21. Kapitel - Ariana

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"Und das ist Alles, was ich weis." Verunsichert musterte ich meinen Gegenüber, der nur überlegend brummte. "Mehr weis ich nicht", wiederholte ich nochmals mit Nachdruck, um meine Worte zu unterstreichen. Es war Alles gesagt und ich konnte keine weiteren Details zum Gefragten auspacken. Es war wirklich Nichts mehr unausgesprochen von meiner Seite aus, dass musste er mir glauben.

"Ist ja gut, wir sind hier ja nicht beim Verhör. Du musst mir nicht Alles erzählen, aber ich würde dir gerne eine Hilfe sein – und das kann ich eben nur, wenn du mir vertraust", schnaubte er angegriffen zurück. Er hob abwehrend die Hände und seine Augen waren so weit aufgerissen, so groß, das sie augenblicklich an einen Hirsch im Scheinwerferlicht erinnerten. Ich schien ihn ganz schön verunsichert zu haben.

"Ich vertraue dir, deshalb – und nur deshalb – habe ich dir davon erzählt. Du bist gut darin, Fährten zu lesen und außerdem kennst du dich mit dem Überleben da draußen aus. Wenn ich meinen Bruder finden möchte, dann brauche ich deine Hilfe und möchte natürlich, dass du mich begleitest." Meine Stimme überschlug sich und in meinem Hals bildete sich ein Kloß. "Tut mir Leid, Zion. Bitte begleite mich."

Meine Augen suchten seine braunen Linsen, um daraufhin ergeben den Blick zu senken und auf unsere Schuhe zu starren. Wir standen uns direkt gegenüber. Wenn man die übertriebene Darstellung meiner Mutter hinzufügen würde, zu nah, aber ihre Ansicht ließ ich schon seit Jahren außen vor. Sonst hätte ich mich wohl niemals einem Kerl auf hundert Metern nähern können.

"Bekomme ich dann im Anschluss mein Date?" Den belustigten Unterton konnte man sofort heraushören und sein raues Lachen erfüllte die betonierte, unaufgeräumte Garage. "Nur ein Spaß, ich unterstütze dich ohne irgendeine Gegenleistung zu erwarten."

"Aber eigentlich willst du doch mit mir auf ein Date gehen, oder etwa nicht? Also ich würde es schon gerne, deshalb sage ich dir so oder so auf die eine oder die andere Art zu."

"Das war ganz schön kompliziert ausgedrückt", grinste er spöttisch. "Sag doch einfach, was du denkst und gut ist. Wir müssen Nichts verkomplizieren, sei einfach direkt zu mir, okay? Vor allem, wenn dir etwas nicht passt, zur Not schlag einfach zu." Augenverdrehend war ich es nun, die ihn auslachte.

"Wenn du einen Fetisch ausleben möchtest, dann kannst du auch gerne direkt zu mir sein. Ich schaue dann, was ich mit deinen Sado-Maso-Fantasien anfangen kann. Direkt sein gefällt mir aber, das vereinfacht die Dinge." 

Er zog mich zu sich und gab mir einen Kuss auf den Scheitel. Seine durchs Lachen vibrierende Brust lehnte direkt an meinen Händen, die sich, unpassender Weise, zwischen uns wiederfanden. 

"Mir gefällt das auch, aber lass uns losfahren, bevor die Anderen es tun. Vielleicht finden wir sie vor ihnen, wenn wir Glück haben."

"Okay", willigte ich ein, entfernte mich aus seinen starken Armen und schwang mich auf den Beifahrersitz. In seinem Jeep fühlte ich mich ein bisschen, wie auf einer geheimen Mission, vor allem da das Fahrzeug einen Tarnmuter-Anstrich hatte, genauso wie die Sitze im Inneren. Als wir beim Herausfahren, aus dem inzwischen geöffneten Garagentor, beide unsere Sonnenbrillen aufsetzen, fühlte sich diese Überlegung noch realer an. 

Ich war auf einer richtigen Mission. Sie lautete, meinen Bruder zu finden und über die derzeitige Lage zu informieren. Zusammen mit meinem Partner würde zumindest die Reise keinerlei Probleme darstellen, denn Zion kannte sich aus. Woher genau er all sein Wissen besaß, war mir zwar immer noch ein Rätsel, aber ich hatte sein Talent entdeckt und musste leider davon Gebrauch machen. Damit wollte ich ihn nicht ausnutzen, doch es fühlte sich bei allem guten Willen ein wenig danach an. Er war nun Mal meine einzige Chance, Lloyd wiederzufinden, ohne als Mensch im Wald zu verenden.
Auch in meiner Wolfsform würde ich es auf den eher kahlen Flächen, die wohl vor uns liegen könnten, kaum schaffen. Ohne Wild, ohne irgendwelche essbaren Baumwurzeln und zumindest ein wenig Wasser wäre ich dort draußen Futter für die Maden.

"Ich weis, dass klingt scheiße, aber reich mir Mal das Shirt deines Bruders, ich muss seine Fährte aufnehmen."

LloydWo Geschichten leben. Entdecke jetzt