Chapter Seven | ✔️

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K A Y A

Ich stellte meine Tasche zwischen meine Füße während ich sitzend die Bühne musterte. Sie ist riesig. An den seiten befinden sich dunkelblaue Vorhänge. Über mir sind viereckige Lichtplatten, die bis zu Tür am anderen Ende des Saales gehen.
Fünf Minuten nach Kursbeginn öffnet sich die Tür. „ Nathaniel, du bist zu spät." ich drehe mich ruckartig um. Nein, warum? Ich lasse mich in den Sessel sinken, damit ich nicht auffalle und er sich wie immer neben mich setzt.
„ Sorry, ich dachte die Vorstellungsrunde brauche ich nicht miterleben." er setzt sich auf einen der Sessel oberhalb des Saals, was mir zeigt, dass er mich nicht gesehen haben muss, aber früher oder später wird er mich sehen. Unser Professor stellt uns unser Stück vor. Romeo und Juliet. Was sollte es auch anderes sein? Was aktuelles? Was originelles? Anscheinend nicht.
„ Wollen wir doch direkt die Rollen einteilen."
„ Wer will freiwillig Juliet spielen?"
Ich blicke durch den Raum, niemand meldete sich, ich auch nicht, ich würde, aber mein Schicksal ist oft nicht gut mit mir und Aufmerksamkeit ist nicht grade etwas mit dem ich gut umgehen kann.
„ Na gut." der Mann mittleren Alters geht die erste Reihe entlang.
„ Du, du wärst perfekt dafür, sag mir deinen Namen."
„ Kaya." sagte ich leise.
„ Kaya, würdest du uns die Ehre erweisen und Juliet spielen?"
Ich nicke nur. Kein Mensch war so schlecht beim „Nein"-sagen, wie ich. So gerne meine panische Seite „Nein" herausgeschrien hätte, wie sie es in meinem Kopf tat.
„ Gut." er klatscht in die Hände.
„ Muss ich fragen ob jemand Romeo spielen will oder kann ich die Rolle direkt einteilen?" fragt er in die Runde, aber visiert eine Person an, denn sein Blick wechselt nicht.
„ Ich will." ertönt Nathans Stimme und mir wird klar, dass er auch so die Rolle hätte spielen müssen, dabei passt er nicht in diese Rolle. Kein Bisschen. Ich habe noch nie einen Romeo mit Piercings, Tattoos und.. und.. beängstigendem Gesichtsausdruck gesehen.
Mein Professor verteilt die restlichen Rollen, wo es auch tatsächlich Freiwillige gab.
Schön. Romeo und Juliet. Nathan und Kaya? Hölle und Himmel. Hört sich alles falsch an.
„ Wer von euch hat Romeo und Juliet noch NICHT gelesen?"
Es heben sich wenige Hände.
„ Dann würde ich euch bitten dies nachzuholen. Die nächsten Wochen machen wir erstmal ein paar Übungen. Dann fangen wir mit dem eigentlichen Stück an." mein Professor verteilt Skripte. „ Hier habt ihr schonmal die Skripte, vielleicht will der ein oder andere seinen Text schonmal üben, oder Nathaniel?" der Junge in einen der letzten Reihen lacht auf.
„ Natürlich, Mr. Evans." der Braunhaarige nimmt das Skript an und mein Professor kommt wieder nach vorne.
Er klatscht in die Hände. „ Dann könnt ihr gehen, ich hoffe ich hab nichts vergessen. Macht euch einen schönen Nachmittag."
Ich warte mit Absicht bevor ich aufstehe, denn ich wollte nicht mit Nathan laufen. Doch schnell stellte ich fest, dass er wartet. Ich atme schwer aus und laufe die Treppe hoch.
Nathan empfängt mich an der Tür mit einem breitem Grinsen. „ Hallo Ju-."
„ Halt die Klappe." unterbreche ich ihn.
Der Größere folgt mir aus dem Theatersaal. „ Wo ist deine gute Laune hin?"
„ Sie ist noch da." sage ich. Was auch stimmt, aber wie soll ich darüber begeistert sein.
Er holt auf. „ Hmm." er mustert mich mit einer hochgezogenen Augenbraue.
„ Wirklich." lächle ich.
„ Ich denke, wir haben den selben Weg."
„ Wenn du das sagst." sage ich desinteressiert, als ich das Skript anschaue. Warum mussten genau WIR Romeo und Juliet spielen, ich dachte ich stürze mich nicht direkt in eins dieser typischen Teeniedramas. Das konnte ich sowieso ziemlich gut umgehen. Ich hätte einfach den Kopf schütteln sollen, ich hätte einfach nein sagen sollen. Jetzt spiele ich mit Nathan die Hauptrolle in diesem Stück, wenigstens sterben wir am Ende.
„ Ey heute früh warst du netter." er schubst mich zur Seite.
Ich musste lachen. „ Sorry. Ich bin ein wenig abgelenkt. Also wir laufen zusammen... Habt du und Flynn was vor?" frage ich und dränge jeden Gedanken beiseite um nicht endgültig die Fassung zu verlieren.
„ Ja, wir wollten nochmal ins Gym."
Mein Blick richtet sich auf seine Arme. Er ist muskulös, aber auch nicht zu krass. Seine Adern stechen heraus. Ich liebe das... Mein inneres ich atmet tief ein und aus, ich finde ihn nicht attraktiv.
„ Komm doch mit." schlägt er vor.
Ich schüttle den Kopf. „ Ich bin nicht besonders sportlich." Das stimmt auch, das einzige was ich seit klein auf tue ist Tanzen und das weil ich Spaß daran hatte und anderer Sport macht mir keinen Spaß
„ Dann machen wir dich sportlich." er pikst in meine Seite.
„ Ich hab gar kein Geld für sowas."
„ Studenten trainieren da umsonst, weil es Teil des Campus ist."
Ich drücke die Glastür auf und werde von einer stehenden Hitze erschlagen. „ Es ist zu warm."
„ Da drin ist es kühl."
„ Ach in einem Raum voller schwitzenden Leute ist es also kühl?" ich hebe meine Augenbrauen.
„ Na gut." seufzt er ertappt.
„ Ich überleg es mir. Vielleicht nächste Woche, wenn ich mich etwas eingewöhnt habe."
Er nickt. „ Und was machst du jetzt?"
Ich zucke die Achseln. „ Was essen gehen oder so."
„ Alleine?"
„ Wahrscheinlich ja."
„ Wenn du warten kannst, können wir zusammen was essen gehen." Nathan verzieht das Gesicht als er merkt wie sich das angehört hat und stottert „ Mit Flynn natürlich, ich denke wir werden nach dem Training Hunger haben." hinterher.
Ich kichere vor mich hin. „ Mal schauen."
Dieser unsichere Nathan ist irgendwie ganz süß. - ich hasse meine Gedanken heute. Er muss aufhören nett zu mir zu sein, ich will ihn nicht mögen.
„ Außer du willst alleine essen dann-."
„ Nathan." ich greife seine Hand, mit der er anfing stark zu artikulieren, und ignoriere das Kribbeln in meinen Fingerspitzen. „ Es ist okey." kichere ich.
„ Okey." sagt er und entspannt sich.
Der Braunhaarige öffnet die Tür zum Wohnheim und lässt mich durch gehen. Vor meinem Zimmer, krame ich die Schlüssel aus meinem Rucksack und schließe auf.
„ Keiner da." sage ich und schaue den Größeren hinter mir an.
„ Wir hatten eine gute halbe Stunde früher Schluss. Vergessen?" er stupst mit einem Finger gegen meine Stirn und geht ins Zimmer.
„ Ich kenne Flynns Kursplan nicht, tut mir leid." gebe ich sarkastisch zurück und setze mich aufs Bett um meine Füße von meinen Turnschuhen zu befreien. Ich nehme mein Handy und antworte auf einige Nachrichten.
„ Sicher, dass du nicht mitkommen willst?" fragt der Junge im gegenüberliegenden Bett.
„ Sicher." sage ich und krame in meinem Rucksack nach meinem Block.
„ Und jetzt lernst du wieder?"
„ Ja." Dabei hatte ich gar nicht so viel zum Lernen.
Nathan steht auf und setzt sich zu mir. Ich blicke von meinem Block auf.
„ Du solltest eine Ablenkung haben, nicht dass du noch einen Burnout bekommst."
Eine Ablenkung? Im Sinne von 'mach Sport im Fitnessstudio' oder ' ich kann dir Sachen zeigen, die du noch nie gemacht hast'? Alleine bei dem Gedankengang muss ich kotzen.
„ Ach quatsch, das ist nicht viel, ich will es mir nur merken."
„ Hmm." er zuckt mit den Schultern und lehnt sich nach hinten. „ Wenn du meinst."
„ Aber danke für Ihre Fürsorge Herr Dr." ich streiche meine Haare hinters Ohr und schlage meinen Block auf.
Grinsend schüttelt der Braunhaarige den Kopf.
„ Sonst noch irgendwelche Beschwerden?" seine Hand legt sich auf meinen Unterschenkel und ich zucke zurück.
„ Nein, alles gut." sage ich schnell und setze mich in Schneidersitz.
Er zieht eine Augenbraue hoch. „ Du hast wirklich angst vor mir."
„ Nein." sage ich und meine es auch wirklich so. So mehr er normal mit mir redet, so angenehmer ist es in seiner Nähe zu sein. Egal wie beängstigend er wirkt. Ich werde lockerer.
Nathan rutscht näher an mich ran und streckt seine Hand nach meinem Gesicht. Anders als gestern zucke ich nicht zusammen, als sie meine Wange berührt.
„ Ich mag es nicht so wenn man meine Beine anfasst." das war mit Abstand die dümmste Ausrede die mir eingefallen ist. Aber ihm beichten, dass mich alleine bei so einer Berührung eine Gänsehaut sich ausbreitet und mein Hals wie ausgetrocknet wirkt, werde ich bestimmt nicht.
„ Warum?"
„ Weil ich nicht so gute Erfahrungen damit habe, wenn Jungs ihre Hände auf meine Beine legen." das ist nicht mal gelogen, dennoch ist diese Ausrede nicht die günstigste.
Der Braunhaarige fängt an zu lachen „ Was denkst du will ich mit dir machen?"
So vieles was ich nicht will, hallt die Stimme in meinem Kopf.
„ Nichts, ich mag es einfach nicht. Warum musst du direkt etwas machen wollen?" sage ich emotionslos und sein Lachen verstummt.
Er beugt sich zu mir vor. „ Naja, da ich nichts von dir will, brauchst du aber auch keine Angst haben."
„ Wie gesagt. Ich habe keine Angst vor dir." ich beuge mich provozierend vor um meine Aussage zu verstärken. Er schmunzelt, während seine Augen meine Lippen fokussieren.
Die Tür öffnet sich. „ Was ist denn hier los?" fragt Flynn und schließt die Tür wieder. Ich schmunzle und lehne mich zurück.
„ Nathan, wartet auf dich." sage ich und verschränke meine Arme um wieder ein wenig Abstand zwischen uns zu bringen.
Der Braunhaarige klopft leicht auf meinen Oberschenkel während er aufsteht, noch immer mit hochgezogenem Mundwinkel.
„ Eine Minute bro." sagt der Blonde. Er tauscht seinen Rucksack durch eine Trainingstasche.
„ Bis später, Kaya." Nathan blickt über seine Schulter.
„ Bis später." erwidere ich.

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