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"Nabend Toto", begrüße ich meinen Lieblingsgast zwei Stunden später. Der rundliche Mann ist mir mit seiner gutmütigen Art in den letzten Monaten richtig ans Herz gewachsen und ich freue mich, ihn an einem Tag wie diesem zu sehen.

"Nabend Kindchen, wieso bist du denn schon wieder hier?", begrüßt er mich und lässt sich auf einem der Barhocker nieder.

"Na das ist ja mal 'ne Begrüßung. Ich dachte du freust dich mich zu sehen", feixe ich und streiche mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht.

"Ja ja, aber klar doch. Du solltest nur auch mal was anderes machen, als nur zu schaffen, Mädchen", tadelt er mich.

Ich schmunzele und zapfe ihm ein Bier. Er braucht keins zu bestellen, ich weiß auch so, was er will.

In den ersten Wochen habe ich mich immer gewundert, wieso dieser ulkige Kauz mit seinen bunten Holzfällerhemden jeden Abend kommt, sich für ein gutes Stündchen an die Bar setzt, mit dem Rücken zu dem eigentlichen Treiben, seine ein oder zwei Bierchen trinkt und wieder abhaut, bis Pam mich irgendwann aufgeklärt hat.

Pam hat knapp zehn Jahre lang in einer Kneipe Namens TipTop gearbeitet. Nach dem Tod seiner Frau kam der einsame Fernfahrer erst gelegentlich und dann immer öfter nach seinen Touren auf ein Feierabendbier ins TipTop. Im Laufe der Zeit freundeten die beiden sich an und es wurde zu einem festen Ritual der beiden, dass Toto abends bei Pam im TipTop auf ein Bierchen, eine Zigarette und ein  Pläuschchen vorbeikam.

Als das TipTop dann irgendwann dicht machte und Pam über Umwege ins Mirage kam, ließ Toto sich davon nicht beirren und folgte ihr. Und so kam es, dass er jeden Abend für ein Stündchen im Stripclub vorbeischaut, ohne sich das Strippen anzuschauen und mit Pam ein Bierchen trank, eine Zigarette rauchte und quatschte.

Ich habe ja den festen Verdacht, dass er auch etwas verliebt in unsere Pam ist..

"Ich habe jetzt Ferien, du wirst mich jetzt öfter hier ertragen müssen", kläre ich ihn auf und stelle ihm grinsend sein Bier vor die Nase.

"Das ist aber nicht der Sinn von Ferien, nech", sagt er streng, als Pam ihn ermahnt: "Toto! Du sollst das doch lassen!"

"Ja ja, schon gut", lenkt er ein und zeigt Pam grinsend einen Daumen nach oben.

Entgegen der vielen anderen notgeilen Böcke, die hier so umherlaufen, ist Toto immer nur darum besorgt, dass wir alle genug essen und nicht zu viel arbeiten. Er ist ein richtiger Opatyp, der immer ein Taschentuch und ein Bonbon in der Tasche seiner karierten Hemden hat und nicht müde wird, mir mitzuteilen, dass ich eigentlich noch viel zu jung für ein solches Etablissement bin.

"Malia, machst du noch mal zwei Jacky Cola für Tisch fünfzehn?", ruft mir Lola, eine der Bedienungen, zu.

"Geht klar", antworte ich und schütte je einen Shot Whiskey in zwei Longdrink Gläser.

Da die hübsche tätowierte Blondine gerade damit beschäftigt ist einen anderen Tisch abzuräumen, bringe ich kurzerhand die Drinks zu den beiden jungen Männern mit arabischen Wurzeln. Sie haben beide schwarze Haare und Augen und gepflegte Vollbärte und sind schick angezogen. Ich kenne sie schon, sie kommen öfter her, manchmal auch mit Kunden oder Geschäftspartnern.

Ich laufe quer durch den Club, zwinkere auf dem Weg Joana zu, die gerade in der Stripperversion einer Polizeiuniform kopfüber an einer Stange hängt und bleibe vor den beiden stehen.

"Oh, bist du heute als Bedienung unterwegs?", begrüßt mich Abdel, der Schlankere der beiden. Laut Pam hat er ein Auge auf mich geworfen und erkundigt sich regelmäßig nach mir, wenn ich nicht da bin.

"Für die guten Kunden nur der gute Service", grinse ich ihn an und reiche ihm eins der Gläser. Das andere gebe ich Fero, der sich höflich bedankt.

Rot wie die LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt