wenn Liebe fliegen lernt

Kapitel 5 ♥

Um 10:07 Uhr klingelte endlich die Klingel zur Pause und erlöste mich so. Ich und Jaden hatten den Rest der Stunde darüber gestritten, welches Buch wir nehmen würden. Ich wollte mein zweites Lieblingsbuch "Die Bestimmung", aber Jaden mochte "so einen Liebesscheiß" nicht (obwohl da ja auch Action mit drin war) und plädierte für irgendsoein Buch über ein Videospiel, was ich wiederrum ablehnte. Ich hatte mehrmals frustriert aufgestöhnt und Jaden hatte das natürlich wieder falsch verstanden. ("Ich weiß ja, dass ich hot bin, aber heb dir dein Stöhnen für später auf", wofür ich ihm fast eine geklatscht hätte. Aber nur fast.) Jetzt lief ich also mit Austin endlich befreit durch die Gänge- ich kannte mich bereits erstaunlich gut aus- und betrat schließlich die Cafeteria. Meine Augen huschten über die Schüler und suchten nach 3 bekannten Gesichtern. "Ich glaube die sind noch nicht da", meinte Austin. "Lass doch schon mal hinsetzen." Nachdem wir also das Essen inspiziert hatten und uns dann für einen Salat entschieden hatten, setzten wir uns schließlich an einen der langen Tische. "Und wie lief's?", fragte Austin, während wir auf unserem Teller herumstocherten. "Wir haben uns noch nicht mal für ein Buch entschieden", seufzte ich mit vollem Mund. Er warf mir einen mitleidigen Blick zu. "Eigentlich ist er ganz ok, er ist nur manchmal-" "ein verdammter Macho?", fiel ich ihm ins Wort. Er lachte. "Ja, das kann man so sagen"

"Aber wenn du ihn besser kennst, kann er ziemlich einfühlsam sein." "Echt?" "Jaa, ein kleiner Softie" Ich kicherte. "Na lass ihn das mal nicht hören" Auch Austin lachte und ich mochte sein Lachen, weil es total ansteckend war. Cate, Anna und Niall tauchten auch für den Rest der Pause nicht auf, laut Austin "lernen sie wahrscheinlich für Philosophie", dafür unterhielten wir uns und lachten ab und zu. Ich war froh, dass er mich anscheinend mochte und ich nicht allein hier sitzen musste. Nach den Klingeln mussten wir uns leider wieder trennen und ich eine Stunde Religion überstehen. Mit einer unglaublichen Erleichterung verließ ich danach den Raum und machte mich auf den Weg zur letzten Stunde. Sport. Ich war schon immer ziemlich sportlich gewesen und das trotz dem Krebs und so waren auch die 2 Runden einlaufen kein Problem für mich. Verwundert musste ich feststellen, dass einige nach Luft schnappten, als würden sie gleich ersticken und sich die Hände auf die Seiten pressten. Jaden allerdings war auch hier und schien nicht so geschafft zu sein. Naja, seine Figur sagte ja auch deutlich aus, dass er Sport trieb. Er beobachtete mich schon die ganze Zeit und das war mich deutlich unangenehm. Der Lehrer, Mr Boofled, teilte uns nun mit, dass wir für den Rest der Stunde Ausdauerlauf machen würden. Gut so, besser als irgendwelche Spiele. Ich fing also an zu laufen, in einem gleichmäßigen Rythmus. Als ich gerade meine 3. Runde absolviert hatte, holte mich jemand ein und lief neben mir. Jaden. "Na Cinderella? Hatte ich dir nicht gesagt, dass du das Laufen sein lassen sollst?" "Ach, halt die Fresse!", zischte ich verärgert. Warum nervte er immer so. "Naja, Ausdauer hast du ja", bemerkte Jaden dann. Ich sagte nichts dazu und so hörte man eine Zeit lang nur den gleichmäßigen Rythmus unseres Atmens.

"Machst du viel Sport?", fragte Jaden dann. "Was geht dich das an?", fauchte ich zickig. "Okey, okey", er hob die Hände. "Ich wollte nur mal nett sein" Na das ist ja mal ne Überraschung. Aber das dachte ich nur, stattdessen sagte ich: "Ich bin in Californien viel gesurft" "Cool. Ich hab es mal ausprobiert in Amerika, aber ich bin irgendwie zu blöd dazu" Ich kicherte und auch Jaden lachte. "Es ist gar nicht so schwer", meinte ich. "Du musst nur einen guten Stand finden, um das Gleichgewicht zu behalten" "Leicht gesagt", gab er grinsend zurück. Ich lächelte und ich verbrachte den ganzen Rest der Stunde damit, Jaden das Surfen genauer zu erklären.

Als ich dann später mit dem Bus wieder nach Hause fuhr, wurde mir bewusst, dass ich mich soeben mit Jaden normal unterhalten hatte. Und es war sogar schön gewesen! Naja, ok, bestimmt war das nur eine Ausnahme gewesen. Ich hoffte, dass ich unser Projekt in Deutsch auch so überstehen konnte.

Nachdem ich meine Tasche in die Ecke geworfen und meine Schuhe ausgezogen hatte, ging ich in die Küche, um mir einen Joghurt zu nehmen und setzte mich dann im Wohnzimmer auf die Couch. Dort saß auch schon Mum, las ein Buch und tippte gelegentlich auf ihrem Handy rum. Sie summte leise und hatte ein Dauerlächeln im Gesicht. Und sie hatte die Füße auf dem Couchtisch! Das tat sie sonst nie!

Ich zitiere "Der Tisch könnte ja kaputt gehen". Naja, der trug zwar laut Anleitung 10kg, aber das war halt Mütterlogik. Ich setzte mich neben sie und sie sah kurz auf. "Heey, Süße und wars schön in der Schule?" Sie sagte das als wäre die Schule der schönste Ort der Welt. Und Süße nannte sie mich auch nur selten, aber wieso zum Teufel war sie so gut gelaunt? "Ganz ok", antwortete ich und das war nicht mal gelogen. Jaden war ja ziemlich freundlich gewesen und auch die Pause mit Austin hatte ich nett gefunden. Mum strahlte mich an. "Super! Wenn du Lust hast, ich habe Crême Brulé gemacht, steht im Kühlschrank" Okay, das war zu viel. Mums berühmte Crême Brulé gab es sonst nur zu wirklich besonderen Anlässen. Dafür war sie aber auch so unglaublich lecker! "Mum, was ist eigentlich los?", fragte ich verwirrt und sie lächelte mich an. "Was soll los sein?" "Falls es dir noch nicht aufgefallen ist, du hast ein Dauerlächeln im Gesicht, Du nennst mich Süße UND du hast Crême Brulé gemacht" "Wieso, darf ich nicht glücklich sein?" "Ja, aber du verheimlichst mir doch etwas. Hast du..du hast doch nicht.." Ich stockte. War sie etwa neu verliebt? Mum seufzte und meinte gedehnt: "Jaa, also..", "Was also?", hakte ich nach. "Ich habe einen neuen Freund", platzte es dann schließlich aus ihr heraus und sie strahlte. "Er heißt Andreas und er ist soo lieb. Ich habe ihn in der Stadt kennengelernt und er ist auch alleinerziehend. 2 Söhne in deinem Alter, glaube ich. Er kommt heute zum Essen! Ist das nicht toll?" Überrumpelt sah ich sie an. Okay, ein neuer Freund. Aber war das nicht etwas früh? "Also..moment mal", fing ich an.

"Meinst du denn wirklich, dass er etwas für dich ist? Bist du denn echt schon hinweg über...Dad?" Bei seiner Erwähnung sanken Mums Mundwinkel leicht, aber sie lächelte immer noch. "Ja, Bella. Er wird mich nicht verlassen, er ist einfach wunderbar. Du wirst ihn ja heute Abend kennenlernen und begeistert sein." Ich hatte inzwischen meinen Joghurt aufgegessen und stand auf. "Okey, Mum, dann freue ich mich", sagte ich bevor ich in der Küche den Becher wegwarf, meine Tasche nahm und nach oben in mein Zimmer ging.

Dort ließ ich mich erstmal ins Bett fallen. Ich wusste nicht recht, was ich mit Mums neuem Beziehungsstatus anfangen sollte. Ein Teil von mir freute sich wirklich für sie. Es tat ihr bestimmt gut, einen Freund zu haben. Andererseits hatte mir unsere kleine Frauenwelt bisher ganz gut gefallen und ich wollte keinen Mann hinein lassen. Aber vielleicht war ich einfach nur abneigend gegen einen "neuen Vater", wegen der Sache mit Dad.

Aber irgendwie war ich dann auch ganz gespannt auf diesen Andreas. Vielleicht war er ja wirklich ganz nett.

Der Rest des Nachmittags verging ziemlich schnell: Ich machte meine Hausaufgaben, las noch etwas und setzte mich dann raus in den Garten um mit Kelly zu telefonieren. Ich erzählte ihr alles, auch von Jaden und Austin. "Dieser Jaden hört sich ja ganz schön heiß an, den musst du dir schnappen und Austin ist richtig nett", war ihr Kommentar dazu. Ich seufzte und lachte. "Ja, Jaden sieht echt gut aus, aber er ist ein Arschloch" "Dann ist es ja noch besser, ein richtiger Bad Boy", freute sie sich. Ich schüttelte den Kopf. Das war typisch Kelly. Dann musste ich auflegen, weil Mum mich reinrief. Sie stand verzweifelt in Unterwäsche im Schlafzimmer und hielt zwei Kleider in den Händen.