3. | Frettchen (3/3)

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Hermines POV


Was fiel diesem Frettchen eigentlich ein?

Es war doch wohl mehr als offensichtlich, dass es mir dreckig ging und ich mit den Nerven total am Ende war, also warum konnte er mich nicht einfach in Ruhe lassen und seine verdammte Klappe halten?

Für einen kurzen Moment hatte ich tatsächlich das Gefühl gehabt, dass er mir hatte helfen wollen, denn als ich mit letzter Kraft aufgestanden war und ihn angesehen hatte, hatte er mich mit einem Blick gemustert, in dem weder Hass noch Spott, sondern viel mehr Mitleid und Besorgnis gelegen hatte, aber das war vermutlich nur Einbildung gewesen, denn warum hätte er ausgerechnet mir, dem Schlammblut, helfen sollen?

Gerade als ich verschwinden wollte, um so viel Abstand wie möglich zwischen uns zu bringen, rempelte mich dieser arrogante Todesser ohne jegliche Vorsicht an und verschwand hinter der nächsten Ecke, und von da an hatte ich mich endgültig dazu entschlossen, dieses Projekt alleine zu machen, denn, egal was er vorhatte, ich wollte sicherlich nicht meine Zeit verschwenden und seinetwegen eine schlechte Note oder gar einen Verweis erhalten.

Ich machte einen Umweg über die Schlafräume und machte mich dort kurz etwas frisch, da ich weder mit geschwollenen Augen, noch mit zerzausten Haaren zum Abendessen gehen wollte.

In der großen Halle herrschte bereits eine ausgelassene Stimmung, die meinem Gefühlschaos alles andere als guttat, doch nachdem ich im Anschluss in die Bibliothek gehen wollte, würde ich hier ohnehin nicht lange bleiben.

Ohne nach rechts und links zu schauen, steuerte ich direkt auf meine Freunde zu, die bereits mit Essen beschäftigt waren und sich gut gelaunt unterhielten.

Harry bemerkte mich als erster und wollte sofort wissen, wohin ich während Verteidigung gegen die dunklen Künste verschwunden war, also erzählte ich ihm davon, dass ich Ruhe gebraucht und mich im Schloss verkrochen hatte, verschwieg ihm allerdings die Sache mit Malfoy, da ihn das nicht auch noch belasten sollte. 

Dass der Blondschopf und ich uns abgrundtief hassten und er mich bei jeder Gelegenheit piesackte war kein Geheimnis, doch ich hatte mich in der Vergangenheit nie sonderlich davon beeindrucken lassen, anders als jetzt.

Seit der großen Schlacht war ich nur noch ein Schatten meiner selbst und fühlte mich wie ein Wrack, gefangen in einem nicht enden wollenden Albtraum voller Verzweiflung und Einsamkeit und während alle anderen offenbar gut mit den schrecklichen Ereignissen und Erinnerungen umgehen konnten, war bei mir genau das Gegenteil der Fall.

Ich hatte in diesem Krieg die zwei wichtigsten Menschen meines Lebens verloren. Meine Eltern, die nach meinem 'Obliviate' nach Australien ausgewandert waren und keinerlei Erinnerung mehr an ihre Tochter hatten, auf die sie einst so stolz gewesen waren. Zwar hatte ich mir fest vorgenommen, den Zauber rückgängig zu machen, doch in keinem der Bücher, die ich während der Zeit im Fuchsbau gelesen hatte, war ich fündig geworden, sodass die Hoffnung, sie eines Tages wieder in meinem Leben zu haben, wie eine Seifenblase zerplatzt war.

„Bist du später dabei?", ließ mich Ginnys Stimme erschrocken emporschnellen, sodass mir überhaupt erst bewusst wurde, wie tief ich in meine Gedanken versunken war.

„Wobei?", hakte ich kleinlaut nach, da ich von dem Gespräch meiner Freunde keine Sekunde mitbekommen hatte. 

„Harry, Luna, Neville und ich gehen nach dem Essen ins 'Drei Besen' auf ein Butterbier und wir wollen dich natürlich auch dabei haben."

Na bravo... zwei Liebespärchen und eine einsame Hermine, was könnte es Schöneres geben?...

So sehr ich den Versuch mich aufzumuntern auch schätzte, aber mich zu betrinken wäre in meiner momentanen Verfassung wohl alles andere als sinnvoll und hilfreich gewesen, denn mein Gehirn war schon benebelt genug. Auch ohne Alkohol.

Außerdem hatte ich mir fest vorgenommen, nach passenden Büchern für das Projekt zu suchen und dieser Plan rettete mich, Merlin sei Dank, davor, das fünfte Rad am Wagen zu sein.

„Tut mir leid, aber ich wollte in die Bibliothek gehen und mit dem Projekt beginnen."

„Du gehst mit Malfoy in die Bibliothek? Weiß der denn überhaupt wo die ist?", mischte sich Harry spottend ein und allein dass er auf die Idee kam, ich würde auch nur eine Sekunde mit diesem Frettchen verbringen, machte mich wütend.

„Nein! Ich werde sicher nicht mit diesem Schwachkopf zusammenarbeiten! Ich zieh das alleine durch!" „Mine...du weißt aber schon, dass wir das mit unserem Pa-"

„Harry!", fiel ich ihm bissig ins Wort. „Ich weiß sehr wohl, dass wir das mit unserem Partner machen sollen, mir fehlt es nicht an den Ohren, danke! Aber mir ist egal, was er macht! Ich werde jedenfalls nicht auf ihn zugehen oder seinetwegen eine schlechte Note bekommen!"

Er hatte ja gut reden, er hatte Neville, einen unserer Freunde, als Partner zugelost bekommen.

Sowohl Harry als auch Ginny verstummten und warfen sich verdutzte Blicke zu, da sie vermutlich bemerkten, dass es keinen Sinn hatte, mit mir darüber zu diskutieren, oder aber weil auch sie der Meinungen waren, dass das mit Malfoy nicht gutgehen würde.

„Entschuldigt mich, ich geh dann mal. Wartet nicht auf mich, kann spät werden.", verabschiedete ich mich daraufhin von meinen Freunden, da mir inzwischen auch das letzte bisschen Appetit vergangen war, und verschwand aus der großen Halle in Richtung Bibliothek.

Zu meiner Erleichterung war ich die Einzige dort, was vermutlich daran lag, dass alle noch beim Essen waren oder eben weil niemand freiwillig hierher kam, wenn es nicht wirklich notwendig war, abgesehen von mir natürlich.

Nachdem ich einmal tief durchgeatmet und den Duft von Büchern, den ich so sehr liebte, in mich aufgesaugt hatte, ging ich zu dem großen Regal mit der Aufschrift „Zaubertränke" und stöberte eine Weile, bis ich endlich ein passendes Buch gefunden hatte.

Ich setzte mich an meinen Lieblingsplatz, ein Schreibtisch vor einem Fenster mit Ausblick auf den großen See, und begann mit meiner Lektüre.

Kaum hatte ich es aufgeschlagen, waren meine tristen Gedanken und meine Sorgen, die mich in der großen Halle so gequält hatten, wie weggeblasen, denn immer wenn ich lernte oder in einem spannenden Buch versank, konnte ich sofort abschalten.

Die ausführliche Erklärung über das Veritaserum und dessen Besonderheiten fesselte mich von der ersten Seite an, sodass ich jegliches Zeitgefühl verlor und in einer eigenen, kleinen Welt schwebte. 

Erst, als ich mich dazu überreden konnte, eine kurze Pause zu machen, sah ich nach draußen, wo es bereits stockdunkel war, und ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass ich bereits seit mehreren Stunden in das Buch vertieft war und die Sperrstunde schon lange überschritten hatte.

Dennoch hatte ich das Gefühl, dass ich noch mehr Informationen bräuchte und nachdem ich schon mal hier war, machte ich mich wieder an die Arbeit und schrieb weiterhin eine Zusammenfassung der ganzen Informationen auf ein Blatt Pergament.

Eine weitere halbe Stunde war vergangen, als die knarzende Tür der Bibliothek meine Konzentration beendete, und ich vermutete, dass es sich um die Bibliothekarin, Madam Pince, handeln musste, die ihren nächtlichen Kontrollgang ausführte.

Ihren langsamen Schritten nach zu urteilen, die durch den Raum hallten, überprüfte sie sämtliche Reihen, um Schüler ausfindig zu machen und diese in ihre Betten zu schicken, doch nachdem es nicht das erste Mal gewesen wäre, dass sie mich hier nach Sperrstunde erwischen würde, blieb ich ganz ruhig und entspannt auf meinem Platz sitzen.


„Ich bin noch hier, aber ich werde gleich gehen.", machte ich sie auf mich aufmerksam, als ich ihre Schritte an meiner Regalreihe hörte, ehe ich registrierte, wer wirklich in die Bibliothek gekommen war...


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Look closer - DramioneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt