53. | Mit dem Kopf durch die Wand

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Hermines POV


„Ich bin so unfassbar wütend!", donnerte Ginny, als sie völlig außer sich in unser Zimmer gestürmt kam und die Tür in ohrenbetäubender Lautstärke zuknallte. 

Ich fuhr heftigst zusammen und schnappte restlos überrumpelt nach Luft, doch meine zugeschnürte Kehle machte es mir unmöglich, Sauerstoff in meine Lungen zu ziehen, weshalb mir kurzzeitig schwarz vor Augen wurde.

Nach dem Mittagessen hatte Draco beschlossen in die Bibliothek zu gehen, mit der vagen Begründung etwas Wichtiges erledigen und nachschlagen zu müssen, und nachdem er mein Angebot - ihm Gesellschaft zu leisten - sofort abgelehnt hatte, hatte ich mich in unser Zimmer zurückgezogen, um ein wenig zu entspannen und den Kopf freizubekommen. Bis gerade eben hatte ich seelenruhig in einem neuen Buch geschmökert und mich in meine Bettdecke gekuschelt, doch nun war ich schlagartig hellwach und mein Puls binnen weniger Sekunden in unsäglichen Höhen katapultiert worden.

„Merkt man gar nicht.", versuchte ich scherzend meine Verblüffung und meinen Schreck zu überspielen, doch Ginnys Gesichtsausdruck nach zu urteilen war ihr gerade nicht nach Scherzen zumute, denn sie knirschte mit den Zähnen und zog ihre Augen zu hauchdünnen Schlitzen.

Sie riss sich schnaubend die Krawatte und den Umhang vom Leib und schleuderte beides durchs Zimmer, bis diese gegen die Wand knallten und zu Boden fielen.

Das Gespräch mit Harry scheint ja super verlaufen zu sein...

„Was ist denn los?", wurde ich schließlich wieder ernst. Ich legte mein Buch auf meinem Nachttisch ab und setzte mich ein Stück auf, um ihr in die Augen zu sehen, die die unterschiedlichsten Emotionen widerspiegelten. 

Trauer, Wut, Enttäuschung, Verzweiflung.

Ihre Atmung war unregelmäßig und hektisch, ihr Gesicht hingegen leichenblass und emotionslos.

Ich ließ sie keine Sekunde aus den Augen, als sie an mein Bett herantrat, um es sich dort bequem zu machen und gegenüber von mir Platz zu nehmen. Sie starrte auf ihre Hände, die in ihrem Schoß lagen und die sie sichtlich nervös und angespannt knetete, während sie angestrengt versuchte, so gut wie möglich meinem durchbohrenden Blick auszuweichen.

Ich wollte ihr Zeit geben und sie nicht zum Reden drängen oder zwingen, doch je länger sie schwieg, je länger sie wie ein Häufchen Elend vor mir saß, desto mehr spannte sie mich auf die Folter. Was irgendwann so unerträglich war, dass ich sie am liebsten an den Schultern gepackt hätte, um ihr schreiend klarzumachen, dass sie endlich mit der Sprache rausrücken sollte.

Was mir wie eine Ewigkeit vorkam, waren jedoch nur ein paar Sekunden, die gefühlt einfach nur endlos in die Länge gezogen wurden, und dieses äußerst unangenehme, fast schon peinliche Schweigen machte es nicht gerade besser.

„Hast du mit Harry geredet?", durchbrach ich schließlich diese bedrückende Stille, als mein Kopf irgendwann wirklich noch zu platzen drohte, verpasste mir im nächsten Moment jedoch eine imaginäre Ohrfeige.

Natürlich hat sie mit Harry geredet, du Idiotin!

Ginny jedoch sah meine - zugegebenermaßen mehr als dämliche - Frage offenbar als kleinen Anstoß, denn sie nickte mit dem Kopf und konnte sich nun doch endlich dazu überwinden mir in die Augen zu sehen und das Wort zu ergreifen.

„Ja, wir... haben geredet. Ziemlich lange sogar und... anfangs ist auch noch alles relativ gut verlaufen, aber... zum... zum Ende hin, da... da haben wir uns nur noch angeschrien und... und..." Sie brach ab, als sich eine einzelne Träne aus ihrem Augenwinkel stahl und über ihre Wange rollte.

Look closer - DramioneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt