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„Finn Parker also. Gut, dann folge mir Mal." mein Klassenlehrer ging mir voraus durch die Gänge und pfiff fröhlich vor sich hin. Wer konnte an einem Monat morgen nur so gut gelaunt sein? „Und? Hast du dich schon eingelebt? Der Umzug kam ziemlich plötzlich, aus welchem Grund wenn ich fragen darf? Hatten sie große Probleme an ihrer alten Schule?" redete er mich fast platt. „Reden sie immer so viel?" mehr sagte ich gar nicht.

Dabei schien er ziemlich überrascht zu sein. „Normalerweise mögen die Schüler meinen Plausch, vor allem die Neuen." er drehte sich kurz zu mir um. „Ja, weil sie ihnen vorspielen, dass sie ihr Freund sind. Aber alle Lehrer an Privatschulen wollen nur unnötige Sachen wissen, weil ihnen viele Boulevardzeitschriften Geld für so unnötige Dinge bieten." erklärte ich und ging an ihm vorbei in das Klassenzimmer.

Kaum stand ich darin, wollte ich schon wieder umdrehen. Eines der Mädchen hatte eine Gucci Bauchtasche! Was zum Fick? Warum? Auch sonst waren die meisten hier drin eingedeckt mit Kleidung von Gucci, Louis Vuitton und Versace. Kein schöner Anblick. Und gegen die fünfzehn Leute vor mir in Markenklamotten stand ich. Finn, der den Pulli den er trug von seinem Freund geliehen hatte, welcher ihn wiederum aus einem Merchshop hatte, welcher auch normale Designs verkaufte.

Ja gut, ich sah schon, ich würde hier überall anecken. Nicht das es in Californien anders gewesen wäre, aber dort hatten wir einheitliche Schulkleidung, was mich hier schon ziemlich verwunderte. Aber die Schulleitung hatte auf das Nachfragen meines Vaters nur gesagt, dass sie ihren Schülern Platz zur freien Gestaltung ihres Aussehens lassen würden.

„Setz dich neben Sina. Da ist noch Platz." der Lehrer zeigte auf einen Platz neben dem Mädchen mit Gucci Bauchtasche und die Stimme in meinem Kopf stöhnte genervt. Ich mochte sie nur vom Aussehen her schon nicht. „Hey, ich bin Sina." sie hielt mir die Hand hin, die ich natürlich nahm. „Bist du gut in Sprachen? Oder hast du das nur gewählt, weil du keine Lust auf Mathe hattest?" sie lachte und ich schüttelte den Kopf. „Ich bin gut darin Sprachen zu lernen." gab ich dann knapp zurück.

Ich mochte die Schule nicht. Und das schlimmste war bei weitem, erst zu wechseln, als das Schuljahr schon etwas fortgeschritten war. Jeder kannte schon jeden, nur ich hatte noch keine Freunde oder zumindest eine Gruppe an Leuten, mit denen ich meine Mittagspause hätte verbringen können. Also saß ich einfach nur in der Kantine und knabberte an meinen Pommes. Neben dem fantastischen Unterricht mit guten Lehrern, hatten Privatschüler auch das Glück eines guten Mittagessens.

„Hey, hab ich dich vorher auf dem falschen Fuß erwischt?" Sina kam zu mir getapst, ihre Bauchtasche schwang dabei etwas hin und her. Klar, sie war ein hübsches Mädchen, aber diese Tasche, plus das rote, eng anliegende Kleid, als würde sie gleich auf eine Gala gehen, machten das alles für mich irgendwie zunichte. „Nein, nicht wirklich. Ich fühle mich nur nicht wohl. Alle hier tragen solche Designerklamotten und meine Hose hab ich aus dem Walmart." ich atmete tief ein und aus, dann rückte ich ein Stück, sodass sie sich setzen konnte.

„Wenn es dir gefällt, ist das doch nichts schlimmes." sie lachte und begann zu essen. „Ja, du hast vollkommen recht." ich rollte mit den Augen und blieb ziemlich offensichtlich bei ihrer Tasche hängen. „Ach! Ich trag das doch nur, weils mir gefällt!" verteidigte sie sich sofort. „Du solltest dich nicht sofort bei allen hier unbeliebt machen!" riet sie mir dann.

Nerviges Mädchen! „Ich will mich auch nicht unbeliebt machen. Aber ich bin nicht hier, um Freunde fürs Leben unter euch verwöhnten Kindern zu finden.". Wow, das klang jetzt sogar etwas mehr nach Beleidigung als sollte. „Und was bist dann du? Du gehst, genauso wie wir auch, auf eine Privatschule, musstest dir noch nie Gedanken um Geld oder deine Zukunft machen und bestimmt auch noch nie für etwas arbeiten das du wolltest, also hast du kein Recht, so mit mir zu reden!" feuerte sie zurück und ich musste zugeben, dass das, was sie sagte, wirklich wahr war.

Ich war kaum besser als sie. Zwar zeigte ich meinen Reichtum, oder besser, den meiner Eltern, nicht öffentlich, aber alleine was ich vor einer Woche bei diesem Mann gesagt hatte, war schon etwas angeberisch gewesen. „Du hast recht. Aber nur weil ich ein Teil einer gewissen Gruppe bin, heißt das nicht, dass ich diese Gruppe nicht kritisieren darf! Eigentlich ist es mir auch relativ egal, was Leute wie du von mir denken, denn immerhin nutze ich meinen Vater nicht dafür aus, teure Markenprodukte zu bekommen!" ich war wütend geworden, und das merkte man auch.

„Wenn du meinst. Vielleicht sollte ich dann besser gehen, du brauchst ja keine Freunde, die so schlechte Menschen sind, wie du behauptest!" sie drehte den Kopf von mir weg und stand ohne auch nur einen einzigen Blick zu mir zu werfen auf, um zu ihren Freunden zu gehen, die sofort leise anfingen zu tuscheln, als sie sich zu ihnen gesellt hatte.

Ach man Finn! Kannst du nicht einmal nicht schon am ersten Tag alle Leute gegen dich aufbringen? Wie blöd war ich eigentlich? Dabei sah Sina von weitem jetzt gar nicht mehr so schlecht aus. Wir hätten Freunde sein können.

Das ich es mir verscherzt hatte, merkte ich sofort in der ersten Stunde das Nachmittagsunterrichts. Eigentlich hatte Sina versprochen bei mir zu sitzen, weil ich eben außer ihr noch niemanden kannte. Aber kaum das ich mich neben sie gesetzt hatte, schob sie ihren Tisch einfach weg und saß dann neben einem anderen Mädchen, welches mich nur spöttisch anschaute. In diesem Moment hätte ich sie am liebsten alle erwürgt. Alle.

„Wir sehen uns dann morgen. Und du, Neuer, vergiss ja nicht, unsere Pro 1 Rede zu schreiben!" drohte mir einer der Jungs, die mich in ihre Gruppe gelost bekommen hatten, bevor er in die Richtung des Internatsgebäudes davonging und ich mich auf den Weg zum Parkplatz machte, wo Kylie schon auf mich wartete. Es war wirklich kein Wunder, dass mich jetzt schon niemand leiden konnte, wenn ich wirklich eine so schlechte Persönlichkeit hatte, wie ich immer dachte, und anscheinend war auch genau das der Fall.

„Hey, und, wie war es?" Kylie wollte mir meine Tasche abnehmen, aber ich warf mich sofort in seine Arme und weinte ein paar Tränen. „Ich hasse es hier! Ich hasse es, hasse es, hasse es!" weinte ich und wurde sofort von Kylies starken Armen umschlossen. „Alles ist gut, hm? Lass uns erstmal nach Hause fahren, dir etwas warmes zu trinken machen und dann setzen wir uns auf die Couch und reden über alles, OK?" schlug Kylie vor und ich stimmte mit einem Nicken zu, bevor ich auf der Beifahrerseite einstieg. 

Wanted to be lovedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt