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„Musst du denn wirklich? Ich meine, du könntest es auch ausfallen lassen und wir verziehen uns in dein Bett?" ich nahm Kylies Hand, aber er schüttelte nur den Kopf. „Nein Finn. Ich habe viel für diese Uni geopfert und jetzt möchte ich auch hingehen. Du wirst schon noch eine Woche ohne mich auskommen! Sei froh, dass du noch nicht heute, sondern in sieben Tagen an deiner neuen Schule anfangen darfst. Du hast Zeit dich einzuleben." er gab mir einen Kuss auf die Stirn und war dann durch die Haustüre verschwunden, welche hinter ihm zufiel.

Man, was sollte ich denn ohne Kylie machen? Ich durfte keine der zahlreichen Serien weiterschauen, welche wir zusammen sahen, ich konnte nicht weggehen, weil ich noch keinen Führerschein und vor allem auch kein zweites Auto hatte, und zu Devin wollte ich nicht, der war blöd! Also was blieb mir noch übrig?

Während ich noch auf der Couch saß und über eine Möglichkeit nachdachte, meinen Tag zu gestalten, kam mir die Idee, dass ich mich ja einfach Mal entspannen konnte. Ich meinte, in der letzten Zeit war so viel passiert und ich hatte nie wirklich Zeit gefunden, um mich wirklich zu erholen oder zu entspannen, also hatte ich doch jetzt die perfekte Zeit dafür, oder nicht?

Schnell rappelte ich mich von meinem bequemen Sitzplatz auf und ging zu den Küchenregalen, die ziemlich spärlich gefüllt waren. Und dabei musste ich doch etwas essen! Was für ein Glück, dass mein Vater mir bei seinem Besuch auch eine Kreditkarte anvertraut hatte, mit der ich Geld abheben konnte, für alltägliche Dinge und Ausflüge. Ich glaubte manchmal, er achtete jetzt mehr darauf, was ich tat, damit ich nicht ein weiteres Mal in die Klapse musste. Aber im Moment war ich auffallend glücklich. Woran auch immer das wieder lag.

Ich checkte nochmal kurz meine Hosentaschen und verließ dann, wie Kylie vor einer halben Stunde, das Haus. Es war schon ungewohnt und vor allem ziemlich neu für mich, auf einmal auf mich selbst gestellt zu sein. Außerdem kannte ich mich noch nicht aus, und bewegte mich nur mit der Hilfe von Google Maps auf meinem Handy fort. Am Ende unserer Straße sollte ein kleiner Supermarkt mit Bankautomat sein, also war das mein Ziel.

„Entschuldigen sie, könnten sie mir helfen?" fragte ich eine etwa fünfzigjährige Frau, die mir auf der Straße entgegenkam. „Natürlich, was brauchst du denn?" sie lächelte freundlich und ich grinste leicht verlegen zurück. „Ich bin erst diese Woche hergezogen und finde mich noch nicht zurecht. Hier in der Nähe sollte doch irgendwo ein Supermarkt sein, nicht?" stellte ich meine Frage und sie nickte. „Ja, nur noch ein paar Meter die Straße runter, dann rechts bis zur Ampel über die Straße und gegenüber des Skateparks." erklärte sie und ich nickte.

„Ok, vielen Dank! Sie haben mir wirklich sehr weitergeholfen!" ich wollte schon weggehen, aber sie schien das Gespräch aufrecht erhalten zu wollen. „Bist du mit deinen Eltern hier? Oder ganz alleine?" erkundigte sie sich. „Alleine. Naja, nicht ganz, ich bin bei meinem Freund eingezogen." erklärte ich und sie schaute mich etwas verwirrt an. „Also eine MännerWG?" hakte sie weiter nach.

„Nein, wir sind zusammen. Aber wir haben keinen Sex, also könnte man es auch so nennen." antwortete ich mit einem ganz beiläufigen Gesichtsausdruck als wäre es das normalste auf der Welt für mich, mit einer Fremden über Sex zu sprechen. „Also, diese Art von Lebensweise werde ich nie verstehen. Aber wenn sie meinen." damit drehte sie sich um und ging weg, in die Richtung aus der sie gerade gekommen war. Naja, vielleicht hatte sie ja was vergessen?

Manchmal waren meine Selbstgespräche ziemlich gehässig, aber es gehörte ihr ja nicht anders! Aber wenigstens wusste ich jetzt wo ich hinmusste, um mir meine lebenswichtigen Sachen zu besorgen.

„Wow, wirklich schön." ich nahm einen Apfel in die Hand und der Mann hinter dem Tresen lächelte mich freundlich an. „Na, dich hab ich hier ja noch nie gesehen. Bist du neu?" er zwinkerte mir zu und irgendwie fühlte sich das nicht richtig an. Warum waren alle hier so neugierig? Auch wenn er bei weitem nicht so unsympathisch wirkte, wie die Frau, die mir begegnet war.

Ich atmete tief durch, dann lächelte ich ihn an und beantwortete die Frage: „Ja, ich bin erst vor kurzem hierher gezogen.". „Na dann. Sag Mal, gehörst du zu Devin?" er zwinkerte mir zu und ich war so perplex, dass ich nicht Mal antworten konnte. Was sollte diese Frage denn? Sah ich etwa so aus als würde ich zu ihm gehören?

„Nein, aber warum fragen sie?". „Oh man, dann tut es mir leid, dass ich mit dir geflirtet habe. Es ist nur so das Devin manchmal so hübsche Jungs wie dich für ein paar Wochen bei sich hat und die sind eigentlich immer ganz spaßig." er grinste und ich ahmte Würgegeräusche nach. „Was hast du denn?" er schien ziemlich irritiert zu sein. „Ich weiß nicht warum so viele Männer auf Devin stehen sollten. Er ist ein unangenehmer Kotzbrocken." erklärte ich.

„Ach was! Der Junge ist schwer in Ordnung! Kennst ihn bestimmt nur noch nicht lange genug!" gab der Kassierer seine Meinung preis und ich rollte mit den Augen. „Ja, so wird es sein." stimmte ich ihm dann zu und packte zwei Äpfel in meinen Korb. Jetzt hatte ich aber wirklich genug! Wie sollte ich das alles überhaupt nach Hause transportieren? So viele Arme könnte ich nicht haben, selbst wenn ich ein Oktopode wäre.

„Das ist aber ziemlich billig für alles was ich hier gekauft habe!" ich hielt dem Mann die hundert Dollar hin und er schüttelte den Kopf. „Von welchem Clan bist du denn, dass du denkst ich wäre billig?" scherzte er dann. „Parker. Finn Parker. Sohn von Chris Parker und Juliette Bennet, geborene Dumont." ich lächelte ihn an und nahm meine Tüten, in welche er freundlicherweise mein Zeug eingepackt hatte. „Einen schönen Tag ihnen noch!" wünschte ich ihm beim verlassen das Ladens. Er antwortete nicht mehr. Immerhin war er viel zu beschäftigt damit, meinen Namen zu googeln.

Zu meinem großen Glück traf ich sonst keine neugierigen Anwohner mehr. Aber das war hier wohl so üblich. In Vorstadtsiedlungen kannte jeder jeden und das war hier nicht anders. Vielleicht hatte ich es mir gerade auch schwerer gemacht, weil ich diesem Mann meinen Namen gesagt hatte. Bestimmt wussten innerhalb von nur zwei Tagen alle hier im Ort, wer ich war und warum ich hier war.

'Oh man! Finn, bist du wirklich so dumm?' hörte ich in Gedanken schon meinen Freund schimpfen. Ja, ich war so dumm. Ich hätte die Frau nicht so anmachen dürfen. Aber hatte sie es nicht verdient? Während ich noch über meinen kleinen Spaziergang Gedanken machte und dabei die Einkäufe verstaute, sperrte Kylie die Haustüre auf und kam herein. „Was machst du denn da?" so schnell er konnte zog er mich von dem Barhocker, auf welchen ich mich gestellt hatte, um an das oberste Regal heranzukommen.

„Ich habe doch nur das Zeug aufgeräumt, das ich gekauft habe! Warum bist du überhaupt schon da?" ich kämpfte mich frei und Kylie zeigte nur auf die Küchenuhr. „Es ist fünf Uhr Nachmittags. Weshalb sollte ich denn nicht zu Hause sein?" er schien ziemlich irritiert und ich schüttelte den Kopf. „Das kann doch nicht stimmen! Ich bin doch fast zeitgleich mit dir rausgegangen! Was hab ich denn gemacht, das so lange gedauert hat?" dachte ich nach.

„Das ist jetzt nicht wichtig! Wichtig ist, dass du nie wieder auf einen dieser Stühle steigst! Das ist gefährlich Finn, du hättest dir das Genick brechen können!" schimpfte Kylie mich. „Kommt nie wieder vor." ich richtete den Blick auf den Boden, ich wollte nicht sehen das er enttäuscht war. „Hey, ich mach mir doch nur Sorgen um dich!" er nahm mich in den Arm und küsste meine Stirn. „Lass mich dir helfen!". 

Wanted to be lovedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt