XXXVII. Ausbruch?

373 13 0
                                    

Das Grinsen war verschwunden, als Arya sich aufrappelte. Verwundert hielt sie die Kette in der Hand. Die Metallplatte, die eigentlich in die Wand eingelassen war, war mit einem großen Klumpen der Mauer abgebrochen und hatte ein großes Loch hinterlassen, durch das der Wind nun hereinpfiff und Aryas blutige und verknoteten Haare verwehte.
Mit unsicheren Schritten ging sie zum Loch und betastete den rauen Stein. Es war kein Traum. Dort, wenige Zentimeter hinter ihren Fingerspitzen lag die Freiheit. Das Loch war groß genug für ihren Kopf, also streckte sie ihn hindurch. Draußen war der Wind ungehindert und stark und ließ Aryas Kopf erst einmal gegen die Wand schlagen.
Doch sobald sie einen klaren Blick auf die Außenwelt bekam, schwand alle Hoffnung, die sich unweigerlich in ihr aufgebaut hatte. Sie war mindestens zwei Dutzend Meter über dem Boden, und unter ihr war eine harte Straße.
Selbst wenn sie ihren Körper durch die enge Öffnung quetschen könnte, würde der Sturz sie bewusstlos und noch stärker verletzt machen, als sie es ohnehin schon war. Wenn sie es überleben würde.
Aber andererseits konnte Arya nun auch den langen Weg nehmen, wenn sie aus dem Raum hinauskäme. Keine Kette würde sie daran hindern.
Sie erhob sich wieder und testete, ob ihre Kraft reichte, um sowohl die Kette als auch den Steinklotz hochzuheben. Ein wenig ihrer früheren Kraft musste doch noch vorhanden sein.
Mit Mühe konnte sie diesen letzten Rest heraufbeschwören und den Klotz hochheben. Schnelligkeit beim Fliehen musste sich dann allerdings hinten anstellen. Doch möglicherwiese konnte sie den Brocken auch als Waffe benutzen.
Probehalber schwang Arya den Stein an der Kette durch den Raum, doch diese rutschte ihr aus der Hand, flog mit dem Stein durch den Raum, prallte an der Wand ab und zog ruckartig an Aryas Fußgelenk, sodass sie hart auf dem Po landete. Mit einem lauten Krach! zersplitterte ein Teil des Steins und der Brocken an der Kette halbierte sich.
Nun konnte Arya ihn viel besser tragen und wurde nicht mehr allzu sehr beeinträchtigt.
Zumindest weniger als von ihren Wunden.
Mit beiden Händen die Metallplatte mit dem Stein daran haltend ging sie langsam zur Tür. Vielleicht konnte Sie das Schloss einschlagen.
Mehr aus einer blinden Hoffnung vermischt mit Spott heraus, als aus Vernunft, drückte Sie die Türklinke herunter ... und öffnete die schwere Eisentür mühelos.
Vor Überraschung kichernd machte sie sie erst einen Spalt auf, in Erwartung einer Wache, doch der Gang war leer.
Kein Mensch weit und breit.
Arya konnte ihr Glück kaum fassen. Das war doch zu einfach!
Wahllos wandte Sie sich nach links und humpelte den Gang entlang. Am Ende lugte sie vorsichtig um die Ecke, doch auch hier war keine Spur einer Wache. Es war eine Wandeltreppe, eng und mit unregelmäßigen Steinstufen.
Jetzt noch vorsichtiger betrat Arya die Treppe, die links noch weiter nach oben, und rechts in engen Kreisen steil abwärts ging.
Einen Fuß vor den anderen setzend machte Arya sich an den Abstieg, nach jeder Stufe darauf gefasst, entdeckt, gefasst, gefesselt zu werden.
Doch nichts geschah. Niemand entdeckte Sie. Niemand sah Sie.
Nach gefühlten Stunden kam Sie unten an, in - wer hätte es gedacht - einem weiteren Gang. Auch hier wieder keine Wache.
Langsam begann Arya die Angst zu verlieren. Durza war dumm, so dumm.
Natürlich würde sie ausbrechen. Sie hätte mehr erwartet... Sonst war es doch immer so schlau, das kleine Durzalein.
Kichernd hüpfte Sie den Gang entlang, von dem immer wieder weitere abzweigten, doch Arya hopste gerade aus, nahm einige Kurven, wenn der Gang Sie nahm. Sie kicherte und summte, hüpfte und hopste.
Alle Schwäche, alle Schmerzen waren wie weggeblasen.
Weggeblasen.
Vieles konnte man als weggeblasen bezeichnen.
Leben, zum Beispiel.
Fäolins. Aryas.
Auch wenn sie noch lebte.

Arya war in einen schnellen Laufschritt verfallen, als Sie um eine Ecke bog und abrupt stehen blieb.
Zu einfach.
Links vor ihr lag eine breite, kurze Treppe, zu der noch zwei andere Gänge hinführten, und die in einer riesigen Kathedrale endete. Durch die Dachfenster konnte man den Sturm wüten sehen.
Lachend, und ohne nachzudenken oder sich zu fragen, wieso Durza so dumm war und nicht einmal an den Ausgängen Wachen postierte, rannte Arya los und sprang auf die erste Stufe, als sich aus dem Schatten eines anderen, unbeleuchteten Ganges zwei Gestalten lösten.
Erbarmungslos packten Sie Arya an den Haaren und warfen Sie zurück gegen die Wand. Sofort verstummte ihr Lachen und sie sah die beiden Männer, zweifellos Soldaten Durzas, mit großen Augen an.
Diese zerrten sie nun grinsend an den Armen durch die Gänge, während sie schrie und trat und schlug, doch nichts brachte etwas.
Mühelos hielten die Wachen sie fest und schliffen sie durch die Gänge. Der größere der Beiden fing an, mit einer unangenehmen, schneidenden Stimme zu reden: ,,Du hast länger gebraucht, als der Chef vermutet hätte. Er hat gesagt nach spätestens zwei Tagen sollen wir am Ausgang mit dir rechnen. Bist wohl eher von der langsamen Sorte, ne?"
Seine Stimme klang spöttisch, beiläufig.
Er redete weiter, doch Arya hörte ihn nicht mehr. Mit einem Mal war ihr eiskalt geworden.
Natürlich war Durza nicht dumm gewesen.
Sie war hier die Dumme.
Wie dumm von ihr, zu denken, dass Durza keine Wachen aufstellte.
Wie dumm von ihr, zu denken, dass er die Zelle seiner wertvollsten Gefangenen unverschlossen ließ.
Wie dumm von ihr zu denken, dass Durza den Stein so brüchig machte.
Wie dumm von ihr, zu denken.
Es war alles geplant gewesen.
Wie naiv von Arya.
Wie unglaublich naiv sie doch gewesen war.
Noch immer strampelte und fluchte sie, doch niemand erhörte die Verwünschungen und Flüche, die sie Durza und allen seinen Dienern an den Kopf warf.
Arya konnte nicht sehen, wohin sie gebracht wurde, doch eigentlich wusste sie es.
Nach einigen Minuten warfen die beiden Wachen sie auf den Boden, wo sie zitternd und außer Atem auf dem Rücken mit geschlossenen Augen liegen blieb.
Ein Gewicht legte sich auf ihren Oberkörper, knapp unter ihren Brüsten. Dann eine Stimme.
Die kalte, höhnische, ihr so verhasste Stimme, die sagte:
,,Schließe nur deine Augen. Du musst nicht sehen, um zu fühlen."

Eragon - Aryas GefangenschaftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt