Die Sache mit der Gesundheit

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Seine schwankende Erscheinung im Türrahmen ließ mich augenblicklich von meinem Buch aufhorchen. Zuerst hatte ich Bedenken, dass er möglicher Weise betrunken sein könnte, doch als sich sein blasses Gesicht in meinen Fokus setzte, ploppte eine weitere Möglichkeit in meinem Kopf auf.

Doch zuerst ging ich auf ihn zu, schnappte mir seine Schultern und schob ihn zum Sofa, auf das ich ihn schließlich niederdrückte. Er brauchte Halt und außerdem wirkte es so, als würde er jeden Augenblick umkippen.

"Geht es dir nicht gut?", fragte ich geradewegs heraus und durchbohrte ihn mit meinem wissenden Blick, in der Hoffnung, dass er gar nicht erst versuchte Ausreden oder Lügen zu erfinden.

"Ja", gab er sofort zu – und das beunruhigte mich, obwohl er die Wahrheit sprach. "Mir ist aber nur schlecht, passiert ja nicht zum ersten Mal." Tatsächlich war dies auch mir aufgefallen. Ihm wurde häufig schlecht und er übergab sich aufgrund von vollkommen unterschiedlichen Situationen. Ich hatte mich nie wirklich getraut, ihn darauf anzusprechen. Die erste Zeit dachte ich einfach, dass es sich nur um eine zeitweilige, kleine Krankheit handelte.

Wie ich schließlich doch eines Besseren belehrt worden war.

"Aber das passiert dir wirklich oft. Ist heute irgendetwas vorgefallen?" Vielleicht gab es einen Zusammenhang? Mit irgendeinem Thema, einer Situation oder einem Wochentag?

Was war heute für ein Tag? Donnerstag – und weder donnerte es, noch hatte es bestimmt wenig mit Lloyds Gesundheitszustand zu schaffen.

"Der Tag war okay, ehrlich." Irgendwie glaubte ich es ihm. "Das ist, wie gesagt, ziemlich normal. Nichts worüber du dir Sorgen machen müsstest." Das tat ich trotzdem.

"Kann ich etwas für dich tun?" Dann sprachen wir eben nicht über den Ursprung, sondern über das, was ich jetzt tun konnte, um ihm zu helfen. Es gab da bestimmt etwas.

"Würdest du einen Tee kochen? Mir auch egal welche Sorte, nur bitte keinen Früchtetee. Etwas Süßes kann ich gerade gar nicht vertragen."

"Sicher, das mache ich", bejahte ich rasch. Das Lloyd mich um einen Gefallen bat, geschah nicht allzu oft, deshalb war ich umso schneller auf den Beinen und glücklich. Er nahm meine Hilfe an – und ich konnte ihm Mal ganz offensichtlich etwas zurückzahlen.

Vor etwa drei Monden war ich erkältet gewesen und da hatte er sich ausnahmslos und aufopferungsvoll um mich gekümmert. Deshalb wollte ich jetzt für ihn da sein. Und das mehr als sonst.

Mit einer Kanne voller Kamillentee und zwei Tassen huschte ich zurück ins Wohnzimmer. Vorsichtig füllte ich eine der rotgepunkteten Keramikhülsen und reichte sie meiner besseren Hälfte.

Er lächelte nur dankbar und begann seine Hände an dem heißen Behälter zu wärmen, während er ab und an pustete, damit dessen Inhalt langsam abkühlte.

Als ich auch meinen Tee eingegossen hatte, ließ ich diese erst einmal zurück und öffnete stattdessen meine Arme, um Lloyd zum Kuscheln einzuladen.

Ich hätte gar nicht mitzählen können, denn bevor ich dazu gekommen wäre, lag er bereits mit seinem Kopf an meiner Schulter, seinen Rücken an meine Vorderseite geschmiegt, zwischen meinen angewinkelten Beinen.

"Ich hasse es, dass mein Körper so schwach ist. Also jetzt nicht direkt, sondern auf diese komische Art, verstehst du?" Er verwirrte mich, obwohl ich glaubte, zu begreifen, was er genau meinte. "Ich meine, Innerlich statt Äußerlich. Schwach schwach bin ich nicht, aber ich bin trotzdem so angreifbar innerhalb dieser Hülle, dass es sogar mich ängstigt."

"Es beeinträchtigt dich schon sehr, oder?" Anstatt einer Antwort, bekam ich nur ein flüchtiges Nicken.

"Ich hasse es einfach so zu sein. Das ist eine echte Bestrafung für mich. Kann mich die Welt so wenig ausstehen, dass sie mich damit verflucht?" Frustriert raufte er sich mit der einen Hand die Haare, während er mit der Anderen die Tasse zu seinen Lippen führte, um etwas an dem Kräutergebräu zu nippen.

LloydWo Geschichten leben. Entdecke jetzt