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Der besagten Crystal Club in Köln, in dem die Party stattfindet, zu der Roy eingeladen ist, sieht von außen erstmal klein und ziemlich unscheinbar aus.

Roy und ich laufen gemeinsam auf die Eingangstür zu, vor der sich schon eine ziemlich lange Schlange gebildet hat.

An der Tür stehen zwei breite, tätowierte Männer in schwarzer Kleidung. Sie tragen beide eine Glatze und akkurat gepflegte Bärte und kontrollieren Stichprobenartig die Ausweise der potenziellen jungen Gäste.

Sie kontrollieren die Ausweise.

Fuck!

Mir wird schlagartig heiß und mein Hals schnürt sich zu. Wenn ich Pech habe wird das jetzt eine sehr sehr peinliche Angelegenheit.

Roy schaut mich erwartend an und zieht leicht an meinem Arm. Erst jetzt merke ich, dass ich vor Schreck einfach stehen geblieben bin. "Kommst du?", fragt er ungeduldig.

"Ehm.. Ja. Ich..", stammel ich.

"Hm?", fragt er genervt.

"Ich habe gar keinen Ausweis dabei!", lüge ich.

Roy fängt an zu lachen. Lacht er mich etwa aus?

"Ja und?", fragt er schulterzuckend und zieht grinsend erneut an meinem Handgelenk. "Du bist echt süß, so unschuldig. Jetzt komm endlich!"

Er nimmt mich überhaupt nicht ernst!

"Hast du mich nicht verstanden? Ich habe keinen Ausweis dabei!", fahre ich ihn nervös an.

Plötzlich packt er mein Handgelenk fester und zieht mich grob an sich. Er funkelt mich wütend an und seine Augen sind wieder eiskalt. Kein bisschen Wärme oder Zuneigung liegt mehr in seinem Blick.

Er kommt mir ganz nah und zischt wütend: "Und ich habe gesagt: Ja und? Es interessiert keine Sau ob du einen Ausweis dabei hast oder nicht. Denkst du wir stellen uns jetzt hinten an und zeigen am Eingang brav unsere Ausweise oder was? Malia, ich bin hier eingeladen. Das ist die Party von meinem Freund! Ich gehe jetzt da vorne durch die Tür in den Club, und du genau so, denn du bist mit mir hier und nicht mit deinen Schulfreundinnen. Also beweg dich gefälligst wenn ich dir das sage und wage dich nie wieder mir in aller Öffentlichkeit zu widersprechen, sonst war das das letzte Mal, dass ich dich irgendwo mit hingenommen habe!"

Seine Stimme klingt zornig und fast schon verachtend. Er bemüht sich leise zu sprechen um nicht noch mehr Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, als er es mit seinem Aussehen und seinem Wagen eh schon tut.

Ich bin schockiert. Wie konnte sein Verhalten so plötzlich so umschlagen? Er wirkt wie ein anderer Mensch.

Eingeschüchtert laufe ich ihm hinterher und bin überrascht davon, wie schnell er dann am Eingang schon wieder umschalten kann.

Freudig begrüßt er die beiden glatzköpfigen Türsteher und umarmt sie brüderlich. Roy hält kurz Smalltalk mit den Beiden und betritt dann mit mir an der Hand das Crystal.

Drinnen sieht der Club dann gar nicht mehr so unscheinbar aus wie von draußen. Er ist deutlich geräumiger als ich dachte und die Ausstattung ist ziemlich modern und edel. Alles ist dunkel gehalten, sowohl die Wände als auch die Möbel.

Die Tische sind aus schwarzbraunem Holz und die Stehhocker und Sofas sind mit burgunderrotem Samt bezogen. An den Decken hängen große schwere Kronleuchter, die nur schwaches Licht spenden.

Beeindruckt schaue ich mich um. Ich war noch nie in einem richtigen Club - und in so einen edlen wäre ich ohne Roy wohl auch nie gekommen.

"Gefällt es dir?", fragt Roy, der mich aufmerksam beobachtet hat.

"Ja, es ist wirklich sehr schön hier", gebe ich sichtlich beeindruckt von mir.

"Willst du was trinken?", fragt Roy und legt seinen Arm um meine Taille. Plötzlich ist er wieder wie schon den ganzen Tag zuvor: ruhig, liebevoll, zuvorkommend. Vergessen sind sein Wutausbrauch und seine unterschwellige Drohung.

Ich nicke. "Vodka Kirsch", teile ich ihm meinen Wunsch mit. Er bewegt sich alleine zur Bar, ich bleibe kurz an einem der Stehtische stehen und warte auf ihn.

Ich lasse meinen Blick durch die Menschenmassen gleiten und registriere viele unbekannte Gesichter. Hier ist wirklich niemand den ich kenne, und niemand kennt mich. Woher denn auch? Die Leute aus meiner Schule sind alle viel zu jung für Clubs. Okay, Lion und Jonah zum Beispiel nicht, aber ich denke, die beiden würden auch eher in Düsseldorf feiern gehen - wenn überhaupt.

Kurz driften meine Gedanken zu Lion ab. Ich mag ihn wirklich sehr. Er ist ein guter Junge, mit Anstand und einem großen Herzen.

Aber bei Roy kann ich sein wer ich bin. Er ist zwar auch wohlhabend, aber er kommt aus ähnlichen Verhältnissen wie ich. Bei ihm fühle ich mich wohl und kann mich fallen lassen. Ich habe ihm bis jetzt schon mehr über meine Familie erzählt als meinen Freunden in all den Jahren.

Ich vertraue ihm jetzt schon. Und ich weiß, dass ich gerade dabei bin, mich total in ihn zu verlieben.

"Hey, bist du alleine hier?", quatscht mich ein Typ an, der plötzlich vor mir aufgetaucht ist.

"Nein", erwidere ich und drehe mich von ihm weg, um ihm deutlich mein Desinteresse zu symbolisieren.

"Achso. Mit deinen Freundinnen?", fragt er weiter. Er scheint wohl nicht zu bemerken, dass ich keine Lust auf eine Unterhaltung habe.

Suchend schaue ich mich nach Roy um, doch ich entdecke ihn nirgendwo. Der Club ist einfach viel zu voll.

"Nein", antworte ich dem Typen knapp, der mich erwartungsvoll betrachtet.

Ich kann nicht mal sagen ob er schwarze, blonde oder braune Haare hat, ob er ein Hemd trägt, ein T-Shirt oder gar nichts - ich habe ihn noch nicht mal richtig angeschaut.

Ich gehe einen Schritt nach hinten, doch der Kerl macht seinerseits einen weiteren Schritt auf mich zu und greift mir an den Arm.

Ich bin einfach viel zu schüchtern um klare Ansagen zu machen und Typen zu sagen, dass sie sich verpissen sollen.

Ich fühle mich in dieser Situation extrem unwohl und vor allem will ich nicht, dass dieser Schmierlappen mich anfasst.

Ich überlege hektisch wie ich ihm jetzt schnellstmöglich entkommen kann, als plötzlich eine dunkle Stimme zornig neben mir ertönt: "Was ist denn hier los?"

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Meine Lieben,

Wie fandet ihr Roys kleinen Wutausbruch?

Und was wird als nächstes passieren?

A.

Rot wie die LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt