64. | Bilder im Kopf

970 68 30
                                    

Hermines POV


„Guten Morgen, Miss Granger.", betrat Madam Pomfrey am nächsten Tag gut gelaunt und mit einem fröhlichen Lächeln auf den Lippen das Zimmer, im Gegensatz zu mir schien sie ausgeschlafen und topfit zu sein.

Ich hatte die ganze Nacht kein Auge zugemacht, allein der Versuch hatte mir grässliche Albträume beschert, und ich hatte mir immer wieder eingeredet, dass ich wachbleiben musste, für den Fall, dass Draco aufwachte. Ich fragte mich, wie ich jemals wieder normal und ruhig schlafen sollte, denn schon der Gedanke daran ließ mich erschaudern. 

Selten hatte ich derartig schrecklich geträumt wie heute Nacht. Jedes einzelne Mal mitansehen zu müssen, wie Draco elendig ermordet, erstochen, geköpft, erschossen oder erhängt wurde, war mit Abstand das Grausamste, das man mir momentan antun konnte. Teilweise wusste ich nämlich nicht, ob das nur ein Traum oder aber die Realität war, was immer wieder darauf hinauslief, dass ich schweißgebadet und panisch aufschreckte, bis mich der lebendige Körper, an den ich mich gekuschelt hatte, wieder beruhigte und daran erinnerte, dass wir in Sicherheit waren.

Letzten Endes hatte ich mitten in der Nacht die helle Deckenbeleuchtung des Zimmers angemacht, um nicht in Versuchung zu kommen wieder einzuschlafen, was tatsächlich geholfen und damit geendet hatte, dass ich nun schon seit mehreren Stunden wach war, neben meinem Draco lag und jede einzelne Veränderung seines Zustandes und jede noch so kleine Regung seines erschlafften Körpers genauestens beobachtete.

Madam Pomfrey betrat auf die Minute genau mit dem 8:00-Uhr-Gong den Raum, begleitet von dem Wind, der außerhalb der Schlossmauern wütete und in unregelmäßigen Abständen gegen das hohe Fenster stieß, ein helles, unangenehmes Pfeifen verursachte.

„Guten Morgen.", erwiderte ich emotionslos, nicht einmal halb so freundlich wie sie, mir war ehrlich gesagt auch absolut nicht danach.

Mein Kopf ruhte auf Dracos Brust, auf die ich mit meinem linken Zeigefinger stetig irgendwelche undefinierbaren Muster malte, um mich irgendwie abzulenken, doch meine Laune war komplett im Keller und würde so schnell auch nicht mehr hochkommen.

„Wie haben Sie geschlafen?", wollte die Heilerin wissen, stellte das Tablett mit meinem Frühstück auf dem kleinen Beistelltisch ab. Weil ich nicht antwortete, trat sie einmal um das Bett herum, erst dann fiel ihr Blick auf meine müden, roten und geschwollenen Augen.

„Ach du liebe Güte, Sie sehen ja schrecklich aus, Miss Granger."

„Danke.", antwortete ich sarkastisch, allerdings auch ein wenig eingeschnappt, denn so etwas zu hören schaffte meinem Gemüt keinerlei Abhilfe.

„Haben Sie heute Nacht denn überhaupt geschlafen?"

Seh ich so aus?!

Ich wollte am liebsten schreien. Keine Ahnung, warum ich derartig gereizt und schlecht gelaunt war, ich war einfach nur ausgelaugt, müde, kaputt, am Boden zerstört, ich hatte Angst um meinen Freund, kämpfte noch immer mit den Ereignissen der letzten Tage.

„Nein. Ich hab's versucht, aber... es ging nicht.", gab ich ehrlich zu, versuchte freundlicher zu klingen als zuvor, immerhin konnte Madam Pomfrey nichts für meine schlechte Laune. Im Gegenteil. Ich war ihr sogar unendlich und unbeschreiblich dankbar, weil sie alles dafür gab, um Draco am Leben zu erhalten.

„Ich kann verstehen, dass Sie sich große Sorgen machen, aber Sie tun Mr. Malfoy keinen Gefallen, wenn Sie sich nicht ausruhen und sich nicht erholen. Ihre Gesundheit ist genauso wichtig."

Mag sein, aber Draco liegt verdammt nochmal im Koma!

Ich ließ diese Worte unkommentiert, hatte um diese Uhrzeit keine Lust auf eine sinnlose Diskussion, die ich vermutlich sowieso nur wieder verlieren würde, und starrte einfach nur stur geradeaus, den mahnenden Blicken der Medihexe ausweichend.

Look closer - DramioneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt