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"Ich will nicht mehr strippen."

Die Bombe ist geplatzt.

Roy streicht sich fahrig mit seiner Hand durch sein blondes Haar. "Ich bin mir sicher, dass du gute Gründe dafür hast, aber können wir diese Diskussion bitte nach hinten verschieben? Ich stecke gerade richtig in der Scheiße."

Überrascht sehe ich ihn an. Ich habe vielleicht damit gerechnet, dass er mich wieder davon überzeugen will nicht aufzugeben oder dass er zumindest mal hören will, wieso ich so plötzlich mit dem Tanzen aufhören will, aber nicht mit so einer Reaktion.

"Was ist denn los?", frage ich ihn besorgt.

"Das erkläre ich dir gleich, wenn wir bei mir sind", antwortet er und konzentriert sich weiter auf die Fahrbahn und den dichten Verkehr.

Da Roy nicht direkt in Düsseldorf, sondern in Meerbusch wohnt, dauert es gute 20 Minuten bis wir schließlich die gepflegte Auffahrt zu seinem Haus hochfahren.

Roy ist die ganze Fahrt über still und spricht kein Wort, doch in mir ist zeitgleich ohrenbetäubender Lärm. Meine Gedanken überschlagen sich zwischen den Ereignissen in der Schule, dem Treffen mit Lion, dem Kuss, meinem schlechten Gewissen, dem Entschluss nicht mehr im Mirage strippen zu wollen und zu guter letzt der Neugier, was Roy mir gleich verkünden wird.

Wenn er schon von sich aus sagt, dass er in der Scheiße steckt, muss es ernst sein.

Roy schließt die Haustür auf und lässt mir den Vortritt. Zielstrebig laufe ich ins Wohnzimmer und setze mich auf seine große bequeme Couch.

Roy setzt sich neben mich und beginnt zuerst einmal mit geübten Handgriffen einen Joint zu bauen. Als dieser fertig ist zündet er ihn an und eröffnet mir: "So wie es aussieht verliere ich das Mirage und das Rouge, und dadurch auch mein Haus und meinen neuen Laden."

Sein Gesicht wirkt fahl und ist von tiefen Sorgenfalten geprägt. Er sieht plötzlich viel älter aus, wie er so fertig an seinem Joint zieht und Löcher in die Luft starrt.

"Wie? Wieso? Was ist passiert?", frage ich schockiert und rutsche ein Stück näher an ihn heran, um ihm meine Hand auf seinen Oberschenkel zu legen.

"Ich habe damals einen Kredit aufgenommen, um den Laden zu kaufen. Da meine Bonität viel zu schlecht war, um einen regulären Kredit bei einer Bank zu bekommen, habe ich mir das Geld von einem Privatunternehmer geliehen. Ich habe den Laden eröffnet, immer brav meine Raten gezahlt und gleichzeitig genug Geld erwirtschaftet, um mein Haus finanzieren zu können.

Doch irgendwie ist es in der letzten Zeit zu massiven Spannungen mit dem Typen gekommen und er wollte immer mehr. Höhere Raten, schnellere Tilgung. Wir haben uns gestritten und jetzt verlangt er von mir, ihm bis zum Ende des Monats den kompletten restlichen Kaufpreis auf den Tisch zu legen.

Aber ich habe das Geld nicht. Ich habe kaum Privatvermögen. Nahezu alles, was ich einnehme, reinvestiere ich in neue Projekte oder lege es fest an und wie du weißt habe ich gerade erst eine Menge Geld für den neuen Laden ausgegeben. Das bedeutet, dass ich den Laden verkaufen muss, dadurch mein Haus nicht mehr weiter abzahlen kann, weil ich kein Einkommen mehr habe, und den neuen Laden kann ich schon dreimal nicht halten. Ich bin am Arsch, Malia."

Seine Stimme ist verzweifelt und ich könnte schwören, dass seine Augen sogar ein wenig feucht sind.

Übelkeit steigt in mir auf. Ich kann nicht in Worte fassen, wie sehr ich mich dafür schäme, dass Roy gerade so etwas schlimmes durchmacht, mit mir reden will und mich nicht erreichen kann, weil ich zu sehr damit beschäftigt bin, ihn zu betrügen.

Wann bin ich nur so ein schlechter Mensch geworden?

Automatisch steigen mir ebenfalls die Tränen in die Augen.

Rot wie die LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt