Ein ganzes Universum

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Sie hatten noch eine ganze Woche in der Stadt zugebracht, was einerseits daran lag, dass Ben nicht so schnell ein Schiff gefunden hatte, welches ihm gefiel und andererseits an Rey, die noch ein paar Tage gebraucht hatte, um sich von ihrer Heimat zu verabschieden.
Schließlich waren sie jedoch bereit und, trotz dessen beide es sich niemals eingestehen würden, aufgeregt.

"Kann es losgehen?"
Vor ihnen führte eine Rampe ins Innere des alten Kreuzers. Er war nicht das neuste Modell, aber Ben meinte, es würde reichen.
"Ich denke schon", erwiderte Rey und blickte sich nocheinmal um.
Es war ein später Nachmittag. Der Himmel strahlte in sattem orange und je näher sie dem Abflug rückten, desto mehr hatte sie darüber nachgedacht, wie es wohl über den Wolken aussehen würde.
"Werde ich jemals wiederkommen?"
Ihre Gedanken hatten sich selbständig gemacht. Aber Ben, dem alles daran lag, dass es ihr gut ging, meinte gelassen: "Du kannst immer wieder zurückkommen." Sie lächelte.
"Dann kann es wohl losgehen."
Ihre Beine zitterten allerdings trotzdem ein wenig, als sie langsam die Rampe empor stieg.
"Ich war schon lange nicht mehr auf einem Schiff." Ben schwieg.
Hinter ihnen schloss sich die Luke.
"Du kannst deine Sachen hierhin legen, oder du nimmst sie mit ins Cockpit, es ist genug Platz."
Genau genommen trug sie nur noch einen leichten Stoffbeutel bei sich. Den Rest hatten sie bereits am Vormittag verstaut.
Schnell legte sie ihn zur Seite und folgte ihm.
"Und ich kann sicher sein, dass du mich nicht in den Tod stürzt?", fragte sie und er lachte.
"Natürlich nicht, wo bliebe denn dann der Spaß?"
Sie wusste, dass er es nicht ernst meinte, aber in ihrem Bauch begann es bereits zu kribbeln.
"Hey", vorsichtig griff er nach ihrer Hand und zog sie an sich, "in meiner Familie gab es schon einige herausragende Piloten. Ich bin mindestens genauso gut."
"Ich vertraue dir Ben", erwiderte sie und sank auf den Sitz neben ihm, "es ist nur ziemlich aufregend." Verständnisvoll nickte er.
"Sag mir bescheid, wenn ich starten soll."
Von ihrem Platz aus hatte sie einen einmaligen Blick auf die Stadt, den Hafen, die viele Straßen. Alles lag direkt vor ihren Augen und trotzdem fühlte sie sich ein ganzes Stück entfernt. "Ich glaube", begann sie nachdenklich, "ich könnte Stunden damit verbringen, das alles zu beobachten."
"Ich weiß was du meinst, mir geht es genauso."
Überrascht sah sie ihn an. Und tatsächlich, auch sein Blick schweifte träumerisch über die Häuser.
"Allerdings gibt es etwas, dass ich mir schon ewig zu sehen wünsche...", erwartungsvoll blickte sie hinauf zum Himmel.
"Die Sterne, das Universum...", beendete er den Satz für sie.
"Ich denke, ich bin bereit."
"Gut" erwiderte Ben.
Die Motoren hatte er, in der Hoffnung
die allgemeine Aufbruchstimmung dadurch noch ein wenig länger zu erhalten, bereits vor ein paar Minuten gestartet.
Als er den ersten Hebel umlegte, begannen sie langsam zu schweben.
Gern hätte er mehr Zeit damit verbracht, Rey zu beobachten, wie sie fasziniert jeden seiner Handgriffe und gleichzeitig die Außenwelt in Betracht nahm. Jedoch war es zu beider Besten, wenn er sich aufs Steuern konzentrierte.

"Ist es schwer?", fragte sie plötzlich und beobachtete interessiert, wie er das Schiff in der Luft lenkte, "zu fliegen meine ich."
Er zuckte mit den Schultern. "Eigentlich nicht."
Ben wusste, welcher Gedanke ihr gerade in den Sinn kam, aber dafür hätten sie auch ein ander Mal Zeit. Heute würde er ihr die Sterne zeigen und das war Aufregung genug.

Während sie höher und immer höher flogen, bald hatten sie die Wolkendecke erreicht, wurde sie immer leiser.
Er versuchte sich daran zu erinnern, wie es für ihn war. Wie er sich gefühlt hatte, als er das erste Mal die Heimat verließ. Das lag jedoch schon viele, viele Jahre zurück. Er war damals noch ziemlich jung gewesen. Wahrscheinlich hatte er das meiste schon längst vergessen.
"Von oben sieht alles ganz anders aus", meinte Rey schließlich, als sie die ersten Wolken erreichten. Mit ihnen schwand auch die Sicht. "Gefällt es dir?"
"Ja", antwortete sie, "ja es gefällt mir sehr."
Was ihn immer wieder aufs neue verwunderte, wenn er einen Planeten verließ, war, wie fließend die Atmosphäre in die Dunkelheit des Weltraums übergeht. Wie verrückt es ist, dass sie innerhalb des Schiffes nicht einmal erahnen konnten, wie die Temperatur mit einem Schlag enorm abnimmt.
Keine Minute, nachdem sie das riesige Wolkenmeer hinter sich gelassen hatten, breitete sich die endlose Schwärze vor ihren Augen aus.
"Wow", entwisch es Rey.
Er wollte mit dem Sprung in den Hyperraum noch ein wenig warten. Sie verdiente es, die Zeit zu bekommen, alles in Augenschein zu nehmen.
"Es ist faszinierend, nicht wahr?"
"Es ist mehr als das", fügte sie leise hinzu. Dann stand er auf.
"Was machst du?", fragte sie verwundert, "solltest du nicht lieber hierbleiben?"
Er lächelte. "Ich hatte nicht vor zu gehen." Zuversichtlich reichte er ihr die Hand. "Ich möchte dir nur etwas zeigen."
Sie zögerte nicht lange, griff nach ihr und stand auf.
"Und was möchtest du mir zeigen?"
Neugierig sah sie sich um.
"Schließ die Augen", forderte er sie auf. Rey gehorchte.
"Und jetzt?"
"Wenn du mir vertraust dürfte nichts passieren", murmelte er und stellte sich hinter sie. Dann nahm er ihre Hände und legte sie über ihre Augen. "Ben", sagte sie lachend, "das ist nun wirklich nicht nötig."
Schmunzelnd führte er sie langsam aus dem Cockpit heraus.
"Wo willst du hin?" In ihrer Stimme schwang ein wenig Angst.
"Ich habe auf Autopilot geschalten, wenn irgendetwas ungewöhnliches vor sich geht, werde ich alarmiert."
Daraufhin beruhigte sie sich ein wenig.
"Ist es weit?"
"Nein, wir sind gleich da."
Der Grund, warum er sich für dieses Schiff entschieden hatte, lag hauptsächlich an diesem winzigen Detail.

Sie betraten einen kleinen Raum, der kaum groß genug war, um ihnen beiden genügend Platz zu bieten.
Aber es lohnte sich.
Noch nie zuvor hatte er ein Schiff gesehen, dass einen solchen Ausblick bieten konnte.
Er löste ihre Hände, schlang, als er bemerkte dass sie die Augen noch geschlossen hielt, seine Arme von hinten um ihre Hüfte und flüsterte: "Du kannst deine Augen jetzt öffnen."
Ihr Herz schien zu rasen. Und er meinte beinahe sie würde zittern, weshalb er sie schützend noch ein wenig enger an sich zog.
"Rey, sieh, es ist wunderschön", raunte er in ihr Ohr.
Kurz herrschte Stille, aber er wusste, dass sie es nun sehen konnte.
"Wo sind wir?"
Staunend wandte sie sich nach allen Seiten.
Sterne. Überall waren Sterne.
Hinter ihr seufzte Ben erleichtert auf.
Die Überraschung schien gelungen.
"Eine kleine Überraschung", flüsterte er zufrieden, während sie sich in seinen Armen umdrehte.
Ihre Augen funkelten und auf ihren Lippen lag das wohl schönste Lächeln, dass sie ihm bisher geschenkt hatte.
"Danke", hauchte sie und küsste ihn. "Danke für alles."

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Hallu,
dieses Kapitel ist überraschend lang geworden und mir ist während des Schreibens aufgefallen, dass ich hier unmöglich aufhören kann.
Es fühlt sich einfach falsch an ^^
(Wie viele Kapitel es noch geben wird, weiß ich selbst noch nicht.)
Ich hoffe ihr freut euch und an dieser Stelle ein kurzes Danke für 3K reads. Mittlerweile interessieren mich diese Zahlen zwar wirklich nicht mehr, aber es ist immer wieder spannend das alles zu beobachten :D
Bis zum nächsten Kapitel <3

I want to be a pilot // ReyloWo Geschichten leben. Entdecke jetzt