Kapitel 17

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Als Hermine am frühen Samstagmorgen aufwachte, musste sie sofort wieder an die letzte Nacht denken. Sie hätte nie gedacht, dass Draco an einem Mädchen wie Marietta Interesse zeigen konnte. Trotzdem wusste sie nicht, weshalb sie so verdammt wütend auf ihren Laborpartner war. "Draco ist mir doch zu nichts verpflichtet? Er ist ein eigenständiger Mensch und darf eigenständige Entscheidungen treffen. Wieso benehme ich mich so schrecklich irrational?", fragte sie sich. Sie hatte die Party von Slughorn am Abend zuvor, ohne ein Wort an Draco zu richten, verlassen. Aus diesem Grund hatte sie auch ein schlechtes Gewissen.

Glücklicherweise waren die Achtklässler nicht mehr an die Ausgehtage gebunden wie die anderen Schüler auf Hogwarts. Sie konnten jederzeit nach Hogsmeade oder auch mal über das Wochenende nach Hause fahren. Hermine schätzte, dass Lavender sich früh auf den Weg zu WonWon gemacht hatte und sie das Zimmer jetzt ganz für sich alleine hatte. Sie hätte vielleicht eifersüchtig sein müssen, weil ihre Zimmergenossin zu ihrem Exfreund fuhr, aber Hermine spürte eigentlich nur Ärger, weil Ron sie so lange angelogen hatte und sie vorher der Meinung gewesen war, dass sie beste Freunde waren und ihre Beziehung auf Vertrauen basiert hatte. Nachdem sie aus dem Badezimmer zurück gekommen war, hörte sie ein scharrendes Geräusch. Auf dem Fensterbrett saß eine kleine, graue Eule, die an die Scheibe pickte; sie hatte einen Brief bei sich, der mit grüner Tinte beschriftet war, im Schnabel. Hermine nahm an, dass er von Slughorn war, der sich für den gestrigen Abend bedanken wollte, weshalb sie das Fenster öffnete und der Eule das Pergament abnahm. "Danke dir, kleiner Kerl", sagte sie und ließ das Tier hinausfliegen. Sie las:

Liebe Hermine, 

es tut mir wirklich leid, dich  so enttäuscht zu haben. Das Ganze  gestern ist aus dem Ruder gelaufen und dich zu verärgern, war wirklich nicht meine Absicht. Ich will wirklich nicht, dass du denkst, dass ich irgendetwas für Marietta empfinde. Es hat mich nur verwirrt, dass einer meiner Mitschüler vergessen kann, was ich in der Vergangenheit getan habe und in mir etwas anderes sieht als den Todesser von damals. Ganz nebenbei.. Marietta ist auch wirklich nicht mein Typ. Hoffentlich verzeihst du mir und wir können Freunde bleiben. Dass wir uns verstehen und ich dank dir überhaupt menschliche Kontakte auf Hogwarts pflege, bedeutet mir wirklich viel. Wenn du mir verzeihen kannst, könnten wir heute Nachmittag doch noch ein wenig Astronomie lernen? 

Draco

Auch wenn Hermine noch ein wenig böse auf Draco war, musste sie sofort lächeln. Ron hatte sich niemals die Mühe gegeben und ihr einen Brief geschrieben - bis auf den, in dem er mit ihr Schluss gemacht hatte und mit ihm war sie ein Jahr lang zusammen gewesen, anstatt fünf Tage seine Laborpatnerin zu sein. Sie beschloss, nicht mehr länger sauer auf Draco zu sein und nachmittags mit ihm in die Bibliothek zu gehen. Er war ihr in der letzten Woche ein guter Freund gewesen und sie wusste, dass er in seiner Vergangenheit viel erlebt hatte, das ihn gezeichnet hatte und über das er wahrscheinlich noch nicht sprechen konnte. Hermine lief in den Gemeinschaftssaal der Achtklässler hinunter und hoffte, ihn dort anzutreffen, aber er war nicht da. Erst als sie in die große Halle kam, um dort zu frühstücken, traf sie ihn an. Draco schaute hoch und erst als sie ihn anlachte, glätteten sich die Falten auf meiner Stirn. "Der Brief... er war wirklich nett, Draco. Ich wusste nicht, dass du so sensibel sein kannst", Hermine lachte und strich sich die Haare zurück, die vom Vortag noch glatt waren, "und natürlich können wir noch Freunde sein. Ich habe gestern wahrscheinlich einfach ein bisschen überreagiert." "Was genau war denn das Problem, wenn ich fragen darf?", fragte Draco langsam und schaute auf seine Hände. "Ich denke, dass ich dich einfach vor Marietta beschützen wollte, weil sie so hinterhältig sein kann. Du bist schließlich ein Freund von mir und ich wollte nicht, dass sie dir weh tut", stammelte Hermine. "Du musst dir wirklich keine Sorgen machen. Sie ist nicht wirklich das, was ich als Traumfrau bezeichnen würde", antwortete Draco und lachte, um die Stimmung aufzulockern. Hermine dachte daraufhin darüber nach, dass sie ihren Gegenüber noch nie so aufrichtig und von innen heraus hatte lachen hören, es hörte sich wirklich schön an und verleitete sie sofort dazu, es ihm gleichzutun. "Was entspräche denn eher deinem Beuteschema?", fragte sie und lächelte verschmitzt. "Oh nein, das werde ich nicht beantworten! Da kann ich nur etwas falsch machen. So kannst du mich nicht aus der Reserve locken. Vielleicht, wenn ich das nächste Mal bei Slughorn zu viel Wein trinke", lachte er. Hermine seufzte laut und demonstrativ, aber war andererseits auch froh, nichts gehört zu haben, das ihren Vorstellungen - oder Wünschen - nicht entsprach. 

Der Tag ging so gut weiter, wie er angefangen hatte. Hermine und Draco gingen nach dem Frühstück direkt in die Bibliothek, um Astronomie und Verwandlung zu lernen und lachten genau so viel wie beim Frühstück. Hermine war wirklich froh, Draco als Freund gefunden zu haben. "Wir sind einfach auf derselben Wellenlänge", dachte sie, als sie abends im Bett lag, "Mit Ron konnte ich nie über schulische Dinge reden. Immer wich er aus, sobald ich ein etwas intelligenteres Thema anschlug. Mit Draco kann ich über alle schulischen Dinge sprechen und er versteht mich und kann mir weiterhelfen." Sie dachte noch weiter über Draco und sich selbst nach und schlief glücklich und zufrieden ein. 

Warum Er?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt