Kurze Anmerkung und Erinnerung vorweg: Die Sichten ändern sich ab jetzt und können von Kapitel zu Kapitel zwischen Ariana und Yumah wechseln!
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Seufzend betrachtete ich die einzelnen Bäume und Büsche, die am Wegesrand wucherten und blitzschnell an uns vorbei zogen. Zumindest für das menschliche Auge waren die Bewegungen zu ruckartig.
Wenigstens war heute Freitag. Das rettete mir den Tag. Nachdem Dank meines Dozenten jetzt schon klar war, wie ich meine Weihnachtstage verbringen würde, befand sich auch meine Stimmung auf dem Tiefpunkt. Es waren noch drei Wochen bis Weihnachten und ich versank quasi im Lernstress, obwohl die Prüfungen erst im Februrar anstanden. Das konnte doch nicht wahr sein, oder?
Mit möglichst ruhiger Musik, die über die Kopfhörer in meine Ohren schallte, versuchte ich mich zu beruhigen. Der Klang von instrumentalen Werken ließ mich stehts entspannen, besonders Klavire und Geigen, doch heute fühlte es sich viel mehr wie das reinste Geklimper und Gekratze an. Nicht einmal mein Lieblingstitel war dazu fähig, mich umzustimmen.
Es war heute doch alles scheiße – und das an einem Freitag, kaum zu glauben. An dem Tag der Woche an dem ich immerhin nach Hause fuhr und meine Familie wiedersehen konnte. Über die Werktage blieb ich lieber in dem Studentenheim Nahe der Uni, damit ich noch das kleine bisschen Zeit zwischen den Lesungen, Lernen und Schlafen nutzen konnte.
Das Lied wurde unterbrochen, als der Rufton erklang und das Handy wie wild zu vibrieren begann. Jemand rief mich an. Nach einem flüchtigen Blick auf den Display tippte ich auf den grünen Hörer und drückte die Fläche an mein Ohr.
"Hey, was gibt's?", meldete ich mich und versuchte mir meine schlechte Laune nicht allzu stark anmerken zu lassen. Es war ja nicht ihre Schuld.
"Hallo, Ari! Sitzt du gerade im Zug?" Mum schien ziemlich aufgeregt zu sein, weshalb auch ich davon angesteckt wurde. Irgendetwas war Geschehen oder vielleicht stimmte etwas nicht.
"Ja, wieso? Ist etwas passiert?" Sie rief mich öfter am Abend an, aber da wir uns in knapp einer halben Stunde sehen würden, tat sie es selten, wenn ich auf dem Rückweg zu ihnen war.
"Nein, es ist nichts Schlimmes. Es ist nur so – dein Bruder ist zurück", stotterte sie und schien diese Informationen selbst noch nicht verarbeitet zu haben. Mir ging es damit jetzt ähnlich.
"Er ist zurück? Seit wann?" Fast drei Jahre war es her, dass er fortgegangen war. Es war nicht so, dass ich enttäuscht oder wütend darüber gewesen wäre, aber er hatte sich nicht einmal gemeldet nach seinem Abschied. Trotzdem konnte ich jetzt nicht Mal darüber traurig sein, sondern freute mich wie ein kleines Mädchen darüber. Mein Bruder war zurück und ich würde ihn in ein paar Minuten bereits wiedersehen, das waren die einzigen Gedanken, die zu diesem Zeitpunkt in meinem Kopf herumgeisterten.
"Ja, er ist heute Mittag angekommen. Ganz plötzlich." Ging es nur mir so oder hatte ich da tatsächlich etwas Verräterisches in ihrer Stimme gehört? Es war vielleicht etwas vorgefallen und irgendwie hatte ich das Gefühl, dass es nicht nur vielleicht der Fall sein könnte.
"Geht es ihm gut?"
"Ja schon, aber hör mal, warum ich eigentlich anrufe", sie stoppte. Für mich sollte es wohl übers Telefon keine genaueren Details geben, das war sofort klar. "Könntest du Mika bei Felicia abholen? Ich weiß, du möchtest sicher auch deinen Bruder sehen, aber -"
"Ist schon in Ordnung", unterbrach ich sie. "Es liegt doch fast auf dem Weg." Wenn ich einen Umweg als keinen solchen bezeichnete, dann war bei mir wohl deutlich etwas schief gelaufen. Das ich Mum nicht beunruhigen wollte, wusste sie selbst. Aus diesem Grund versuchte ich meine Stimme möglichst lieblich klingen zu lassen. Mit meiner Guten-Mädchen-Mine war es immer noch möglich, alle Menschen um den Finger zu wickeln. Sogar Mum.
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Lloyd
WerewolfNachdem Lloyd und Yumah vor Jahren den Fängen des Rudels entkommen sind, haben sie sich ein Leben fernab ihrer Vergangenheit aufgebaut. Doch nicht nur ein Freund der beiden Gefährten, sondern auch weitere Vorkommnisse sorgen dafür, dass sie die Spu...