Im Laufe der restlichen Fahrt dämmere ich immer wieder weg. Ich bin müde, erschöpft und habe wahnsinnige Schmerzen am ganzen Körper.
Im Auto herrscht gespenstische Stille, niemand sagt ein Wort, nur das Radio plärrt im Hintergrund leise vor sich hin.
Die ganze Zeit über hält Joana fest meine Hand in ihrer und wieder gibt mir diese kleine Geste unwahrscheinlich viel Kraft.
Nach einigen Stunden Fahrt halten wir vor meiner Wohnung. Bevor ich aussteige umarme ich Joana lange und drücke ihr einen letzten Kuss auf die Wange. Wir sagen kein Wort. Es ist ein stiller Abschied.
Roy hebt meinen kleinen silbernen Koffer aus dem Kofferraum und schmeißt ihn achtlos vor meine Füße.
Ich schließe die Haustür auf und schleiche langsam die Treppen hoch. Immer wieder schubst Roy mich ungeduldig weiter und schimpft wütend vor sich hin. Trotz der langen Fahrt ist sein Ärger auf mich immer noch nicht verraucht.
Kraftlos schließe ich die Wohnungstür auf und will mich einfach nur in mein Bett verkriechen und schlafen, doch Roy hat andere Pläne. Er reißt mir den Schlüssel noch im Flur aus der Hand, knallt die Wohnungstür ins Schloss und schreit: "Gib mir dein Handy und dein Geld!"
Irritiert sehe ich ihn an und rühre mich nicht. "Hör auf mit deinen Spielchen, Malia. Das ist wirklich kein guter Zeitpunkt dafür. Wir wissen beide, dass du Geld angespart hast und das will ich jetzt haben."
Wie in Zeitlupe bewege ich mich Richtung Schlafzimmer und beginne in der weißen Kommode, in der Schublade mit meiner Unterwäsche, nach dem weißen Briefumschlag zu suchen, in dem fein säuberlich sortiert zahlreiche bunte Geldscheine aufbewahrt sind.
Als ich ihn gefunden habe, reißt Roy mir auch diesen grob aus der Hand. In dem Moment wo er seine Hand ausstreckt, zucke ich ängstlich zusammen.
"Ich habe das für meinen Führerschein gespart", murmele ich leise und mit Tränen in den Augen. Es ist das erste Mal an diesem Tag, dass ich Roy anspreche. Ihm all das Geld auszuhändigen bricht mein Herz, fast noch mehr als es die Schläge und die wüsten Beschimpfungen taten. Es hat mich beruhigt, das Geld in meiner Hinterhand zu wissen, als eine Art Fallschirm, falls ich doch mal den Mut finde, mich von Roy zu lösen und mir ein eigenes Leben aufbauen zu wollen.
Außerdem ist es so wahnsinnig unfair, wo ich doch so hart für dieses Geld gearbeitet habe, und Roy sowieso schon so viel davon behalten hat.
Allein gegen die 1,6 Mio., die er für meine Jungfräulichkeit bekommen hat, sind die paar Scheinchen in dem weißen Briefumschlag ein Tropfen auf dem heißen Stein.
"Du brauchst keinen Führerschein, ich fahre dich doch überall hin", erwidert Roy nüchtern und steckt den Umschlag in die hintere Tasche seiner Jeans.
"Dein Handy", fordert er mich nun erneut auf.
Mir wird heiß und kalt. Es wäre gar nicht gut, wenn er sich jetzt durch meine Verläufe klickt und vor allem die Nachrichten und Bilder, die ich mir mit Lion hin- und hergeschickt habe, entdeckt. Dann kann ich mich mit Sicherheit auf weitere Schläge gefasst machen.
Es graut mir davor.
Übelkeit steigt in mir auf.
Kann dieser Tag eigentlich noch schlimmer werden?
Kann mein ganzes Leben eigentlich noch schlimmer werden?
Ich schließe kurz die Augen und schlucke. Dann laufe ich wieder in den Flur und krame in meiner Handtasche. Ich ziehe mein iPhone heraus und drücke reflexartig einmal auf die Sperrtaste, doch das Display bleibt schwarz.
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Rot wie die Liebe
أدب نسائيRot wie die Liebe. Rot wie ihr lächelnder Mund. Rot wie ihre Dessous. Rot wie ihr Blut. Rot wie das Rotlichtmilieu. _______________________________ 》Wenn die erste Liebe in der Hölle endet..《 Die hübsche aber unscheinbare Malia lernt mit 16 Jahren...