buch. 

"Ich springe schnell in die Dusche, möchtest du mir dann von deinem Abend mit Ethan erzählen?", fragte Nate und griff dann nach frischen Sachen aus dem Kleiderschrank. "Gib mir zehn Minuten", verschwand mein Freund ins Badezimmer. 

Während er seine Dusche nahm, starrte ich die Wörter in meinem Buch an. War es an der Zeit Nate von Ethan und meiner Geschichte zu erzählen? Vielleicht könnte ich dann damit abschließen und anfangen die Gefühle in mir in den Hintergrund zu stellen? Vielleicht könnte ich dann endlich ebenfalls tiefgründige Gefühle gegenüber Nate entwickeln. 

Doch als Nate aus dem Badezimmer kam, erzählte er mir lachend von einer Geschichte, die ihm eben einfiel. Er legte sich danach zu mir ins Bett und schloss mich tief in seine Arme. Bevor er jedoch einschlief, sagte er mir immer und immer wieder wie sehr er mich doch lieben würde und es kaum erwarten konnte, endlich Urlaub mit mir zu machen. Aus diesem Grund entschied ich mich dafür ihm die Geschichte ein anderes Mal zu erzählen. Denn ich wollte seine Laune in dem Moment nicht zerstören. Doch tief in mir drinnen wusste ich, dass, je länger ich dieses Thema vor mich hin schob, desto größer wird das Problem irgendwann sein. Irgendwie versuchte ich erneut eine kleine Blase rund um unsere Beziehung aufzubauen - diese jedoch drohte nun wieder aufgrund Ethan Lewis zu platzen. Einige Tage später folgte dann der Untergang dieser Blase und meiner Beziehung zu Nate. 


Der Sommer gehört unsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt