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Lange war es komplett still in dem Raum, dann legte Sina sanft ihre Arme um mich. Meinen Kopf hatte ich schon lange wieder in meinem Pulli versteckt. Er roch so gut nach Kylie und ließ meine Gedanken an den schlimmsten Tag in meinem Leben nicht die Kontrolle über mich bekommen. „Das tut mir so leid für dich, wenn ich gewusst hätte..." weiter kam Sina nicht, denn ich stieß sie von mir weg und rannte mit meiner Tasche aus dem Raum. Ich musste nach Hause! Einfach nach Hause! So schnell ich konnte rannte ich nach unten in das Sekretariat und schrie dort angekommen die Sekretärin an, sie solle sofort meinen Freund anrufen, weil es mir nicht gut ginge. Zu meinem Glück sagte sie nichts dagegen und rief einfach an, sodass ich mich auf den Boden setzen und alle meine Probleme ausheulen konnte.

„Hallo. Hey Finni!" Kylie nahm meine Tasche und zog mich an einem Arm hoch, ohne mich dabei überhaupt angesehen zu haben. „Du kannst mich doch nicht einfach..." er brach ab, als er bemerkte, dass meine Augen feuerrot waren und an meinen Wangen noch zwei Tränen hingen.. „Was ist denn passiert?" er zog mich in seinen Arm und schaute zu Sina, welche sich vor einer geraumen Zeit zu mir gesetzt hatte. Bestimmt verpasste sie so schon ein paar Minuten des Nachmittagsunterrichts!

„Wir haben nur ein Spiel gespielt bei dem man immer die Wahrheit sagen muss, wenn man eine Karte zieht auf der eine Frage steht und er hatte dann halt, was sein schlimmstes Geheimnis ist und..." heute hatten wir wohl den Tag der Unterbrechungen, denn Kylie schrie sie fast an. Ich hatte ihn noch nie so wütend gesehen. „Was soll denn das für ein dummes Spiel sein? Ihr könnt doch nicht jemanden dazu zwingen, den schlimmsten Moment in seinem Leben ein weiteres Mal durchmachen zu müssen, nur weil ihr ein blödes Spiel spielen wollt!" schimpfte er und drückte mich dabei fest an sich.


„Es tut uns ja leid, aber wir wussten doch nicht...". „Du brauchst dich nicht bei mir zu entschuldigen! Er ist hier der, dem diese Entschuldigung gilt!" mein Freund schüttelte den Kopf. „Ist schon Ok." murmelte ich leise in seine Brust, während ich an ihm hing wie ein Faultierbaby an der Mutter. „Nein, ist es nicht. Komm, wir gehen nach Hause.".

Wir saßen schon wieder im Auto, da sah Kylie immer noch so aus, als würde er jede Minute platzen. „Vielleicht hätte ich dich doch nicht dazu bringen sollen, dich wieder mit ihr zu versöhnen! Es tut mir so leid Finn!" er nahm meinen Kopf zwischen die beiden Hände und gab mir einen kleinen Kuss auf die Lippen. „Du weißt, dass ich immer nur geliebt werden wollte, nicht?" schweifte ich ab. „Was? Wie meinst du das?" er verstand es wirklich nicht.

„Ich wollte nur sagen, dass ich froh bin, mit dir hier zu sein und dich zu haben, weil ich das alles sonst niemals schaffen würde." diesmal liefen mir die Tränen des Glücks die Wangen hinunter. Es war wahr. Nichts auf dieser Welt machte mich glücklicher als er, und ich konnte wirklich verdammt froh sein, ihn zu haben.

Kylie hatte mich zu Hause abgesetzt, da ging es mir schon wieder ein bisschen besser. Trotzdem brachte er mich danach erstmal ins Bett und wollte sich eigentlich zu mir legen, aber als ich ihm versprach, dass es mir gut ging, fuhr er wieder zurück in die Uni, um seine Vorlesung noch zu beenden. Er hatte für diese Universität so viel in Kauf genommen, für mich sollte er nicht zu Hause bleiben.

Vielleicht hätte ich seine Gesellschaft aber ganz gut gebrauchen können, nach einer Weile wurde mir sehr langweilig. Vielleicht war das ein Zeichen dafür, dass es mit mir bergauf ging. Zwar gab es noch diesen Zusammenbruch, den ich auch in der Therapie öfter gehabt hatte, aber es war wesentlich besser geworden und sie dauerten auch nicht mehr so lange. Das lag bestimmt alles an Kylie. Er war so aufopfernd und fürsorglich, es tat mir einfach gut mir ihm hier zu wohnen.

Als es mir nach der gefühlt hundertsten Folge Power Puff Girls auch zu viel im Bett wurde, musste ich einfach aufstehen und mich bewegen. Es gab noch ein paar Kisten, die ausgepackt werden mussten, also machte ich mich gleich daran und öffnete mit einem Teppichmesser den ersten der fünf Kartons, in denen sich hauptsächlich Kleidung befand. Diese hatte ich kaum gebraucht, also nur den einen mit Hosen, welcher schon geleert war. Das meiste was ich trug war von Kylie und das gefiel mir auch so.

Als ich also den Karton auspackte, fand ich zwischen zwei Pullis ein kleines Kuvert, welches ziemlich dick war. Dabei lag auch ein Brief, er war von Tayler. Dieser schrieb nur ein paar Zeilen:

Kleiner, ich weiß das du diesen Kylie liebst. Und ich weiß, dass ich nichts dagegen tun kann, egal wie sehr ich möchte. Aber du sollst wissen, dass du in allem was du tust immer meine Unterstützung hast. Wir sind nicht blutsverwandt, aber trotzdem bist du irgendwie mein Kind. Kauf dir davon Essen oder sowas. Gib dem Großen aber ja nichts ab!

Wow, das war wirklich süß. Es war auch nicht gerade wenig Geld, als ich es zählte, kamen fast dreitausend Dollar heraus. Das war verdammt viel Schotter! Und ja, ich würde vieles davon in Essen investieren, von dem Kylie niemals erfahren durfte!

„Vielen Dank für ihre Bestellung!" der Pizzabote, welcher ganz nass geworden war, bedankte sich bei mir, nachdem er mir meine Pizza und ich ihm im Austausch dafür etwas Geld gegeben hatte. Mit Taylers Geld würde ich mich durch sämtliche Lieferdienste probieren, wann immer ich Zeit hatte.

Um nicht selbst nass zu werden, brachte ich mein Essen und mich schnell nach drinnen in Sicherheit, wo ich die Heizung angestellt hatte. Es war auf einmal ziemlich kalt geworden, der Himmel wurde durch schwarze Regenwolken verdeckt und es bahnte sich anscheinend ein Gewitter an. Hoffentlich würde Kylie bald nach Hause kommen. Als er weggefahren war, schien draußen noch die Sonne und es war wunderbar warm. Doch jetzt merkte man wirklich, wie der Herbst kam.

Ich suchte mir den schönsten Platz im Haus, die Küchenzeile, setzte mich darauf und begann, meine Pizza zu essen und dazu eine Cola mit vielen Eiswürfeln zu schlürfen. Irgendwie war das alles wunderbar! Obwohl ich heute wieder an das schlimmste Ereignis in meinem Leben denken musste, ging es mir gar nicht mehr so nah. Immerhin wusste ich, dass ich bei Kylie wohlbehütet war. Dieser gesamte Tag, einfach alles, hatte mir gezeigt, dass es endlich bergauf ging. Das die Mühe sich gelohnt hatte.

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