- achtundfünfzig -

7.2K 225 137
                                    

Überwältigt von all den Gefühlen und Eindrücken, die auf mich einprasselten, muss ich weinen.

"Was ist los? Habe ich was falsch gemacht?", fragt Phil alarmiert.

"Ich.. Keine Ahnung, das war so schön. Lass mich nie mehr alleine, okay?", stammel ich. Phil zieht mich in seine Arme. Er streichelt über meine Wange und küsst meine Stirn. "Versprochen, ich lasse dich nie mehr alleine."

Ich kuschle mich eng an ihn, mein Gesicht an seine Brust gedrückt. Nackt und vertraut liegen wir beieinander, und in diesem Moment kann ich mir nichts Schöneres vorstellen.

"Ich habe dich auch vermisst, Ari, du weißt gar nicht wie sehr", sagt Phil irgendwann leise. Ich küsse ihn liebevoll. "Du musst mich von nun an nie mehr vermissen", wispere ich an seine Lippen.

Plötzlich fällt mein Blick auf die silberfarbene Uhr an Phils Wohnzimmerwand. "Scheiße, wir haben schon 16 Uhr!", fluche ich. "Und?", fragt Phil gelassen.

"Deine Eltern? Abendessen?", erinnere ich ihn und stehe hektisch auf. "Um 18 Uhr doch erst", antwortet Phil verständnislos.

Während ich meine Klamotten zusammensammele, halte ich kurz inne, sehe ihn ungläubig an und haue mir mit der flachen Hand vor die Stirn. "Ich muss mich noch duschen, fertigmachen, schminken und vor allem muss ich mir angemessene Kleidung von zuhause holen, weil du der Meinung warst, Leggings reichen", zähle ich auf.

"Entspann dich, du hast noch fast zwei Stunden." Ich verdrehe die Augen.

"Kannst du mich bitte zu meiner Wohnung fahren?", gebe ich ihm den Wink mit dem Zaunpfahl und schenke ihm einen auffordernden Blick. "Ich würde ja selbst fahren, aber ich habe mein Auto nicht hier."

"Dann fahr doch mit meinem", antwortet Phil und zuckt mit den Schultern.

"Bist du bescheuert? Ich fahre bestimmt nicht mit deinem 3-Millionen-Dollar-Auto."

Phil steht nun auch auf. Kurz lasse ich meinen Blick über seinen Adonisgleichen Körper wandern. Ich kann mich an ihm einfach nicht satt sehen. Er schnappt sich seine weiße Calvin Klein Boxershorts und zieht sie über den knackigen Apfelpo. "Wo genau ist das Problem, wenn du mein 3-Millionen-Dollar-Auto fährst?"

Mein Blick wandert von seinem Sixpack zu seinem Gesicht. "Deinen Wagen zu fahren ist kein Problem, das Problem entsteht erst, wenn ich ihn kaputt fahre."

Phil streicht sich über seinen gepflegten Drei-Tage-Bart. Sein Gesichtsausdruck ist bitterernst. "Dann kaufe ich mir einen neuen, okay? Das ist nur ein Auto und Geld ist nur Papier."

Er zieht seine Jogginghose hoch und greift in die Hosentasche. Zum Vorschein kommt sein klimpernder Schlüsselbund, den er mir zuwirft. "Hier. Dann kann ich die Stunde nutzen, um noch mal über den Vortrag zu lesen, den ich morgen in Sozialpsychologie halten muss."

Ich nicke, während ich mein Shirt über meinem Bauch glatt streiche. Phil hebt meinen Kopf leicht an und sieht mir tief in die Augen. "Es sei denn, du willst lieber von mir chauffiert werden. Das mache ich auch liebend gerne."

Entschieden schüttele ich den Kopf. "Passt schon, ich fahr eben alleine." Ich werfe mir meine Strickjacke drüber und ziehe im Flur meine Sneakers an. Phil folgt mir und mustert mich prüfend. "Sicher? Ich meinte das nicht böse, ich will nur nicht, dass du etwas materiellem einen so großen Wert einräumst. Für mich ist der Bugatti einfach nur ein Auto und ich finde es normal, dass meine Freundin auch mit meinem Auto fährt."

"Deine Freundin?", hake ich nach, um mich zu vergewissern, dass ich mich nicht verhört habe. "Meine Freundin", bestätigt er selbstsicher und drückt mir einen Kuss auf die Stirn. "Vorausgesetzt, du willst meine Freundin sein?"


Ich sehe ihm tief in die Augen, küsse ihn liebevoll und flüstere an seine Lippen: "Ich wäre wirklich unheimlich gerne deine Freundin." Phil küsst mich erneut. "Jetzt solltest du dich lieber beeilen, ich will nicht dass meine Freundin zum ersten Dinner mit meinen Eltern zu spät kommt."

Lachend schüttele ich den Kopf und zwinkere ihm zu. "Ich hole dich um 17.45 Uhr mit meinem Bugatti ab. Bis gleich."

"Oh Lord, wünsch mir Glück", schicke ich ein Stoßgebet zum Himmel, als ich einsteige.

Ich schmeiße achtlos meine Handtasche auf den Beifahrersitz und verschaffe mir kurz einen Überblick über all die Schalter, Hebel und Knöpfe im Armaturenbrett, die fast einem Flugzeug-Cockpit gleichen.

"Kann ja nicht so schwer sein, ist auch nur ein Auto", spreche ich mir selbst Mut zu, bevor ich den Motor starte. Ich lege den Rückwärtsgang ein, parke langsam aus und fahre in Schrittgeschwindigkeit vom Hof.

Plötzlich ertönt mein Nachrichtensignal. "Süße, der Wagen hat 1500 PS. Du kannst ruhig ein bisschen schneller fahren."

Ich fange an zu lachen und schicke ihm eine Sprachnachricht: "Dein Ernst? Hast du mich beobachtet? Du hast wohl doch Angst um dein Schätzchen, was?"

"Wenn du mit Schätzchen dich meinst, ja. Um das Auto mache ich mir keine Sorgen. Und jetzt pack dein Handy weg beim Fahren, meld dich wenn du zuhause bist."

Ich schmeiße mein Handy auf den Beifahrersitz und drehe die Musik laut. Es läuft "Blame" von Calvin Harris. Ich drehe noch etwas lauter. Ich liebe dieses Lied.

So richtig warm werde ich mit Phils Wagen nicht. Wenn meine Zehenspitzen auch nur das Gaspedal touchieren, beschleunigt er sofort. Wie kann Phil nur so ruhig und sicher mit diesem Geschoss fahren?

In meiner Gegend angelangt fahre ich zwei mal meine Straße hoch und runter bis ich eine Parklücke finde, die zwei mal so lang ist wie das Auto und bei der ich das Gefühl habe, ich könnte das Auto abstellen ohne den kompletten Lack zu zerkratzen oder die Stoßstange zu verbeulen. Der Wagen ist zwar klein, aber durch seine niedrige Höhe und die kleinen Fenster ziemlich unübersichtlich.

Ich schaffe es tatsächlich und nehme mein Handy und meine Tasche vom Beifahrersitz. "Sinde beide save zuhause angekommen.", schreibe ich grinsend, während ich zur Haustür laufe. "Ich habe nie daran gezweifelt", antwortet Phil postwendend.

"Kleid für heute Abend ist okay, oder?", hake ich nach, während ich die Treppen hoch laufe. Als ich meinen Blick von meinem Handydisplay löse, erstarre ich, als ich sehe, dass jemand vor meiner Wohnungstür steht.

Und dieser jemand ist kein Unbekannter.

ArianaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt