73. | Alte Liebe rostet nicht (1/2)

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Hermines POV


Seit diesem emotionalen und tränenreichen Gespräch über meine Eltern waren etwa zwei Stunden vergangen, in denen Draco und ich - größtenteils stillschweigend - gekuschelt und unsere Zweisamkeit genossen hatten. Zwischendurch hatten wir zu Abend gegessen und unsere Heiltränke von Madam Pomfrey bekommen, ansonsten war es zum Glück relativ ruhig gewesen.

Draußen war es bereits dunkel, der Mond suchte sich einen Weg durch die dichten Wolken am Nachthimmel und schien durch die hohen Glasfenster des Krankenzimmers. Das Licht war im Vergleich zu den letzten Tagen etwas gedimmt und demnach nicht ganz so reizüberflutend für die Augen, die ich vor ein paar Minuten aber ohnehin geschlossen hatte.

Ich war immer noch ziemlich erschöpft und ausgelaugt, hätte am liebsten durchgehend geschlafen, um all dem entgegenzuwirken, doch gleichzeitig wollte ich jede einzelne Sekunde mit Draco verbringen, bewusst und in wachem Zustand. Etwas, das ich seit vergangener Woche noch weitaus mehr zu schätzen wusste. 

Und obwohl wir in einem kleinen Krankenzimmer lagen, unsere Gesundheitszustände nicht gerade die besten waren und der Grund für all das hier unfassbar grauenvoll war, wollte ich gerade nirgendwo lieber sein als hier. Mit meinem Draco. Dieser hatte ebenfalls die Augen geschlossen und verteilte im Minutentakt Küsse auf meiner Stirn oder meiner Wange, wobei ein jeder für ein angenehmes Kribbeln in meinem Inneren sorgte. 

Sein Puls und seine Atmung waren glücklicherweise ruhig und regelmäßig, auch seine Hautfarbe glich nicht mehr der einer Leiche, sondern sah vergleichsweise gesund aus, über seine Schmerzen allerdings weigerte er sich zu sprechen. Dass er welche hatte - und zwar ziemlich starke - war jedoch nicht zu übersehen, noch dazu, weil er sogar bei der kleinsten Bewegung jedes Mal das Gesicht verzog.

Aber ich konnte es verstehen. Denn wer gab schon gerne zu verletzt oder gar schwach zu sein?


Nachdem ich eine ganze Weile in Gedanken versunken war, klopfte es gegen halb sieben schließlich an der Tür, doch wider Erwarten handelte es sich nicht um Madam Pomfrey, zumal sie erst vor einer halben Stunde hier gewesen war, sondern um Zabini. 

Fast schon schüchtern - was ich definitiv nicht von ihm gewohnt war - streckte dieser seinen Kopf durch die Tür und spähte durch den kleinen Raum, so lange, bis er Dracos Blick begegnete. Dann schien für ihn kurzzeitig die Welt stillzustehen.

Seine bis eben noch angespannten Schultern lockerten sich, sanken nach unten, als würde eine enorme Last von ihnen abfallen, was in gewisser Weise ja auch der Fall war. Die letzten Tage hatten ihn nämlich genauso mitgenommen wie mich, auch, wenn er das vielleicht niemals offen zugeben würde. Denn Draco derartig am Boden und leiden sehen zu müssen, hatte ihm ziemlich zugesetzt, ihm den Boden unter den Füßen weggerissen, das wusste ich.

Seine dunklen Augen schimmerten, versteckten sich zunehmend hinter einem Schleier aus Tränen, wovon sich eine einzelne löste, um über seine Wange zu kullern. Auch etwas, das ein Blaise Zabini vermutlich niemals in der Öffentlichkeit tun würde, doch diese Situation war nun mal außergewöhnlich. Zum ersten Mal seit fast einer Woche durfte er seinen totgeglaubten, besten Freund in wachem Zustand sehen.

„Draco...", stammelte er mit zittriger Stimme, atemlos, als könnte er gar nicht glauben, was er da gerade sah. Wie versteinert blieb er stehen und musterte mit großen, geweiteten Augen den Blondschopf neben mir, der sich ein kleines Stück aufrappelte und die Luft anhielt.

Ein paar Sekunden lang sahen sie sich einfach nur an, wortlos und ohne sich auch nur einen Millimeter zu bewegen, dann setzte sich der Dunkelhäutige langsam in Bewegung, platzierte einen Fuß vor den anderen, steuerte das Bett an, wurde immer schneller und ließ sich letzten Endes halb auf der Matratze nieder, um seinen besten Freund fest in die Arme zu schließen. Natürlich zurückhaltend und so vorsichtig wie möglich, damit er ihm nicht wehtat, doch fest genug, um einen kleinen Teil seines eigenen Schmerzes loszuwerden. 

Look closer - DramioneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt