20. Kapitel - Yumah

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Hey ihr (:
Ja, ich lebe noch! Wattpad macht es mir seit einer ganzen Weile nicht mehr so einfach mit dem Übertragen meiner Geschichte. Ich schreibe nicht auf der Seite, sondern im Schreibprogramm auf meinem Laptop und wenn ich das Kapitel hier einfüge, dann muss ich reichlich korrigieren, weil er die Leerzeichen teilweise nicht anerkennt -.- Genug darüber aufgeregt...
Hier ist das 20. Kapitel! Ich wünsche euch allen Frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins Jahr 2020! Vielleicht kommt später noch das 21. Kapitel, als kleines Weihnachtsspecial!

*****


Mich ließ eine einzige Frage die ganze Nacht über nicht ein Auge zu machen. Der Schlaf blieb aus. Stunden lang, ewig, wenn man es so sagen konnte. Der Bau war weiterhin mit Dunkelheit und Schatten geflutet, doch mein Instinkt sagte mir, dass es sehr bald Tag werden würde. Die Sonne müsste bereits in Startposition stehen und bald ihren Rundgang von Neuem beginnen.

Lloyd schlief die ganze Zeit über an meine Flanke gekuschelt. Nachdem er sich am gestrigen Abend beruhigt hatte, war er nicht mehr aufgeschreckt oder hatte unruhig geträumt. Zuerst hatte ich befürchtet, er würde sich ein Fieber eingefangen haben, aber dem war zum Glück nicht der Fall. Vermutlich war er erschöpft von den vielen schlaflosen Nächten und den Sorgen, die ihm dauerhaft auf den Schultern lasteten. Er hatte die ganzen letzten Tage sicherlich kaum Schlaf, Ruhe oder Entspannung gefunden und dies war wohl die Folge dessen gewesen.

Und inzwischen konnte ich annähernd begreifen, wie schlimm es ihm ergangen sein musste. Nach nur einer wachen Nacht fühlte ich mich ausgelaugt und meine Augen schmerzten. Doch mein schneller Herzschlag, der sich nicht einen Moment in der ganzen Zeitspanne gesenkt hatte, hielt mich fähig dazu, nachzudenken und zu grübeln.

Er war es mit in Schuld, dass ich mir nächtlich über eine einzige Frage den Kopf zermürbt hatte. Dieser einen entscheidenen Frage, die ich auch nach all der Denkzeit nicht beantworten konnte.

Wer war ich?
Diese Frage setzte sich aus vielen, vielen kleineren Fragen zusammen, die ebenfalls kaum eine sinnvolle oder befriedigende Antwort ergaben.
Was war ich? Ein Mensch oder ein Wolf? Ein Werwolf oder ein Wolfsmensch?
Was wäre mir lieber von den Optionen? Der Wolf oder der Mensch? Ich wusste es nicht. Die Bezeichnungen zwischen dem Werwolf und den Wolfsmenschen verwirrten mich seit Jahren, denn ich verstand kaum den Unterschied, wenn es denn einen für mich gab.

Welcher der Namen war mein wahrer Name? Yumah, Kiro oder Kiroii? Jeder von ihnen hatte eine andere Bedeutung und war mir von unterschiedlichen Personen gegeben worden.

Lloyd hatte den Namen Kiroii für mich ausgesucht, der schlicht Gelb bedeutete. Aus diesem hatte sich Kiro herausgebildet über die Zeit. Seine Bedeutung war Sonnenschein und Licht, was mir sounglaublich gefiel.
Doch zugleich hatte ich einen ersten, ursprünglichen Namen. Yumah, dessen indianische Übersetzung schlicht Wurfmesser lautete. Er war mir von meinen Eltern gegeben worden, obwohl es nur der gleiche Name, wie der meines Vaters war. Unkreativ, aber er entschied klar über meine Zugehörigkeit. Eigentlich.

Regelten die Namen meine Zugehörigkeit? Waren Yumah und Kiroii nur Wölfe? Und Kiro und auch zugleich Yumah ein Mensch? Gab ein Name überhaupt darüber Auskunft, ob man ein Wolf oder ein Mensch war oder sein musste?
War ich nicht schlussendlich Beides? Mensch und Wolf zugleich?
Und wenn ich viel mehr ein Wolf sein müsste, wäre es dann verwerflich und unverzeihlich, dass ich mich als Mensch so unheimlich wohl fühlte? Oder umgekehrt? Das ich es liebte, als Wolf durch die Wälder zu streifen, den Wind in meinem Fell zu genießen und aus vollem Herzen zu Heulen, wenn ich mit der Mondgöttin sprach?

War meine Einstellung falsch? Ein Fehler? Durfte ich nicht so fühlen?
Wer schrieb mir überhaupt vor, was ich zu fühlen hatte und was nicht? Verwehrte ich mir nicht selbst, Ich zu sein? Glücklich mit der Person zu sein, die ich bin, war und sein möchte?

Konnte Jemand anderes einem vorgeben, wer man war oder musste einfach aktzeptiert werden, wer man schlussendlich geworden war?
Wenn ich den Idialen meines Vaters entsprechen würde, wäre ich nicht mehr ich selbst, der ich heute war. Durfte ich dann noch den selben Vornamen, wie er tragen? Bekam ich einen neuen Namen? War ich nicht mehr Yumah, weil ich nicht wie mein Vater war?
Gaben Namen vor, wer man zu sein hatte? Gerade dann, wenn man nach Jemandem benannt wurde? 

Ich glaubte nicht daran – und es war mit einigen wenigen Antworten eine der sicheren Gegebenheiten. Genauso, wie ich festgestellt hatte, dass es mir fast Alles egal war, solange ich nur meinen Gefährten an meiner Seite hatte. Mit ihm war es gleichgültig, wie ich hieß, was vor mir lag und welche Entscheidungen ich noch treffen würde. Egal, was ich tat, er würde mich unterstützen und mir in die tiefsten Abgründe, die blutrünstigste Schlacht und den grausamsten Tod folgen.

Und vielleicht beunruhigte mich gerade dies wieder. Es verunsicherte mich, dass Lloyd mir folgen könnte. Wer wusste schon, wie es für uns oder einen von uns enden würde? Und wenn einer von uns sterben sollte – was durchaus geschehen konnte – was wäre dann mit der übrigen Hälfte?
Wir warendurch aus zwei eigenständige Persönlichkeiten, doch bei dem Bund von Gefährten ergänzten sich zwei Seiten einer Medaille. Wenn eine verschwand, wie würde es für die Gegenseite aussehen?

Durch Lloyds Mutter wusste ich durchaus, dass man eine Trennung von seinem Gefährten überstehen konnte, doch jedes Mal, wenn ich in ihre Augen sah, erkannte ich den gebrochenen Spiegel ihrer Seele. Tief in ihr, auch wenn sie es längst nicht mehr zeigte, war etwas gesplittert. Sie war unvollständig und auch nach mehr als drei Jahren war die Wunde, die der Tod ihres Mannes hinterlassen hatte, nicht verheilt.

Solch eine Wunde würde sicherlich niemals verheilen, aber sie würde sich schließen und eine deutliche Narbe hinterlassen. Nicht einmal ihre Wunde war bisher geschlossen und es hatte sich noch längst keine Narbe nach der ganzen Zeitspanne gebildet.

Sollte mich diese Erkenntniss verängstigen? Musste ich in ständiger Angstum meinen Gefährten leben? Wäre dies dann überhaupt noch ein Leben, wenn ich mich vor jedem Schritt, den ich tat, fürchten müsste? Wenn jeder einzelne Tag aus Nichts anderem als der Angst bestehen würde?

Ich glaubte nicht daran, dass man dies als Leben bezeichnen konnte. Gleichermaßen war unsere Weggebung von der Göttin vorgegeben, ich glaubte an das Schicksal. Daran, dass jeder von uns eines hatte und sei es auch der Tod. Irgendwann starben wir alle, richtig?

Wieso war es mir dann so zuwider, dass Lloyd sterben würde? Allein der Gedanke, wieso schmerzte er so unendlich mehr gegenüber der Vorstellung meines eigenen Todes?
Eines war mir bewusst, bevor Lloyd sterben würde, würde ich mich selbst für ihn opfen. Ich würde es nicht zulassen, es mit allem, was in meiner Macht stand, verhindern. Auch wenn ich dem Schicksal trotzen müsste, ich würde mich dem Willen der Göttin entgegenstellen.

"Yumah?" Seine raue Morgenstimme, die schwach in das Fell meiner Seite hauchte, ließ mich ruckartig zusammenfahren. Ich war sehr tief in meine Gedanken und schlimmsten Befürchtungen abgerutscht, dass ich meine Umgebung, sowie sein Erwachen, komplett ausgeblendet hatte.

"Du bist da." Er drückte sein Gesicht in mein Fell und sein Atem kitzelte an den Haaren, die dieser strich. Zugleich fuhr seine freie Hand, die nicht unter seinem Körper gebettet lag, durch mein Nackenfell.
So glücklich Lloyd über meine Anwesenheit schien, plagten mich des Weiteren noch die grausigen Überlegungen und sie klangen nur mühsam, sehr langsam, von mir ab.

"Ist alles okay? Dein Herz rast ja." Vor ein paar Monaten hätte er es noch auf den Zustand der Nervosität schieben könnten, doch wir lebten schon lange zusammen und ich war lange nicht mehr so unsicher, wie damals. Selbstverständlich raste mein Herz bei seinen Berührungen oder Worten, jedoch war es ein lieblicher Klang, auch aus der Gewohnheit heraus, erkannte er die Klangmelodie. Er konnte unterscheiden, wann ich aufgrund seiner Anwesenheit unruhig war oder dank eines Gedankens, der meist weniger positiv behaftet war. "Warst du etwa die ganze Nacht wach?"

Er hatte sicher vergessen, dass ich in meiner Wolfsgestalt immer noch nicht mit ihm kommunizieren konnte, doch dies brauchte ich gar nicht. Seine Fragen waren viel mehr rhethotisch veranlagt gewesen, denn er spürte es.

Und alles, was er daraufhin tat, war mich von der Seite in seine Arme zu schließen und dazu mein Ohr zu kraulen. Mehr nicht. Und mehr brauchte es auch nicht, um mir jegliche Anspannung zunehmen, sodass ich zuletzt doch neben ihm einschlief.


LloydWo Geschichten leben. Entdecke jetzt