Kapitel 34

2.7K 137 7
                                    

Draco hatte seine Mutter darum gebeten, ihm seinen Festtagsumhang zuzuschicken, um in Hogsmeade nicht noch extra einen kaufen zu müssen. Lediglich eine Krawatte hatte er letzte Woche im Dorf erworben. Er war zwar durchaus überrascht gewesen, als Hermine ihm sagte, dass sie nur dann zu ihrem Kleid passen würde, wenn sie dunkelgrün wäre, aber er dachte sich nichts dabei. Hermine wollte ihm wohl nur gefallen.

Es war natürlich riskant, mit Hermine zum Ball zu gehen; Draco wollte nicht, dass die ganze Schule erfahren würde, was zwischen den beiden vor sich ging. Es ging nicht um ihn selbst, er wollte nicht, dass die Zaubererwelt Hermine anders sah als zuvor. Eine Kriegsheldin konnte sich wohl kaum mit einem ehemaligen Todesser sehen lassen. Doch Draco kam immer wieder derselbe Gedanke: „Ich werde auf sie warten. Ich werde so lange warten, bis ich so ein Mädchen wie Hermine endlich verdient habe. Wenn ich den Abschluss gemacht und eine Stelle als Auror im Ministerium ergattert habe, werde ich der Welt und Hermine zeigen, dass ich ein anderer geworden bin – einer von ihnen."

Die beiden hatten vereinbart, dass Draco an der Treppe der großen Halle auf Hermine warten würde. Am Abend des Balls war er also – zehn Minuten zu früh, wie es so seine Angewohnheit war – am abgemachten Ort und wartete auf sie. „Oh Harry schau dir das an! Da ist ja der feine Mister Malfoy!", lallte es hinter Draco. Er drehte sich um und sah das Wiesel, wie es sich an Potter festhalten musste, um nicht umzukippen. Ronald hatte wohl schon früher mit dem Feiern begonnen. „Auf wen wartest du denn? Ach was rede ich da, du gehst doch ohnehin allein. Wer würde schon mit einem Todesser wie dir zum Ball gehen?", fragte das Wiesel hämisch, während Harry versuchte, seinen Freund zurückzuhalten. „Tut mir leid, Mann", murmelte Potter, um sich für den Mann neben sich zu entschuldigen. „Schon gut", antwortete Draco, „Schön, dass ihr gekommen seid. Hermine wird sich sicher freuen." Potter schien sichtlich verwirrt zu sein, ob der Tatsache, dass Draco Hermines Vornamen benutzt hatte und überhaupt über sie sprach. Harry verabschiedete sich und machte sich wohl auf die Suche nach seiner Freundin Ginny.

Draco wandte sich wieder dem Treppenabsatz zu und dann sah er sie. Sie schritt langsam und elegant die Treppe hinunter. Sie sah absolut umwerfend aus. Ihr Kleid – dunkelgrün mit silbernen und goldenen Stickereien unterhalb des Kragens – war oben eng und fiel dann ab der Taille bis zu ihren Füßen herab. Sie trug einen feinen silbernen Ring. Ihre Haare waren nicht glatt, sondern fielen in sanften Wellen über die linke Schulter. Draco blieben alle seine Worte im Munde stecken. Er wusste nicht, welches Kompliment er Hermine machen konnte, welches ihrem Anblick auch nur ansatzweise gerecht wurde. Nach gefühlten Stunden war sie bei ihm angekommen und er brachte eine leise Begrüßung zustande. Hermine gefiel es sichtlich, dass es ihrem Begleiter die Sprache verschlagen hatte. „Wollen wir hineingehen?", fragte er nach einigen Sekunden, doch sie zögerte. „Was hat das zu bedeuten?", fragte Draco sich, „Hat sie Zweifel? Will sie doch nicht mit mir gesehen werden?" Doch nach kurzer Zeit schüttelte Hermine kaum merklich den Kopf und zog Draco mit in die große Halle. Obwohl es Winter war, konnte man durch das Dach der großen Halle hindurch einen sternenklaren Himmel erkennen. Durch die Luft schwebten tausende glitzernder Lichter. Neben dem riesigen Weihnachtsbaum, der in einer Ecke des Raumes aufgestellt worden war, standen zwei lange Tische, auf denen erlesene Speisen und Getränke drapiert waren. Draco staunte nicht schlecht und seiner Begleiterin ging es nicht anders. Er fragte Hermine, ob er ihr etwas zu trinken bringen konnte und sie willigte ein. Ängstlich erinnerte er sich an die Halloween-Nacht, in der Hermine das letzte Mal Alkohol getrunken hatte und die Situation so ausgeartet war. Aber dieses Mal hatte sie wohl keinen Grund, ihn auf sich aufmerksam zu machen. Er war ihr Begleiter und außerdem war er absolut hin und weg von ihr.

Nachdem beide in Ruhe ein Glas Wein getrunken hatten, forderte Draco Hermine zum Tanzen auf. Sie lief rot an und stammelte, dass sie nicht besonders gut tanzen könne und es ihr deshalb sehr unangenehm sei, doch er winkte ab. „Alles nur eine Sache der Führung", er grinste verschmitzt und zog sie mit sich. Da ein langsames Lied begann, wurde das Licht in der großen Halle gedimmt. Wäre Draco nicht so fixiert auf seine Tanzpartnerin gewesen, hätte er sicher über die klischeehafte Situation gelacht. Doch in seinem Kopf gab es nichts anderes als die großen, braunen Augen des Mädchens, das ihm gegenüberstand. Alles Übrige war unwichtig geworden. Wer sie sah und was sie dachten, spielte in diesem einen Moment keine Rolle. Hermine ging es wohl auch so, denn sobald sie beide auf der Tanzfläche waren, entspannte sie sich und legte ihren Kopf an seine Schulter.

Nach einer gefühlten Ewigkeit, in der die beiden nur eng verschlungen auf der Tanzfläche verbracht hatten, hörte Draco jemanden lallen: „Der Todesser hat ja doch eine abgekriegt." Es überraschte Draco, dass das Wiesel überhaupt noch stehen konnte. Auch Hermine hatte ihren Exfreund gehört und drehte sich zu ihm um. Dem rothaarigen Mann fiel die Kinnlade herunter. Während er wohl seine Gedanken ordnete, versuchte Lavender vehement, ihren Freund von der Tanzfläche zu ziehen – wohl, um die folgende Szene zu vermeiden.

Warum Er?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt