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Zögerlich schließe ich die ranzige Tür zu unserer kleinen Zwei-Zimmer-Wohnung im achten Stock auf. Ich hasse es, nachhause zu kommen, weil es hier alles ist - aber definitiv kein Zuhause.

Sofort dringt mir der Geruch von kaltem Zigarettenqualm entgegen und die lauten Geräusche des nonstop laufenden Fernsehers. Ich ziehe meine Schuhe achtlos im Flur aus und lasse sie auf dem Boden liegen.

Ich werfe einen kurzen Blick in die kleine heruntergekommene Küche, in der sich das dreckige Geschirr wieder mal stapelt und sehe wie zu erwarten kein Mittagessen.

Ich laufe weiter und bleibe im Türrahmen zum Wohnzimmer, in welchem meine Mutter auch schläft, stehen. Sie sitzt in einem fleckigen alten Jogginganzug auf der gemusterten Samtcouch, welche unverkennbar älter als ich ist, und raucht eine Zigarette.

Ihre Haare hängen in fettigen Strähnen vom Kopf herunter und vor ihr auf dem Fliesentisch, Modell Gelsenkirchener Barock, stehen mehrere Flaschen Billigbier.

"Hey", gebe ich leise von mir. Sie hebt kurz den Blick und wendet ihn, ohne mir zu antworten, wieder dem Fernseher zu.

"Hey Kleines", tönt es plötzlich hinter mir. Ich brauche mich nicht umzudrehen um zu wissen, wem die raue Stimme gehört. Es ist Detlef, ihr Freund.

Schnell gehe ich einige Schritte zurück um ihm den Weg frei zu machen. Ich habe absolut keine Lust mit diesem schmierigen Kerl zu reden.

Doch Detlef macht keine Anstalten zu meiner Mutter zu gehen, sondern bleibt unmittelbar vor mir stehen. So nah, dass ich seinen alkoholerfüllten Atem nicht nur rieche, sondern sogar auf meinem Gesicht spüre.

Instinktiv weiche ich ein wenig zurück, doch seine Hand schnellt nach vorne und berührt mich leicht an der Wange. "Wie war die Schule, mein Engel?", fragt er mich mit einem schiefen Grinsen.

Ich verziehe angewiedert das Gesicht, als mein Blick auf seine dreckigen Fingernägel fällt, und frage nur: "Hat sie Mittagessen gekocht?"

Er schüttelt den Kopf. Ich drehe mich um und gehe zu meinem kleinen Zimmer. Bevor ich eintrete ruft er mir hinterher: "Mach dir doch ne Stulle, Schätzchen."

Ich werfe die Tür hinter mir ins Schloss und lasse mich auf mein Bett fallen. Mein Blick gleitet durch das kleine Zimmer welches mein einziger Rückzugsort ist.

Mein Zimmer ist das einzige Zimmer der ganzen Wohnung welches immer ordentlich und sauber ist. Ich lege großen Wert darauf.

Der Dreck und die Unordnung, die hier im Rest der 55qm großen Wohnung herrschen, ekeln mich an und deshalb bin ich umso mehr darauf bedacht, wenigstens meinen kleinen Raum sauberzuhalten.

Ich ziehe mein Handy aus der Hosentasche und öffne WhatsApp. Sofort blinken mir drei neue Nachrichten entgegen. Zwei von Bella und eine von Lion.

Lion, eigentlich Lionel, ist ein Freund von Jonah, den ich durch Bella kennen gelernt habe. Er ist auch im Abiturjahrgang.

Lion ist ein großer, durchtrainierter junger Mann mit einem markanten Gesicht, einem gepflegten Drei-Tage-Bart, ordentlichen zum Undercut frisierten braunen Haaren und grünen Augen. Er ist wirklich sehr ansehnlich und hat obendrein noch einen richtig guten Charakter.

Genau wie Jonah und auch Bella stammt er aus einem guten und wohlhabenden Elternhaus, was zugleich auch mein größtes Problem darstellt.

Lion ist ziemlich offensichtlich interessiert an mir und ich mag ihn auch gerne, scheue mich jedoch davor ihn näher kennenzulernen, da unsere Welten einfach zu verschieden sind.

Seufzend öffne ich zuerst Bellas Nachricht. "Jonah hat gefragt, ob er
uns abholen soll. Ich hatte überlegt ihn und Lion einfach noch vorher zum vortrinken bei mir
einzuladen?! Also vorausgesetzt du hast kein Problem damit. Meine Eltern sind sowieso in der Oper und Sophie schläft bei unseren Großeltern."

Grinsend antworte ich ihr: "Du hast überlegt Jonah zum vortrinken einzuladen, wenn er uns abholt? Nicht sehr gut durchdacht dein Plan, oder?"

Dann widme ich mich der Nachricht von Lion. "Hey Schönheit, werde ich
dich heute auf Elias' Party sehen?"

Ich verdrehe die Augen, muss aber trotzdem grinsen. "Wenn du die Augen offen hältst und nicht blind durch die Gegend läufst, könnte das tatsächlich passieren 😏", antworte ich frech.

In der Zeit hat Bella mir schon wieder geantwortet und mitgeteilt, dass Jonah ja dann selbstverständlich nicht mit dem Auto fahren würde, sondern wir alle gemeinsam von ihr zu Elias laufen könnten, da das eh um die Ecke sei.

Ich willige ein und sie teilt mir mit, dass ich dann lieber schon um 16 Uhr kommen soll, damit wir zwei Stunden Zeit haben um uns in Ruhe fertig zu machen, da die Jungs dann um 18 Uhr kommen würden und die Party um 20 Uhr anfängt.

Ich stimme ihr und ihren durchorganisierten Zeitplänen mittlerweile einfach nur noch zu. So läuft es jedes Mal. Sie ist die treibende Kraft und ich eher der Mitläufer.

Ich entscheide mich, mich noch ein wenig auszuruhen, da dies sicher eine lange Nacht werden wird. Ich krame meine Kopfhörer aus meiner Tasche, stelle mir einen Wecker, lausche der Musik und schließe die Augen.

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Meine Lieben,

Was sagt ihr zu Malias familiärer/Wohnsituation?

Und was zu Lion?

Meint ihr, mit den beiden wird es was?

A.

Rot wie die LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt