- achtundsiebzig -

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Phils Gesicht wird ganz weich und seinen Mund umspielt ein sanftes Lächeln.

"Klar können wir reden, wir müssen ganz dringend reden", antwortet er und mir fällt nicht nur ein Stein vom Herzen, sondern ein ganzer Felsen.

Allein die Tatsache, dass ich mich überwunden habe, zu Phil zu fahren und dass er tatsächlich bereit ist, mit mir zu reden, nimmt mir eine Last von den Schultern.

Erleichterung macht sich in mir breit und ich lächele glücklich zurück.

"Wollen wir hochgehen?", bietet Phil an.

Ich schüttele den Kopf. "Nein, ich würde das ganze gerne auf neutralem Boden klären. Vielleicht können wir spazieren gehen?", mache ich ihm einen Gegenvorschlag.

"Ja klar, können wir machen. Lass uns einfach hier vorne in den Park gehen, da haben wir unsere Ruhe. Ich rufe nur eben John an, mit dem wollte ich mich treffen, und sage ihm ab", informiert er mich beiläufig.

"Wenn du verabredet bist, können wir uns auch später treffen?", biete ich ihm an. Natürlich will ich mich so schnell wie möglich mit Phil aussprechen, aber es ist auch nicht fair, ohne Vorwarnung in seine Pläne zu grätschen.

"Nein Quatsch, unser Gespräch ist mir wichtiger", antwortet Phil offen und lässt mein Herz ein bisschen höher schlagen. Vielleicht gibt es doch noch Hoffnung für uns.

Phil zieht sein Handy wieder aus der Tasche seiner dunkelblauen Jeans und ruft kurz John an. Als der Anruf erledigt ist, schiebt er sein Handy in einer flüssigen Bewegung wieder in die Hosentasche. "So, jetzt können wir."

Wir laufen gemeinsam die Straße entlang und sind nicht mal zwei Minuten später in dem kleinen gepflegten Park, in dessen Mitte ein hübscher See mit vielen weißen Seerosen und unzähligen Schwänen und Enten liegt.

"Wie geht es dir?", beginnt Phil zaghaft das Gespräch und sucht mit seinen haselnussbraunen Augen meinen Blick.

"Naja, es geht so. Wie geht's dir?" Phil zuckt mit den Schultern.

"Du siehst gut aus, also deine Nase, meine ich. Ist alles problemlos verheilt?", fragt er besorgt.

"Sie tut manchmal noch weh, zum Beispiel wenn ich mich bücke, aber man sieht schon fast nichts mehr."

Phil kratzt sich verlegen an seinem kurzen Dreitagebart, seine hohe Stirn legt sich in Sorgenfalten.

"Hör zu, Ari, es tut mir leid, dass ich an diesem Abend nicht für dich da war, wie ich es hätte sein müssen. Ich wollte, aber ich konnte nicht. Ich war verletzt und aufgewühlt. Weißt du eigentlich, wie sehr ich mich zusammenreißen musste, dich nicht einfach in den Arm zu nehmen? Du hast mir so leid getan", gibt er leise zu und in seinen Augen schimmert ehrliches Bedauern.

"Weißt du eigentlich, wie sehr ich mich zusammenreißen musste, mich nicht einfach in deine Arme zu schmeißen?", antworte ich traurig.

"Ich war so dumm zu dir, aber nur, weil ich verletzt war. Es hat mir weh getan zu wissen, dass viele meiner Kollegen schon mit der Frau geschlafen haben, die ich liebe. Dass sie das von dir gesehen haben, was nur ich sehen sollte. Dass sie wissen, wie du nackt aussiehst, wie du stöhnst, wie du dich anfühlst. Und du hattest Recht, dass es nicht dein Fehler war, dass ich das nicht wusste. Und ja, wahrscheinlich hat die Tatsache, dass ich zu der Zeit schon längst in dich verliebt war, ihr übriges dazu getan.

Aber ich wollte nicht mit dir Schluss machen! Ich wollte nur alleine sein, um das verdauen zu können. Nur dann haben wir uns hochgeschaukelt und es ist eskaliert.

Ich habe aus Wut den Zeitpunkt verpasst, es wieder gut zu machen und dann hat John an dem Abend in Aidens Wohnung das Trikot gefunden, dass ich dir geschenkt habe. Und ich war mir so sicher, dass ihr Sex hattet. Dann noch dein Auftritt bei Noah.. 'Fick mich so, dass ich Phil vergesse!' Das war alles eindeutig", sagt er geknickt.

"Phil, dein Auftritt war auch nicht besser. Weißt du eigentlich, wie ich mich gefühlt habe, als du dort mit dieser kleinen Schlampe Vivian aufgetaucht bist? Du weißt doch, dass John mich mit ihr betrogen hat. Wieso hast du das getan? Ausgerechnet mit ihr?", gebe ich wütend von mir.

Allein bei der Erinnerung daran, steigt sofort wieder dieser Ekel in mir auf und schlägt mir auf den Magen, sodass mir schlecht wird.

"Ich wusste, dass dich das kränkt, und dass sie dein wunder Punkt ist. Und ich wollte dich verletzen, so wie du mich verletzt hast. Das war falsch von mir. Es tut mir leid", gibt er kleinlaut zu.

"Ich hab das alles nicht verstanden. Das kam mir vor wie ein schlechter Film. Ich wollte in Frieden mit dir leben, und ich glaube, das wolltest du auch, aber du warst nicht bei mir und ich war nicht bei dir und alles was wir gemacht haben, war, uns immer schlimmer zu bekämpfen, als seien wir Feinde! Ich habe in der kurzen Beziehung mit dir schon alle Emotionen erlebt: ich habe dich gewollt, gekriegt, gehasst, verflucht und am meisten habe ich dich geliebt, aber aus irgendeinem Grund hast du das nicht verstanden", sage ich mit brüchiger Stimme und senke traurig meinen Blick, um nicht zu weinen.

In dem Moment macht Phil einen Schritt auf mich zu, hebt mein Kinn an und drückt behutsam seine Lippen auf meine.

Die Welt hört in diesem kurzen Augenblick auf sich zu drehen. Die Hintergrundgeräusche, das Zwitschern der Vögel, das Pfeifen des Windes und das Rascheln der Blättern, verstummen.

Phil küsst mich, seine Lippen sind weich wie Wolken und der Kuss schmeckt nach Minze, seinem Parfum und nach Heimat.

Er drückt seine Lippen eine ganze Weile einfach nur fest auf meine, schlingt seine starken Arme um meine Taille und zieht mich näher an sich ran.

Dann öffnet er leicht seine Lippen und schiebt mir seine Zunge in den Mund. Er ist gierig und fordernd, hungrig, intensiv und leidenschaftlich, so als würde er alle seine Emotionen in diesen einen Kuss legen.

Seine eine Hand wandert hoch und er vergräbt sie in meinen Haaren während er mich unnachgiebig küsst.

Als er von mir ablässt, keuche ich auf und schnappe nach Luft.

"Ich liebe dich. Ich liebe dich wirklich, Ariana. Ich liebe dich so sehr, dass es weh tut, weil ich nur dich will und weil ich dich für mich alleine will und durch die Angst, dich zu verlieren habe ich dich beinahe verloren. Ich komme einfach nicht von dir weg, egal wie sehr ich es versuche, ich will nur dich. Bitte lass uns uns nie wieder so streiten."

Mein Herz klopft mir bis zum Hals und alles was ich erwidern kann ist: "Ich liebe dich auch", bevor wir uns in dem nächsten stürmischen und sehnsüchtigen Kuss verlieren.

ArianaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt