Kapitel 30

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Dracos Woche war mehr als trist. Zwar sah er seiner Mutter an, dass sie ein wenig erleichtert war, dieses Kapitel endlich abschließen zu können, aber die Vorbereitungen für eine Beerdigung zu treffen, bei der die betreffende Leiche nicht wirklich beerdigt werden konnte, weil sie nicht aus Askaban hinaustransportiert werden durfte, deprimierte ihn. Für seine Mutter war sein Vater schon seit dem Kuss des Dementors wie tot gewesen. Auch der Besuch seiner Verwandten deprimierte ihn. Was würden sie wohl sagen, wenn sie wüssten, dass Draco Malfoy Tag ein Tag aus an eine muggelstämmige Hexe dachte? Sie lebten allesamt noch nach den verstaubten, antiquierten Werten, an die er einst selbst noch geglaubt hatte. Aber wer konnte ihm diese Ansichten vorwerfen? Draco war so erzogen worden, hörte von allen Seiten, dass er wertvoller war, als halbblütige Zauberer und weitaus mehr Wert besaß, als Muggelstämmige. Erst nach und nach war ihm klargeworden – auch durch seine Bekanntschaft mit einer gewissen Hermine Granger, die trotz oder gerade aufgrund ihrer Herkunft magische Meisterleistungen hervorbrachte – dass der Wert einer Hexe oder eines Zauberers nicht vom Blut abhängig gemacht werden durfte. Einzig und allein seine Tante Andromeda schien ein Lichtblick zu sein. Sie war mit einem muggelstämmigen Zauberer verheiratet und seitdem in der Familie Black geächtet. Seine Mutter hatte sich in den letzten Monaten jedoch mit ihrer Schwester ausgesprochen und in ihr eine wichtige Vertraute gefunden, die sie ob des Todes ihres Ehemannes auch brauchte.

Draco wollte sich gar nicht ausmalen, wie es Hermine wohl ging, während er weg war. „Vielleicht denkt sie, dass ich Hogwarts verlassen habe, weil ich ihre Nähe nicht mehr ertragen konnte? Oder es mag zu ihr durchgedrungen sein, dass es in meiner Familie einen Todesfall gegeben hat. Sie wird sich schrecklich Sorgen machen...", dachte er traurig. Draco wollte es vermeiden, an sie zu denken und sie zu vermissen. Aber er konnte nicht damit aufhören, an Hermine zu denken und sich vorzustellen, wie seine Tage aussähen, wenn sie wirklich in seinem Leben wäre. Er wäre nicht mehr länger mit seinen Problemen alleine, er würde sich ihr anvertrauen können. Sie würde ihm beistehen, vor allem jetzt in dieser schweren Zeit. Hermine wäre fürsorglich und hilfsbereit – auch seiner Mutter gegenüber. Narcissa hätte wohl kein Problem mit einer Beziehung zwischen Draco und Hermine. Seitdem der Krieg geendet hatte, war es ihr nur noch wichtig, dass ihr einziger Sohn glücklich war. Auch ihre Schwester hatte wohl dazu beigetragen, dass Narcissa ihre früheren Ansichten überdacht hatte.

An dem trüben Freitag, an dem die Beerdigung seines Vaters stattfinden sollte, fand er seine Mutter im Salon sitzend vor. Obwohl es ihn deprimierte, seiner Mutter so nah zu sein, wollte er sie trösten und gesellte sich zu ihr. „Hallo Mutter", sagte er gedämpft, um sie nicht zu erschrecken, da sie mit dem Rücken zu ihm saß und starr aus dem Fenster schaute. „Wie geht es dir heute morgen?", fragte er weiter. „Erstaunlicherweise fühle ich mich gut", sagte sie und schaute ihren Sohn an. „Ich bin fast schon erleichtert. Ich muss mich nicht mehr ständig fragen, wie es deinem Vater wohl geht und ob er überhaupt noch etwas denken oder empfinden kann. Die schlechten Gedanken, die mir seit seiner Inhaftierung stets im Hinterkopf herumschwirren, sind verschwunden. Außerdem hilft es mir, dass du und Andi sich so gut um mich kümmern. Ich bin so froh, meine Schwester endlich wieder zurück zu haben." Draco war wirklich froh, dass es seiner Mutter so viel besser ging, was auch seine eigene Laune um Welten verbesserte. Er müsste seine Verwandten und die gedrückte Stimmung, die sie dauerhaft verbreiteten, nur noch über das Wochenende ertragen müssen. Anschließend würde Draco wieder nach Hogwarts zurückkehren können. Und dann? Hermine würde nicht damit aufhören, ihn zu belagern und er würde nicht mehr lange dazu im Stande sein, sie von sich fernzuhalten. „Liebling, kann ich dich etwas fragen?", sagte seine Mutter leise und schaute ihn an, woraufhin er nickte. Sie sprach weiter: „Dir scheint es nicht gut zu gehen. Mir ist bereits vor dem Tod deines Vaters aufgefallen, dass deine Briefe sehr lustlos klingen. Am Anfang des Schuljahres klangst du noch ganz anders – du hattest Freunde gefunden und dich im Unterricht wirklich gut gemacht. Woran liegt das? Was ist mit dir los?" Draco erstarrte. Er hätte nicht gedacht, dass seiner Mutter sein Stimmungstief auffallen würde. Er war sprachlos, wusste nicht, was er seiner Mutter erzählen konnte, das von seinen wahren Gefühlen ablenken würde. Er stammelte unverständliche Worte, die sein Gegenüber sicher nicht besänftigen konnten. „Liebling, hat es mit der Schule zu tun? Hast du zu viel Stress?", fragte sie und ihr Sohn schüttelte vehement den Kopf. „Dann sind es deine Lehrer? Akzeptieren sie dich nicht oder behandeln sie dich wegen deiner Vergangenheit anders als deine Mitschüler? Soll ich mit Professor McGonagall reden?", fragte sie weiter, doch ebenso wie beim ersten Mal schüttelte Draco den Kopf. „Hat es mit einem Mädchen zu tun?", fragte Narcissa lächelnd und Draco schaute beschämt zur Seite, wodurch sie bemerkte, dass sie den Nagel auf den Kopf getroffen hatte. „Du hattest schon lange keine Freundin mehr. Ich würde mich für dich freuen, wenn du nicht länger allein wärst", bemerkte sie fast schon euphorisch. „Dazu wird es nur leider nicht kommen Mutter", Draco knirschte mit den Zähnen, er wollte nicht weiter darüber sprechen. „Aber wieso denn nicht?", fragte sie enttäuscht, „Mag sie dich nicht so wie du sie? Oder Hat sie schon einen Freund? Was ist das Problem. Seine Mutter war schon immer neugierig gewesen, doch heute nervte sie ihn besonders. Eigentlich wollte Draco am Tag der Beerdigung seines Vaters nett zu ihr sein, doch es fiel ihm schwer. „Mutter bitte, ich möchte nicht darüber reden", sagte er und Narcissa nickte langsam. „Ich möchte nur, dass du weißt, dass ich bei all deinen Entscheidungen hinter dir stehe. Und wenn du ein Mädchen wirklich gern hast, werde ich sie auch mögen. Mach dir keine Sorgen."

Warum Er?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt