Seit die Augen wieder verschwunden waren, geschah nichts mehr. Wirklich nichts. Arya fühlte sich um Hundert Jahre gealtert, als hätte sie ihr ganzes Leben nichts anderes getan, als hier, in den düsteren Kerkern der Stadt, zu leiden, zu schreien, zu flehen.
Dazu war sie inzwischen übergegangen. Früher wäre es gegen den Strich ihres Stolzes gewesen, Durza anzuflehen und die Genugtuung in seinem Blick zu sehen. Doch jetzt ...
Es kümmerte sie nicht mehr.Arya nahm keine Geräusche mehr war, außer ihrem Atem und ihren Schreien. Sie nahm kein Licht mehr war, außer das rote Leuchten der Glut und das gelbe Leuchten der Folterinstrumente, bis diese ihren Körper berührten und die Hitze auf sie über trugen.
Ihre Erinnerungen an die Sonne verblassten, die Erinnerungen an Fröhlichkeit verdunkelten sich. Selbst die an Fäolin waren blass.
Aryas Geist war umschlossen von Dunkelheit. Der bösen Dunkelheit, die, die dunkel war wie Durzas Augen, Durzas Herz, sodass selbst die Sterne von Trauer verblassen würden.
Arya wehrte sich nicht mehr, ließ alles mit ihrem Körper machen und versank in tiefem Selbstmitleid. Die einzige Gewissheit, die sie hatte, war, dass Galbatorix den Krieg noch nicht gewonnen hatte. Sonst würde sie nicht mehr leben.
Der einzige Hinweis, dass Durza ihr noch die altbekannten Fragen stellte, waren seine Lippenbewegungen. Arya konnte sehen, wie Durza sie ansah, seine Lippen sich bewegten. Aber ihr geschädigter Geist konnte die Worte nicht aufnehmen, nicht verarbeiten.
Aus Tagen wurden Wochen, Monate, Jahre, Jahrhunderte. So zumindest kam es Arya vor. In Wirklichkeit aber, als Arya gerade zum siebenten Mal im Raum mit der Peitsche gefoltert wurde, kam die Stadt Gil'ead in Sichtweite von Murtagh und Eragon.
Und Arya wusste nichts davon, nichts von ihrer nahenden Rettung, der Hoffnung, die sie bald unerwartet ereilen würde. Aber was sie wusste, war, dass Durza langsam ungeduldig wurde. Es wollte diese Informationen. Koste es was es wolle.
Immer öfter unterstrich er die Foltern mit kurzen Geist-Vorstößen, bei denen er wie mit einem Messer in Aryas Geist eindrang und sie mental wie körperlich folterte. Warum er nicht einfach die Kontrolle über sie übernahm, wusste Arya nicht.
In ihrem Zustand konnte sie kaum eine brüchige Mauer um ihren Geist errichten, geschweige denn Durza abwehren. Für den Schatten wäre es ein leichtes, Arya zu unterwerfen und sich die Informationen direkt zu holen.
Aber er tat es nicht. Vielleicht wartete er auf etwas. Vielleicht hatte er doch noch ein wenig Respekt vor dem komplexen Geist der Elfen.
Seit Arya in ihrem Kopf nicht mehr sicher war, plagten sie oft Albträume. Sie schlief ohnehin schon nur sehr wenig, und wenn sie endlich einmal die Augen schließen konnte, kamen die Schatten der Träume.
Der schlimmste, den sie bis jetzt gehabt hatte, war nach einer vielstündigen Folter mit dem Messer gewesen. Arya hatte geträumt, sie würde brennen. Nicht normales Feuer, sondern gefährlicheres. Die züngelnden Flammen waren blutrot und schwarz. Die Flammen fraßen sie auf, von den Zehen aufwärts, bis nur noch ihr Kopf übrig war.
Was das Feuer verbrannt hatte, löste sich in Blut auf, zähes, brodelndes Blut, das über den Boden floss, viel mehr, als ein Körper in sich haben konnte, und Arya schließlich erstickte.
Danach war sie aus dem Schlaf gefahren, in der Gewissheit, die Lungen voller Blut zu haben und ihren Körper nicht mehr zu spüren. So war es auch zuerst, dann kam der Schmerz zurück.
Er war schon so lange Aryas treuer Begleiter, dass sie sich nicht mehr an ein Leben vorher, ohne Vetter Schmerz, erinnern konnte. Er war immer da gewesen, würde immer da sein. Bis an Aryas so fernes Lebensende.
Das Lebensende. Etwas, das Arya sich herbeisehnte. Etwas, was sie nie bekommen würde. Ihr sogenanntes Leben würde weitergehen, immer weiter, immer trauriger. Niemals würde sie ihren Freund begrüßen dürfen.
Ihren Freund, der alles beenden könnte. Die Schmerzen, die Demütigung, die Folter, Durza. Wenn er sich nur nicht so viel Zeit lassen würde, der Gevatter Tod.
Früher war Arya eine lebensfrohe Elfe gewesen. Glaubte sie. Es hatte ein anderes Gefühl gegeben, kein Schmerz, keine Angst und keine Trauer. Etwas, das sich 'Glücklichkeit' nannte. Aber das war unwichtig. Alles war unwichtig.
Es gab nur Arya und Durza. Durza und Arya. Und ihren ständigen Begleiter, den Schmerz. Er war der Alltag, er war die Abwechslung. Er war immer da, aber immer anders.
Mal brennend wie Feuer, mal stechend wie Morgenkälte.Arya war nicht mehr sie selbst. Manchmal glaubte sie, den Verstand verloren zu haben. Manchmal glaubte sie, die einzig Blinde in einer Welt Sehender zu sein. Und es war niemand da, der ihr dies ausreden konnte.
Sie war allein. Wirklich allein. Niemand hielt sie vom Nachdenken ab. Und vielleicht war das sogar schlimmer als die Folter. Wenn Durza wieder das Messer ansetzte, wusste Arya wenigstens, woran sie war. Sie wusste, was passieren würde und konnte sich darauf vorbereiten.
Beim Nachdenken nahmen ihre Gedanken ihren Lauf, keiner hätte voraussagen können, wohin sie führten. Arya malte sich Schreckensbilder aus, wie sie nach Ellesméra zurückkehrte und nichts mehr fand. Entweder Galbatorix hatte alles zerstört, oder Aryas komplettes Leben außerhalb dieser Verliese war Wunschdenken gewesen.
Sie stellte sich vor, wie nicht Durza sie folterte, sondern Fäolin. Sie stellte sich vor, wie sie unterworfen und gezwungen wurde, gegen ihr eigenes Volk zu kämpfen. Alles konnte in Aryas Augen die Realität sein. Sie konnte es nicht mehr unterscheiden.
Inzwischen dachte sie auch nicht mehr an Flucht. Ihre Pläne beschränkten sich darauf, einen Weg zu finden, dem Leben zu entkommen.
Und während Murtagh in die Stadt ritt um Dormnad zu finden, dachte Arya, wie schön es doch wäre, den Schalter, der über Leben und Tod bestimmte, selbst in der Hand zu halten.
----
Ich bin irgendwie dazu verfallen, nur noch die Gedanken (oder so was) von Arya aufzuschreiben. Keine Sorge, das nächste Kapitel wird spannend. Hoffe ich. Nein, ich habe schon einen Plan.
Das Kapitel kommt dann auch in kürzerem Abstand als dieses hier. Ich hatte in den letzten drei Wochen seeehr viel für meinen Award auf meinem Zweitaccount zu tun, außerdem habe ich dieses Schuljahr drei mal Nachmittagsunterricht (manche werden sich jetzt denken ja und?, aber für mich ist das viel okay? 😂), deswegen hatte ich nicht allzu viel Zeit um zu schreiben.
Bye.
DU LIEST GERADE
Eragon - Aryas Gefangenschaft
Hayran KurguEine Elfe. Ein Schatten. Unzählige Qualen. Wenn dein größter Wunsch ist, zu sterben. [Die Gefangenschaft Aryas aus ihrer Sicht] 1K ✔ 3K ✔ 5K ✔ 7K ✔ (12.6.20) 10K ✔ (18.10.20) [WIRD ÜBERARBEITET]