Die Weihnachtsferien waren wohl die zwei schönsten Wochen, die Draco in seinem gesamten Leben jemals erleben durfte. Hermine und er verbrachten jede Minute zusammen. Neben der Vorbereitung auf die UTZ-Prüfungen, die am Ende des Schuljahres stattfinden würden und der sie sich stets morgens bis nachmittags widmeten, versuchten die beiden, sich noch näher kennenzulernen. Die dicke Wand, die Draco jahrelang um sich aufgebaut hatte, um niemandem seine wahren Gefühle zu offenbaren, begann langsam zu bröckeln und Hermine verstand immer besser, weshalb der ehemalige Vorzeige-Slytherin sich in der Vergangenheit so mies verhalten hatte. Zu Dracos Glück verstand sie ebenso, wieso er sich nun geändert hatte. Beide erzählten sich große Geheimnisse – Draco davon, was er während der Zeit, in der der dunkle Lord bei ihm gewohnt hatte, gesehen hatte und Hermine davon, was Dumbledores Plan gewesen war, um eben diesen zu stürzen. Ob Hermines Erzählungen war Draco extrem beeindruckt von Intelligenz des Mannes, den er stets für verrückt gehalten und den er beinahe getötet hatte.
Ein wenig fürchtete sich Draco davor, wie die Mitschüler, die das mit ihnen noch nicht erfahren hatten, wohl reagieren würden, sobald die Schule wieder anfangen würde. Obwohl der Krieg vorbei war und der Ruf des Hauses Slytherin sich im Vergleich zu früher ein wenig gebessert hatte, war es für die meisten wohl noch sehr ungewohnt, eine Löwin mit einer Schlange zu sehen – vor allem dann, wenn es sich bei der Löwin um eine Kriegsheldin und bei der Schlange um einen ehemaligen Todesser handelte. Viel mehr als vor seinen Mitschülern fürchtete er die Reaktion der Presse. Spätestens nach ihrem Abschluss würde ihre Beziehung an die Öffentlichkeit dringen und dort zerrissen werden. Oft genug fragte er sich, ob Hermine nie daran gedacht hatte, was alle anderen von ihr denken würden. Für sie musste das Ganze doch viel schlimmer sein als für ihn selbst. Warum sie trotz allem mit ihm zusammen war, war nicht nur für das Wiesel, sondern auch für Draco ein Rätsel. Diese Gedanken plagten ihn meist nur dann, wenn er allein im Bett lag und Hermine ihn nicht ablenken konnte. Sobald sie bei ihm war, vertrieb sie die Dunkelheit, die Draco immer noch nicht ganz loswerden konnte.
Für Draco standen nicht nur die UTZ-Klausuren an, er musste sich auch langsam für das Aurorenprogramm des Zaubereiministeriums zu bewerben. Auch davor fürchtete er sich ein wenig. Es war nicht klar, wie das Ministerium reagieren würde, wenn Draco sich wirklich für diese Ausbildung entschied. Obwohl seine Noten großartig waren – fast in jedem Fach hatte er das Ohnegleichen geschafft; lediglich in Kräuterkunde konnte er Professor Sprouts Erwartungen nur übertreffen – konnte er sich nicht vorstellen, dass sein bevorzugter Arbeitgeber allzu erfreut über seine Bewerbung sein dürfte. „Rita Kimmkorn wird schon ihren Senf dazu abgeben", dachte Draco bitter, während er sich an dem Sonntag, bevor die Schule wieder beginnen würde, auf den Weg in die große Halle zum Frühstück machte. Seine schlechte Laune verflüchtigte sich erst, als er Hermine am Tisch der Achtklässler sitzen sah. „Guten Morgen", begrüßte sie ihn fröhlich und nahm ihre Bücher von der Bank, damit er sich zu ihr setzen konnte. „Langsam läuft die Frist für deine Bewerbung ab", sagte sie und sprach damit das Thema an, das Draco am liebsten vergessen würde. „Ich weiß", murmelte er kleinlaut, „ich setze mich später daran und schicke sie heute noch ab." Zufrieden drückte sie ihm einen kurzen Kuss auf die Wange und widmete sich wieder ihrem Frühstück und den daneben liegenden Büchern. Auch Draco lud sich Rührei und Speck auf den Teller. Er würde die Ruhe beim Essen vermissen, wenn am nächsten Morgen die anderen Schüler wieder da wären.
Draco saß wenig später in der Bibliothek und brütete über seiner Bewerbung. Konnte er wirklich als besondere Fähigkeit angeben, viel über die dunklen Künste zu wissen und sich deshalb besser in einen Verbrecher hineinversetzen zu können? De facto sollte seine Vergangenheit schon hilfreich für seinen Berufswunsch sein, doch würde das das Ministerium auch so sehen? Auch sein Insiderwissen über die ehemaligen Todesser und welche schwarzmagischen Artefakte sie noch besaßen könnte man als besonders bezeichnen. Doch auch sein Zuhause war voll von diesen Dingen. Doch wenn selbst das Wiesel eine Stelle als Auror bekommen konnte, sollte es doch für ihn nicht allzu schwer sein? Er würde Ron in einem Duell in die Tasche stecken. Doch darum ging es wohl nicht. Weasley war genau wie Hermine ein Held. Er hatte an Potters Seite für die Freiheit gekämpft, anstatt wie er selbst die Todesser in die sicherste Festung der Zaubererwelt einzuschleusen. Es war aussichtslos. Das Ministerium würde ihn niemals als Auror einstellen. Wieso auch? Sie hatten weitaus bessere Möglichkeiten. Trotz allem rollte er das vollbeschriebene Pergament zusammen und band es zu. Niedergeschlagen machte Draco sich auf den Weg in die Eulerei. Er suchte sich eine kleine, braune Eule aus, übergab ihr den Brief und fütterte sie zum Dank mit einem kleinen Keks. „Hoffentlich bringst du mir Glück", murmelte er ihr zu und entließ sie aus dem Fenster.
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Warum Er?
FanfictionHermine kehrt nach dem Kampf um Hogwarts wieder an ihre alte Schule zurück, um ihr siebtes Schuljahr zu vollenden. Da Harry und Ron beschließen, nicht mit ihr zusammen zu gehen, fühlt sie sich zunächst einsam. Doch dann lernt sie einen ehemals verha...