- zweiundzwanzig -

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Phil und ich verbringen den Vormittag damit, Suits zu schauen, Tee zu trinken und zu quatschen. Über den Elefanten im Raum, den viel zu langen Moment, in dem wir uns so nah waren und uns beinahe geküsst hätten, schweigen wir beide.

Nachmittags packt Phil seine Trainingstasche und wir fahren mit seinem Auto zum Training. Als er seinen mattgrauen Bugatti auf den Parkplatz lenkt, stehen dort bereits eine ganze Reihe teurer Sportwagen: Johns Ferrari, Aidens BMW und auch Emilys kleiner Mini Cooper.

Ich entdecke meine beste Freundin am Rand des Sportplatzes zusammen mit Alex, John und einem weiteren Jungen, wie sie sich lachend unterhalten und auf uns warten. Als sie uns bemerken, läuft Emily auf uns zu und zieht mich in eine liebevolle Umarmung.

Phil begrüßt meine Freundin kurz und läuft dann vor, um seine drei Teamkameraden mit einem freundschaftlichen Handschlag zu begrüßen.

"Alles okay bei dir?", fragt Emily mit einem besorgten Blick. "Klar, alles gut", gebe ich lächelnd zurück.

"Wieso hat Phil dich mitgenommen?"

"Es war doch alles ein bisschen viel", gebe ich zögerlich zu, verschweige ihr jedoch meinen Nervenzusammenbruch.

"Warst du den ganzen Vormittag bei ihm?", fragt sie und wackelt mit den Augenbrauen. Ich nicke bestätigend. Sie grinst mich schief an.

"Ich hatte wieder diesen Drang ihn zu küssen, Em. Ich weiß nicht, wo das plötzlich herkommt", zische ich ihr leise zu.

Sie kichert und antwortet etwas zu laut: "Siehst du, ich sage es doch die ganze Zeit! Ihr beide.." "Pscht!", herrsche ich sie an.

Die vier Jungs, die nur wenige Meter von uns entfernt stehen, haben ihre Köpfe zu uns gedreht und beobachten uns neugierig.

"Lass uns das gleich in Ruhe bereden" schlage ich leise vor, als Alex auf uns zusteuert.

"Mädels, wir gehen in die Kabine. Ihr könnt euch da vorne auf die Tribüne setzen", informiert er uns, macht einen weiteren Schritt auf Emily zu, drückt ihr einen schnellen Kuss auf die Wange und verschwindet.

Ich reiße überrascht die Augen auf und schaue Emily fragend an, die nur verlegen grinst. Ich nehme ihre Hand uns raune: "Du musst mir jetzt erstmal was erklären, Fräulein!" Dann zwinkere ich Phil zu und rufe: "Wir setzen uns dann mal in die Fankurve. Bis später."

Wir laufen gemeinsam quer über das Spielfeld, welches noch menschenleer ist, und setzen uns nach oben in die letzte Reihe, von wo aus man den perfekten Überblick über die gesamten 120 x 53 Yards hat.

"Emily", beginne ich mahnend. "Was war das gerade zwischen Alex und dir? Seid ihr etwa endlich einen Schritt weitergekommen? Und wenn ja, wieso weiß ich nichts davon?"

"An dem Abend, als Alex und Phil dich vor Colin gerettet haben, kam Alex zurück und hat mir alles erzählt. Wir hatten beide keine Lust mehr zu feiern und sind stattdessen was essen gegangen. Es war richtig schön und wir haben über Gott und die Welt geredet. Irgendwann hat Alex mich gefragt, wieso wir sowas eigentlich nicht öfter machen. Er meinte, er würde mich gerne näher kennenlernen und ob ich nicht Lust hätte, mit ihm mal auf ein richtiges Date zu gehen."

Emilys helle Wangen färben sich rosig und sie lächelt verliebt, während sie das erzählt.

"Und wieso hast du mir das nicht erzählt?", frage ich in vorwurfsvollem Ton.

"Weil du selbst genug um die Ohren hattest. Dir ging es nicht gut und da wollte ich dich nicht mit sowas banalem nerven."

Ich greife nach ihrer rechten Hand und drücke sie leicht. Dann sehe ich tief in ihre hübschen, blauen Augen: "Du würdest mich nie nerven, du kannst mir immer alles sagen, okay? Du bist meine beste Freundin." Zustimmend nickt sie und schmiegt sich glücklich an mich. "Und außerdem ist es bestimmt nichts banales, wenn der Mann, den du seit Monaten anschmachtest, dich endlich auf ein Date einlädt, Em!"

Ich lasse meinen Blick über das Footballfeld schweifen, wo die Jungs sich bereits aufwärmen. Mein Blick bleibt an Alex kleben. Er ist ein gutaussehender Mann, ein klassischer Frauenschwarm: blondes Haar, blaue Augen, durchtrainiert, groß. Perfekte Zähne, immer am grinsen, ein richtiger Sunnyboy. Und außerdem ist er zwar ein verwöhntes Einzelkind, aber er hat das Herz am rechten Fleck. Er hat Humor und einen weichen Kern, hinter der harten Fuckboy-Schale.

Mein Blick gleitet zu Emily. Sie ist ein traumhaft schönes Mädchen mit großen blauen Augen und einem zarten Gesicht wie eine Puppe. Ihre kupferfarbenen Haare hat sie zu einem Longbob geschnitten, ihr Körper ist schlank, aber kurvig an den richtigen Stellen. Ihre schmale Nase zieren viele kleine Sommersprossen und ihre Lippen sind pink und voll. Davon abgesehen hat sie das reinste Herz, ist loyal und absolut liebenswert.

Alex und sie passen richtig gut zusammen, zwei schöne Menschen, wie Barbie und Ken.

Ich wende meinen Blick wieder von meiner Freundin ab und suche auf dem Spielfeld nach Phil.

Er joggt gerade zum Aufwärmen mit Alex um den Platz. Die beiden laufen in lockerem Tempo und unterhalten sich angeregt miteinander. Phils bulliger Körper bewegt sich geschmeidig. Eine Haarsträhne weht ihm ins Gesicht und er streicht sie mit einer schnellen Handbewegung nach hinten. Als Alex und er plötzlich lachen, muss ich unwillkürlich mitgrinsen.

Meine Blicke kleben ziemlich schamlos an ihm und seinem durchtrainierten Körper, ich könnte ihn stundenlang beobachten, bis Emily mich irgendwann ablenkt. "Und was ist mit ihm?", fragt sie und deutet überflüssigerweise mit einer Kopfbewegung auf Phil.

Ich zucke mit den Schultern. "Keine Ahnung, Em. Ich liebe es, bei ihm zu sein, er tut mir so gut. Ich würde am liebsten bei ihm einziehen, nur um 24/7 an ihm kleben zu können. Wir haben uns schon immer gut verstanden und oft was gemeinsam unternommen, aber so innig wie in den letzten Wochen war es noch nie zwischen uns."

Emily runzelt die Stirn. "Was genau meinst du?"

"Neuerdings gibt es solche nahen Momente zwischen uns, in denen es richtig heftig zwischen uns knistert und ich das Gefühl habe, dass wir uns jeden Augenblick küssen", erkläre ich verlegen.

"Aber ihr küsst euch nicht?"

"Nein, natürlich nicht."

"Wieso eigentlich nicht?", fragt Emily schulterzuckend.

"In den Momenten würde ich es mir sogar wünschen, aber Phil ist mein bester Freund und ich will das nicht zerstören will. Er ist neben dir der einzige Mensch, dem ich wirklich vertraue und ich könnte nicht ertragen, ihn zu verlieren."

"Ariana, warum bist du dir eigentlich so sicher, dass du alles ruinieren würdest? Vielleicht würdet ihr auch zusammenkommen und glücklich bis an euer Lebensende sein."

"Phil würde niemals eine Beziehung mit mir wollen, Emily."

"Das erzählst du mir jedes Mal, aber woher willst du das denn wissen? Hast du ihn einmal gefragt?", erwidert sie aufgebracht.

"Natürlich nicht, wieso sollte ich auch? Ich weiß nicht mal, ob ich das selbst wollen würde. Vielleicht wäre der Kuss auch so falsch, dass ich für die Ewigkeit bedient wäre. Er zieht mich einfach magisch an."

Emily beäugt mich kritisch.

"Ach, ich weiß doch auch nicht. Vielleicht bin ich auch einfach durcheinander wegen Colin und fühle mich zu Phil hingezogen, weil er mir gut tut, keine Ahnung", seufze ich verzweifelt.

Emily legt liebevoll ihren Arm um mich und zieht mich an sich. "Ordne deine Gedanken und Gefühle, lass deine seelischen Wunden verheilen, dann kannst du eine Entscheidung treffen. Aber wähle weise: du solltest nichts mit Phil machen, wenn du dir nicht hundertprozentig sicher bist. Er hat es nicht verdient, mutwillig verletzt zu werden, denn dann verlierst du ihn am Ende wirklich."

ArianaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt