- fünfundsiebzig -

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Anstatt Vivian wegzuschieben, schmiegt er sich an sie, ohne mich dabei aus den Augen zu lassen.

Ich schnappe Aiden kommmentarlos seinen vollen Becher aus der Hand und kippe ihn in einem Zug runter.

Vivian lässt nun Phil aus ihren Klauen und drückt ihm mit ihren Barbiepinken Botoxlippen kichernd einen Kuss auf die Wange, woraufhin er ihr ein Lächeln schenkt und seinen Blick von mir abwendet, um ihr seine Aufmerksamkeit zu schenken.

"Das kann doch jetzt nicht wahr sein, oder? Ist er jetzt mit der Schlampe zusammen?", zische ich Aiden zu.

Er sieht mich etwas ratlos an und scheint von den aktuellen Geschehnissen genau so überfordert zu sein wie ich.

"Ich hasse sie. Irgendwann erwürge ich sie noch mit bloßen Händen", zische ich.

"Aiden, Bock einen zu rauchen?", ruft in dem Moment ein junger Schwarzer mit wildem Afro von der Couch herüber.

Ich werfe einen schnellen Blick zu Phil, der sich mit John und Vivian, die wie eine Scheißhausfliege an ihm klebt, langsam in Richtung Wohnzimmer bewegt.

"Ja, hat er - und ich auch", antworte ich an seiner Stelle. Der Fragensteller blickt verdutzt drein und ich greife nach Aidens Hand, um ihn zum Balkon zu ziehen.

Draußen angekommen gesellt sich dann auch der junge Afroamerikaner zu uns, der sich mir als Kingston vorstellt.

"Hi Kingston, ich bin Ariana", stelle ich mich auch vor und reiche ihm höflich die Hand. Er schüttelt sie und schenkt mir ein warmes Lächeln.

"Kingston studiert mit mir zusammen Wirtschaftswissenschaften", klärt mich Aiden auf und erklärt dann an ihn gewandt: "Ariana studiert bei uns an der Uni Psychologie."

Hat studiert, korrigiere ich ihn im Geiste, spreche es aber nicht laut aus. Dieses Thema will ich gar nicht aufmachen, meine Stimmung ist schon beschissen genug.

Kingston zieht einen perfekt gebauten, leicht zerknitterten Joint aus seiner Hosentasche und zündet ihn an.

Nach einigen Zügen hält er mir die brennende Lunte grinsend hin und sagt mit ausladender Geste: "Ladies first."

Ich will gerade danach greifen, als mich Aiden tadelt: "Du solltest das lieber lassen, Ariana. Nicht, dass du gleich einen Absturz schiebst. Du hast sowieso schon viel zu viel getrunken für dein Fliegengewicht."

Unbeeindruckt von seinen Worten greife ich nach dem verlockend duftenden Joint und nehme einen tiefen Zug.

Der Rauch füllt meine Lunge wie eine warme Welle, die sich nach und nach in meinem ganzen Körper ausbreitet.

Ich puste den süßlichen Qualm in die dunkle Nacht und inhaliere einen neuen Zug.

Nach vier oder fünf Zügen reiche ich den Joint an Aiden weiter, der mich die ganze Zeit misstrauisch beäugt hat.

Ich schaue an ihm vorbei durch die offene Terassentür und sehe, wie Phil gerade mit zwei roten Bechern auf Vivian zusteuert und ihr einen davon reicht.

In dem Moment treffen sich unsere Blicke. Seine Augen sind voller Hass, Wut und Enttäuschung.

Blitzschnell wendet er seinen Blick von mir ab und legt seinen Arm um Vivian.

Das kann doch nur ein schlechter Scherz sein, oder?

Ich nehme Aiden grob den Joint aus der Hand und ziehe noch zwei mal daran. Dann gebe ich ihn zurück und informiere ihn: "Ich komme sofort wieder."

Ich stürme rein, aber bemerke relativ schnell, dass meine Beine nicht mehr so wollen, wie ich. Meine Schritte sind unsicher und wackelig, weshalb ich sofort etwas verlangsame.

Zu groß ist das Risiko, mich mit meinen hohen Hacken auf die Schnauze zu legen.

Schwankend torkel ich zur Küche, wo ich abrupt ausgebremst werde, sodass ich fast das Gleichgewicht verliere.

"Spinnst du?", fauche ich und haue vor die trainierte Brust, die sich mir in den Weg geschoben hat, bevor ich realisiere, dass sie John gehört.

"Ne, aber du wohl", spuckt er mir entgegen und straft mich mit einem abwertenden Blick.

"Lass mich durch, John", befehle ich mit einem genervten Blick.

"Und dann?", fragt er provokant.

"Dann hole ich mir etwas zu trinken", antworte ich und wedel mit dem leeren roten Plastikbecher vor seinem Gesicht herum.

John reißt mir den Becher aus der Hand, zerknüllt ihn und schmeißt ihn achtlos in die Ecke.

"Sag mal tickst du nicht mehr ganz richtig oder was?", fahre ich ihn an.

"Ich glaube, du hast schon wieder mehr als genug getrunken", erwidert er ruhig und überlegen.

"Und ich glaube, du hast noch lange nicht genug getrunken, du wirkst ziemlich unentspannt, du Spaßbremse", kontere ich genervt.

"Lieber bin ich 'ne Spaßbremse, als so peinlich wie du. Sind dir die Männer ausgegangen, dass du dich jetzt ein paar Tage nach deiner Trennung von Phil einem seiner Kollegen an den Hals schmeißt, oder was? Das ist selbst für dich 'ne ziemlich arme Nummer, Ariana!", knurrt John.

Mir ist der Alkohol mittlerweile so zu Kopf gestiegen, dass Johns Worte gar nicht mehr richtig zu mir durchdringen. Ich höre ihn zwar, aber die Bedeutung seiner Worte erreicht nicht mein Gehirn.

Wütend boxe ich erneut gegen seine Brust. "Lass mich jetzt endlich durch, John. Geh und kümmer dich um deine Freundin Vivian, vielleicht teilt Phil sie ja mit dir und ihr könnt 'nen flotten Dreier schieben! Verhurt genug ist sie ja!", nuschel ich.

John stößt ein verächtliches Lachen aus. "Was mache ich hier eigentlich?", sagt er mehr zu sich selbst, als zu mir. "Dann schieß dich doch ab, was juckt mich das."

Mit diesen Worten macht er mir den Weg frei und verschwindet zurück ins Wohnzimmer.

Ich nehme mir einen neuen Becher und fülle nur noch Vodka rein. Wozu noch mischen? Jetzt ist eh alles egal.

Ich nehme einen großen Schluck und will gerade zurück auf die Terasse, als ich sehe, wie Vivian ihre Arme um Phil schlingt und mit ihm zu tanzen beginnt.

In dem Moment steht Aiden plötzlich wieder vor mir. Ohne nachzudenken mache ich einen großen Schritt auf ihn zu und ziehe ihn am Kragen seines weißen Hemdes zu mir.

"Wir gehen jetzt zu dir, und du fickst mich. Du wirst mich so hart und hemmungslos ficken, dass ich alles um mich herum vergesse und nie mehr an Phil denke, okay?"

Anstatt lasziv zu hauchen, schreie ich ihn fast an. Ich bin auf 180 und so wutgeladen und betrunken, dass ich mich weder schäme noch über irgendwelche Konsequenzen nachdenke.

Ich bin mir sicher, dass jeder in diesem Raum gehört hat, welches unmoralische Angebot ich Aiden gerade unterbreitet habe und ich habe das Gefühl, außer mir warten noch mindestens zwanzig weitere Personen auf seine Antwort.

Ich kann ihre bohrenden Blicke förmlich in meinem Rücken spüren.

"Komm, wir gehen", antwortet Aiden knapp, nimmt meine Hand und zieht mich bestimmt aus der Wohnung.

ArianaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt