Die erste Woche in Amsterdam zieht rasend schnell an mir vorüber und ich spüre, dass ich die vielen neuen Eindrücke kaum verarbeiten kann. Mein Kopf ist voll von Erlebnissen, fiesen Spitzen meiner neuen "Kolleginnen", neuen Sinnesreizen und alten Lasten, die ich wie zentnerschwere Ziegelsteine mit mir herumschleppe.
An manchen Tagen fühlt es sich so an, als ob die zarte Hülle meines Körpers bis oben hin nur noch mit Schmerz gefüllt ist. Schmerz über den Verlust meiner Freundin, die grausam ermordet wurde, obwohl sie nur frei sein wollte. Schmerz darüber, dass ich jeden Tag wieder und wieder legalen Vergewaltigungen ausgesetzt bin. Und es schmerzt mich auch, immer wieder das Gefühl zu haben, dass ich mit Roy zusammen bin, obwohl ich eigentlich viel lieber mit Lion zusammen wäre.
Es gibt keinen Tag, an dem ich nicht an ihn denke und mich in seine starken Arme sehne. Oft geht das sogar so weit, dass ich mir vorstelle bei Lion zu sein, während ich mich von einem Kunden penetrieren lasse. Ich stelle mir nicht vor, statt des Kunden mit Lion zu schlafen, sondern ich flüchte mich in unschuldige Scheinwelten, in denen wir zusammen herum albern, den Strand entlang laufen oder uns küssen. Es hilft mir, mich mental aus der Situation zu flüchten und durchzuhalten.
Doch von Tag zu Tag wächst in mir der Wunsch, diese Träume Realität werden zu lassen. Ich halte es für unvernünftig und versuche diese Gedanken so gut es geht einzudämmen und zu verdrängen, aber ich kann mich nicht dagegen wehren, dass sie immer wieder auftauchen.
Freitagabend merkt man, dass das Wochenende beginnt. Die Stadt ist gerammelt voll mit Touristen und die engen Straßen sind wahnsinnig überfüllt. Junge Menschen drängen sich aneinander vorbei, größtenteils Männer, die in die Fenster gaffen oder die Frauen fast sabbernd anstieren, wie kleine Kinder, die vor dem bunt leuchtenden Schaufenster eines Süßigkeitengeschäfts stehen.
Arbeitsbeginn ist im Paradise immer um siebzehn Uhr, davor können wir uns unsere Zeit zu unserer freien Verfügung einteilen. Allerdings arbeiten wir unter der Woche bis zwei und am Wochenende sogar bis fünf Uhr morgens, weshalb ich meistens froh bin, mich ausschlafen und erholen zu können, bevor der Alptraum wieder weiter geht.
Ich zünde mir einen Joint an und inhaliere den süßlichen Qualm. Seit ich hier bin, rauche ich noch mehr Weed als in Düsseldorf. Gras ist günstig, an jeder Ecke problemlos verfügbar und es bringt mich runter. Es hilft mir, meinen Kopf auszuschalten und all die grausamen Bilder in meinem Kopf, all die schmerzlichen Erinnerungen, aber auch all diese fremden Männer in meinem Bett, die mich anfassen, küssen, anlecken, in mich eindringen, mich erniedrigen und mit ihrem Sperma vollspritzen, zu ertragen.
Ich hatte heute erst einen Kunden und auch wenn das schlecht für's Portemonnaie ist, bin ich froh darüber. Das Geld ist mir egal und oft würde ich mir wünschen, dass einfach niemand Interesse an mir hätte.
Heute scheine ich diesbezüglich endlich mal Glück zu haben, denn außer des amerikanischen Geschäftsmannes, der gleich um 17.30 Uhr nach Feierabend für einen Quickie bei mir war, stand kein einziger ernsthaft interessierter Kunde an meiner Tür.
Ich lasse meinen Blick über den Dschungel aus Menschen schweifen, als plötzlich eine Gestalt ganz rechts in meinem Blickfeld meine Aufmerksamkeit erregt. Es ist ein junger Mann, der Lion wahnsinnig ähnlich sieht. Seine Haare haben den gleichen Braunton und sogar den selben Schnitt wie Lions. Er trägt sogar den gleichen khakigrünen Parka, wie Lion ihn immer trägt.
Je näher der Mann frontal auf unser Gebäude zuläuft, desto mehr zieht sich mein Magen zusammen.
Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich denken, das ist Lion, der da gerade durch die Straßen Amsterdams unmittelbar von mir vorbei läuft.
Kurzentschlossen nehme ich mein iPhone von dem kleinen Nachttisch, entsperre es und wähle Lions Nummer.
Der Mann auf der Straße greift in seine Hosentasche und zieht sein Handy heraus. Er wirft einen irritierten Blick darauf und will gerade den Anruf annehmen, da drücke ich ihn weg.
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Rot wie die Liebe
Literatura KobiecaRot wie die Liebe. Rot wie ihr lächelnder Mund. Rot wie ihre Dessous. Rot wie ihr Blut. Rot wie das Rotlichtmilieu. _______________________________ 》Wenn die erste Liebe in der Hölle endet..《 Die hübsche aber unscheinbare Malia lernt mit 16 Jahren...