Heute war kein normaler Morgen. Zumindest konnte ich nicht davon sprechen und Lloyd beteuerte auf mein verwundertes Nachfragen immer nur, dass es sich um einen ganz besonderen Tag heute handle. Ich war skeptisch und wusste nicht, was er damit meinte.
Erst als er mir in die Arme fiel und auf mein irritiertes Gefrage mit einem Lachen einging, ahnte ich endlich, was hier vor sich ging.
„Alles Gute zum Geburtstag", hauchte meine bessere Hälfte in mein Ohr. Immer noch schallte sein Lachen durch unser Schlafzimmer, das durch die halb geöffnete Tür Licht aus dem Wohnzimmer empfing. Sonst wäre es stockdüster gewesen, weil wir immer mit komplett geschlossenem Schalusien schliefen.
Wenn Lloyd bereits auf den Beinen war – geduscht, wie ich wahrnehmen konnte – und gekleidet in meinen Armen lag – wie lange war er bereits nicht mehr am Schlafen?
„Danke", murmelte ich etwas überrumpelt, „aber wie lange bist du denn schon auf? Und warum hast du mich nicht früher geweckt?"
„Weil du Geburtstag hast und ich dachte, dass du Mal einen Morgen ausschlafen solltest. Das kannst du ja sonst oft nicht." Ich war immer noch fassungslos. Lief so ein Geburtstag ab? Warte, dann hatte ich Lloyd an seinem Geburtstag ja gar nicht ausschlafen lassen! Hatte ich es vermasselt? Und zwar so richtig?
„Ist alles gut?", fragte er vorsichtshalber und strahlte mich an, als er mein langsames Nicken realisierte. „Komm, ich hab Frühstück für uns gemacht! Oder möchtest du zuerst duschen?" Er wusste, dass ich eigentlich am Liebsten nach dem Frühstück duschen ging, aber er wollte mir wohl die freie Wahl lassen und mich nicht einschränken. Kam er wirklich auf den Gedanken, dass er dies jemals tun könnte? Ich hoffte, dass dem nicht so war.
„Nachher", meinte ich schlicht und ließ mich von ihm auf die Beine, herüber in die Küche, ziehen. Er war sehr energiegeladen und hatte wohl keine Mühe gescheut, wie ich bemerkte, als sich der gedeckte Küchentisch vor meinen Augen erstreckte.„Ich habe ein paar Sachen vorbereitet, setz dich." Er drückte mich auf den Stuhl nieder, da ich aktuell viel zu überfordert mit der gesamten Situation war. Irgendwie war es mir unangenehm, dass er sich so viel Arbeit aufgehalst hatte – und das nur meinetwegen.
Aber er lächelte und wirkte glücklicher, als die ganzen letzten Tage. Und das ließ auch mich glücklich lächeln.„Danke, Lloyd", murmelte ich leise, während ich unseren Blickkontakt aufbaute und nicht mehr unterbrach.
„Das ist doch selbstverständlich!", wollte er protestieren, aber ich verneinte seine Aussage auf die Sekunde mit einem Kopfschütteln: „Ist es nicht. Für mich zumindest nicht."
„Gönn dir heute doch auch Mal etwas und mach dir keine Gedanken um mich." Das war schwerer als gedacht, denn meine ganze Existenz kreiste um den jungen Mann vor mir. Alleine seine Anwesenheit und der Gedanke an ihn, ließ mein Herz schneller schlagen. Er war mein Antrieb und das schon seit so langer Zeit. Sogar weit bevor wir uns überhaupt kennengelernt hatten. Lange war er schon ein Teil meines Lebens und zwar der Wichtigste, den ich auf ewig beschützen musste. Ich selbst war egal, solange der Mann vor mir glücklich war, konnte auch ich es sein. Es klang albern und kitschig, aber dem war schlichtweg so.
„Das kann ich leider nicht", lächelte ich entschuldigend und nahm einen Bissen vom frisch aufgebackenem Brötchen. Lloyd musste es wohl vom Bäcker an der Straßenecke geholt haben, denn ich erkannte es am Geschmack. Wir gönnten uns nicht oft Brötchen zum Frühstück, aber diese waren die Besten. Obwohl eine andere Bäckerei näher an unserer Wohnung lag, war Lloyd den längeren Weg gelaufen, nur um diese speziellen Brötchen zu holen, die wir beide lieber aßen.
Ich achtete auf solche Details, deshalb konnte ich seine aufmerksamen Gesten nicht ignorieren. Er kannte mich so gut und es fühlte sich unglaublich schön an, dass er so viele meiner Angewohnheiten auch ohne Worte aufgenommen und verinnerlicht hatte. Wir hatten teilweise nie darüber gesprochen, aber er schien es an meiner Reaktion wohl gesehen zu haben.
„Versuch es wenigstens, Geburtstagskind." Er grinste und bestrich seine zweite Brötchenhälfte mit Butter. „Wir haben heute den ganzen Tag für uns." Nur wir Zwei? Das war die reinste Musik in meinen Ohren.
Wir aßen zu Ende, ließen uns unendlich viel Zeit dabei – zumindest fühlte es sich so an, als würde unser Gespräch nie enden und dieser Augenblick niemals vorüber gehen. Und ich hoffte, dass es der Wahrheit entsprach, denn es wäre mein größter Traum für immer hier in diesem Moment zu verweilen. Es war fast schon zu schön.
„Wollen wir spazieren gehen?" Meiner Anfrage wurde sofort zugestimmt, während wir uns ans Abräumen des Tisches begaben. „Das Wetter ist gut dafür, das es Herbst ist." Er lächelte.
„Weist du was? Du kannst ruhig duschen gehen, ich räume den Rest alleine auf. Das ist ja jetzt nicht mehr viel." Auch wenn ich ihm durchaus widersprechen könnte, wenn ich einen Blick auf unsere Küche warf, schluckte ich meine Widerworte herunter. Mir war bewusst, dass Lloyd nicht mit sich diskutieren ließe, denn er hatte es heute Morgen schon deutlich verlauten lassen.
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Lloyd
WerewolfNachdem Lloyd und Yumah vor Jahren den Fängen des Rudels entkommen sind, haben sie sich ein Leben fernab ihrer Vergangenheit aufgebaut. Doch nicht nur ein Freund der beiden Gefährten, sondern auch weitere Vorkommnisse sorgen dafür, dass sie die Spu...