Hermine war froh, dass Harry sie nicht das gesamte Wochenende über ihren Auserwählten ausgefragt hatte. Als er freitagsabends bemerkt hatte, dass sie partout nicht darüber sprechen wollte, hatte er das Fragen sofort eingestellt. Hermine war sich nicht ganz sicher, ob Harry es billigen könnte, wenn sie tatsächlich eine Beziehung mit seinem ehemaligen Erzfeind Draco Malfoy führen würde. Doch an eine Beziehung mit Draco konnte Hermine wirklich nicht denken. Nach dieser Nacht und den nachfolgenden Gesprächen machte er sich wieder rar und Hermine konnte keine weitreichenden Erfolge verzeichnen.
Hermine hatte mit Professor McGonagall vereinbart, dass sie und Ginny am Freitagabend über ihren Kamin zu Harry reisen konnten, wenn sie am Sonntagabend um spätestens sieben Uhr zurück sein würden. Nachdem sie aus dem Kamin ihrer Schulleiterin gestiegen waren, trennten die beiden Mädchen ihre Wege und Hermine ging die Treppen hoch zum Achtklässlerturm. Im Gemeinschaftssaal angekommen schaute sie sich um und suchte mit ihren Augen das Zimmer ab. Draco fand sie nicht. „Vermutlich ist er schon in seinem Zimmer", dachte Hermine traurig und stieg ebenfalls die Treppen zu ihrem Schlafsaal hinauf. Sie hatte Glück – Lavender war wohl noch nicht von ihrem Ausflug zurück. Hermine zog die Vorhänge ihres Himmelbettes vor, nahm sich ein Buch zur Hand, las noch eine Weile und schlief dann ein.
Auch beim Frühstück sah Hermine Draco nicht. Sie dachte sich nichts dabei, da es vermutlich zu seiner Strategie gehörte, ihr aus dem Weg gehen zu wollen, um nicht in Versuchung zu kommen. Erst, als sie ihm weder in Verwandlung noch in Astronomie begegnete und er auch nicht wie sonst in den Kerkern an ihrem Tisch wartete, begann sie sich, Sorgen zu machen. Sie bog auf dem Weg zu ihrem Arbeitsplatz ab und lief zum Pult des Zaubertränkemeisters. „Professor Slughorn, wissen Sie, wo Draco ist? Wir sollten doch heute den neuen Trank fertig machen", fragte sie. „Miss Granger... Es gab einen privaten Zwischenfall, weswegen die Schulleiterin Mister Malfoy gestattet hat, sich die nächste Woche frei zu nehmen und sie mit seiner Familie zu verbringen." Hermine konnte es kaum fassen. „Was mag seiner Familie nur passiert sein? War etwas mit seiner Mutter, seinem Vater?", fragte sie sich und begann allmählich, sich wirklich Sorgen um Draco zu machen. Sie wollte für ihn da sein und sich um ihn kümmern. Hermine dachte daran, ihm einen Brief zu schreiben, aber sie wusste nicht, ob seine Verwandtschaft es gutheißen würde, wenn Draco eine Nachricht von einer muggelstämmigen Hexe erhielt. Auch wenn es sie innerlich zerriss, entschied sie sich dafür, ihren Plan nicht in die Tat umzusetzen. Missmutig machte sie sich daran, die Zutaten, die sonst immer schon bereitlagen, zusammenzusuchen und auf ihrem Arbeitsplatz auszubreiten. Es würde eine sehr lange Woche für sie werden.
Ein paar Tage später saß Hermine nachmittags auf dem Quidditch-Feld und schaute ihrer besten Freundin, die von Professor McGonagall zur Kapitänin der Gryffindors ernannt worden war, beim ersten Auswahl-Training zu. Der Wind blies kalt und Hermine hatte dummerweise ihre Handschuhe vergessen. Als sie gerade wieder in den Gemeinschaftssaal zurückkehren wollte, um sich etwas aufzuwärmen, trat Neville zu ihr. „Hallo Hermine! Ist dir nicht kalt? Deine Lippen sind schon blau angelaufen", er lachte. „Ich wollte gerade reingehen und mir eine heiße Schokolade bei den Hauselfen holen. Möchtest du nicht mitkommen?", fragte Hermine. Ihr Freund nickte und beide liefen zur Küche und wurden von den Elfen umsorgt. „Hermine, ich wollte dich schon lange einmal fragen, was mit dir los ist. Nimm es mir nicht übel, aber du wirktest lange Zeit sehr unglücklich, Anfang November ging es dir plötzlich wieder gut – du warst fast schon euphorisch – und seit ein paar Tagen schaust du wieder so traurig. Wenn du nicht darüber sprechen möchtest, kann ich das verstehen, aber ich mache mir wirklich Sorgen um dich, Hermine." Die kleine Hexe hatte sich bereits gedacht, dass ihre Stimmungsschwankungen in den letzten Monaten von ihren Schulkameraden nicht unbemerkt geblieben sind. Trotz allem hatte sie gehofft, dass niemand sie darauf ansprechen würde, da sie nicht genau wusste, was sie antworten sollte. Konnte sie Neville den wahren Grund für ihr Gefühlswirrwarr beichten? „Neville hör zu: Es gibt jemanden, für den ich eine Menge empfinde, aber meine Beziehung zu ihm ist nicht allzu leicht. Es gab in den vergangenen Wochen ein ständiges Hin und Her und ich weiß wirklich nicht, wie ich weiter damit umgehen soll", antwortete sie und hoffte, nicht allzu viel verraten zu haben. Neville sollte nicht erraten können, um wen es sich bei Hermines Ausführungen gehandelt hatte. „Ist es.... Draco?", fragte er langsam und schaute Hermine fest in die Augen, weshalb er vermutlich Hermines einerseits ertappten, andererseits entsetzten Gesichtsausdruck wahrnahm. Er sprach weiter: „Bevor du fragst, woher ich es weiß... Er schaut genau so traurig drein. Die sehnsüchtigen Blicke, die ihr euch abwechselnd zuwerft, sind wirklich herzzerreißend. Ich verstehe schon, dass du nichts sagen wolltest. Aber du musst dich nicht schämen, du musst das nicht vor mir geheim halten. Ich weiß, dass Draco sich geändert hat, ich habe es mit eigenen Augen gesehen. Meinst du wirklich, dass er vor drei jahren mit mir auf einem Zimmer geschlafen hätte, ohne mir in der Nacht Flubberwürmer in die Hose zu stecken? Wenn Harry und Ron ihn so kennenlernen wie ich, dann musst du keine Angst davor haben, dass sie euch zusammen nicht akzeptieren könnten", als Neville das sagte, fiel Hermine ein Stein vom Herzen. Endlich gab es jemanden, dem sie sich anvertrauen konnte. Jemanden, der verstand, weshalb sie an das Gute in Draco glaubte. „Danke Neville", sagte Hermine und lächelte, „Das bedeutet mir wirklich viel."

DU LIEST GERADE
Warum Er?
FanficHermine kehrt nach dem Kampf um Hogwarts wieder an ihre alte Schule zurück, um ihr siebtes Schuljahr zu vollenden. Da Harry und Ron beschließen, nicht mit ihr zusammen zu gehen, fühlt sie sich zunächst einsam. Doch dann lernt sie einen ehemals verha...